Corona macht immer noch Probleme

Zu viele Pflegekräfte fallen aus. Nun gibt es Kritik am Ende der Testpflicht.
Frankfurt -Die Stimme von Michael Graber-Dünow klingt heiser, mehr schlecht als recht schleppt sich der Geschäftsführer des Justina-von-Cronstetten-Stifts durch den Tag. Corona. So wie mehrere der Seniorenheimbewohner und knapp ein Viertel seiner Angestellten. Das Seniorenheim im Westend ist nicht das einzige in Frankfurt, das im Moment mit einem Corona-Ausbruch zu kämpfen hat. Das Gesundheitsamt spricht von „mehreren Alten- und Pflegeheimen“ mit demselben Problem.
„Es wird die ganze Zeit vom Schutz vulnerabler Personen gesprochen, aber geschützt werden sie nicht mehr“, sagt Graber-Dünow verärgert. Zumindest ist deren Schutz nicht mehr vorgeschrieben, seit die Bundesregierung kurzfristig zum 1. März die Testpflicht für Besucher und Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen und die Maskenpflicht für Mitarbeiter aufgehoben hat.
Im Justina-von-Cronstetten-Stift wird trotzdem noch getestet - ohne Rechtsgrundlage. „Wir können die Besucher bitten, aber wenn sich jemand weigert, können wir nichts machen“, sagt der Geschäftsführer. Zum einen testet er weiter, um neue Ansteckungen zu vermeiden. Aber auch, weil zwar Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spontan Corona-Regeln ändern kann, ein Arbeitgeber aber nicht spontan Arbeitsverträge kündigen. Um das Pflegepersonal zu entlasten, hat Graber-Dünow drei Tester eingestellt, deren Vertrag noch bis Ende März läuft - bis dahin hätten die Regeln ursprünglich gelten sollen.
Das führt dazu, dass Graber-Dünow nun Tester hat, die zumindest rechtlich keine Arbeitsgrundlage mehr haben, ihm dafür aber an anderen Stellen Personal fehlt. „Ich musste vergangene Woche aus lauter Not zum ersten Mal seit Langem Leiharbeiter einstellen. Die sind teuer und häufig nicht so gut.“ Dass auch die verbliebenen Mitarbeiter sich testen, ohne dass er die Testbeschaffung noch abrechnen kann, verursacht weitere Zusatzkosten. „Und Corona ist ja noch nicht vorbei. Es sterben in Deutschland immer noch mehr als 100 Menschen pro Tag daran.“
In Frankfurt waren es in der vergangenen Woche 13 Personen. Von den 1608 Menschen, die in der Stadt seit Beginn der Covid-Pandemie an dem Virus gestorben sind, waren knapp 60 Prozent über 80 Jahre alt, ein weiteres Drittel über 60. „Ich denke, man könnte die eine oder andere Infektion verhindern, wenn man Maske und Tests noch etwas beibehalten würde“, sagt Graber-Dünow. „Und anders als einen Lockdown finde ich sie auch nicht unzumutbar.“
Die Caritas, die in Frankfurt drei Seniorenheime betreibt, sieht die Sache völlig anders. Seit Abschaffung der Testpflicht und der Maskenpflicht für Beschäftigte habe es „keinen signifikanten Anstieg an Corona-Erkrankungen gegeben“, sagt Sprecherin Sarah Schroth. Dass die Mitarbeiter keine Masken mehr tragen müssen, habe im Gegenteil sogar zu einer Verbesserung der Situation geführt, insbesondere für Demenzkranke: „Die Mimik kann wieder in vollem Maße wahrgenommen werden, was für die gemeinsame Arbeit sehr wichtig ist.“
Unterschiedliche Regeln in Kliniken
Die Frankfurter Krankenhäuser gehen mit dem Wegfall der Vorgaben unterschiedlich um. Am Uniklinikum müssen nur noch Besucher eine Maske tragen, es habe seitdem keinen Anstieg der Fälle gegeben, heißt es. Im Varisano-Klinikum in Höchst müssen auch die Mitarbeiter weiterhin Maske tragen, Patienten dürfen nur einen Besucher pro Tag bekommen. Das Markus- und das Bethanien Krankenhaus, die zum Agaplesion-Konzern gehören, empfehlen ihren Mitarbeitern, in patientennahen Bereichen, Maske zu tragen, „in einigen Bereichen mit besonders vulnerablen Personengruppen geben wir dies verbindlich vor“.
Auch in den Krankenhäusern gibt es vereinzelt Covid-Ausbrüche, die aber „bei der weiterhin allgemein erhöhten Corona-Aktivität in der Bevölkerung im erwartbaren Bereich“ seien, heißt es vom Agaplesion-Konzern. Auch Varisano beobachtet noch „eine höhere Infektionsaktivität verschiedener Viren“, etwa Corona und Grippe.
Tatsächlich liegt die Zahl der Corona-Patienten auf den Frankfurter Intensivstationen nach einem Tief vor Fastnacht wieder relativ konstant zwischen 15 und 20. Das entspricht in etwa dem Mittelwert des vergangenen halben Jahres, das allerdings in Wellen verlief. Ob wir uns gerade auf einem Plateau befinden oder die Zahlen schon wieder sinken, werden die kommenden Tage zeigen. Die Inzidenz, die bei rund 50 liegt, hat seit dem Wegfall kostenloser Testungen ihre Aussagekraft völlig verloren.
Sarah Bernhard