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Wenig Verständnis für Corona-Lockdown in Frankfurt: „Das ist der Todesstoß für die Gastronomie“

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Von: Julia Lorenz, Thomas J. Schmidt

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Die ab Montag geltenden Corona-Regeln werden von vielen stark kritisiert. Besonders die Gastronomiebetriebe in Frankfurt sorgen sich um ihre Existenz.

Frankfurt – Strengere Kontaktbeschränkungen, kein Vereinssport, geschlossene Restaurants, Bars, Kneipen und Theater für vier Wochen: Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch (28.10.2020) gemeinsam mit den Ministerpräsidenten verkündet. Die Regeln gelten ab Montag. In Frankfurt ist das Entsetzen groß.

Corona in Frankfurt: Viel Geld in Restaurants und Bars gesteckt

„Das ist der Todesstoß für die Gastronomie“, sagt Madjid Djamegari, Vorsitzender der Initiative Gastronomie Frankfurt und Geschäftsführer des „Gibson Clubs“. Der Branche würde es schon jetzt schlecht gehen. Man würde merken, dass die Menschen wieder Angst wegen Corona haben, viele wieder im Home-Office sind. „Wir verzeichnen wieder ein Minus von 50 Prozent.“ Ihm ist anzuhören, wie sauer er über diese Entscheidung der Politiker ist. „Das macht keinen Sinn“, so Djamegari. Die Gastronomen hätten viel Geld in ihre Läden gesteckt, hätten in Luftfiltergeräte investiert und die Hygiene-Regeln umgesetzt.

Stühle und Tische sind in der Altstadt durch Stahlseile gesichert. Die Verschärfung der Corona-Maßnahmen treffen die Gastronomen besonders hart.
Stühle und Tische sind in der Altstadt durch Stahlseile gesichert. Die Verschärfung der Corona-Maßnahmen treffen die Gastronomen besonders hart. © Andreas Arnold/dpa

„Restaurants, Bars und Co. sind sichere Orte“, sagt der Gastronom. Den Politikern wirft er vor, viel zu spät zu reagieren. Eine Strategie sei nicht erkennbar, die Vorbereitung auf eine zweite Welle im Sommer sei verschlafen worden. „Dieses undemokratische Vorgehen werden wir uns auf gar keinen Fall gefallen lassen“, sagt Djamegari. „Wir werden dagegen nicht nur juristisch, sondern auch lautstark vorgehen.“

Theater in Frankfurt während Corona: Gute Erfahrungen mit Hygienekonzepten gemacht

„Das ist bitter“, sagt auch Michael Quast, Intendant der Frankfurter Volksbühne. Gerade erst hätte man wieder angefangen zu spielen, vor immerhin 100 Zuschauern. Doch jetzt soll das schon wieder vorbei sein. „Das ist unfair“, so Quast. „Theater sind sicherer als andere Orte, wo viele Menschen aufeinander treffen.“ Man habe gute Erfahrungen mit den getroffenen Hygienekonzepten gemacht. „Aber es nützt ja nichts zu jammern. Wir können es eh nicht ändern“, sagt Quast. „Wir schauen nach vorne, bereiten uns auf die Zeit danach vor, um ein Angebot zu machen, das die Menschen erfreut.“

Die Städtischen Bühnen rechnen damit, dass sie wieder schließen müssen. „Wenn es zu einem erneuten Lockdown kommt, hoffen wir, dass er auf den November beschränkt bleibt“, sagt Schauspiel-Sprecherin Sandra Strahonja. Wichtig sei, dass der Probenbetrieb weiterlaufen könne. Allein im November stehen drei Premieren im Schauspiel an.

Corona und Einzelhandel in Frankfurt: Lange Warteschlangen werden erwartet

Auch der Einzelhandel ist von den strengeren Maßnahmen betroffen: Pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich nur noch ein Kunde aufhalten. „Das wird kritisch“, sagt Joachim Stoll, Vorsitzender des Frankfurter Einzelhandelsverbands, der schon seit Montag beobachtet, dass immer weniger Menschen in die Stadt Frankfurt kommen. „Die Leute haben wieder Angst“, sagt Stoll. Er rechnet damit, dass sich vor den Lebensmittelgeschäften wieder lange Schlangen bilden werden.

Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main bezeichnet die Corona-Maßnahmen für die Betriebe und Arbeitnehmer als eine Kraftanstrengung. „Wir werden unsere Mitglieder in den kommenden Tagen und Wochen verstärkt unterstützen und deren Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern vertreten“, sagt Ehinger.

Frankfurt: Kritik an Zwangsschließung der Gastronomiebetriebe wegen Corona

Als „überzogen, weil ungeeignet und unverhältnismäßig“ kritisiert dagegen die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) die diskutierte Zwangsschließung von Gastronomiebetrieben und die Verschärfung der Beschränkungen in der Reisewirtschaft. „Im Bahn- und Luftverkehr sowie bei Restaurantbesuchen und Hotelübernachtungen gibt es keine gefährliche Anzahl an Neuinfektionen, weil vernünftige Schutzkonzepte praktiziert werden und gut wirken. Auch der Einzelhandel ist kein ‚Hotspot‘, da auch hier die Schutzregeln gut beachtet werden. Deshalb wäre dort eine neue 25-Quadratmeter-Regel nicht nachvollziehbar“, sagte VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert.

„Für die Branche ist das ein Schlag“, sagt Christopher Bausch, der Betreiber der Programm-Kinos „Cinema“ und „Harmonie“ in Frankfurt. Gerade jetzt gebe es im Bereich der Arthouse-Filme eine „große Vielfalt“ im Angebot. „Die Filme sind da“, so Bausch. Und auch die Menschen kämen und nutzten die geringe Zahl von Sitzplätzen, die die Kinos nur bieten könnten. Eine erneute Schließung der Kinos zerstöre auch noch diesen kleinen Erfolg.

Corona in Frankfurt: Sportkreis-Vorsitzender kritisiert Verbot des Vereinssport

Roland Frischkorn, der Vorsitzende des Sportkreises, sieht das Verbot des Vereinssports als fatal an: „Den Breitensport runterzufahren ist falsch. Was es für ältere Menschen bedeutet, keinen Sport machen zu können und wie schnell sich ihre Muskeln und ihre Widerstandskraft abbauen, ist der Weltgesundheitsorganisation (WHO) klar. Sie warnt davor, den Breitensport wegen Corona herunterzufahren. Wenn die Bundesregierung und die Landesregierungen das nicht einsehen, dann frage ich mich, warum sie die WHO noch finanzieren.“

Die Sieben-Tage-Inzidenz, die Auskunft darüber gibt, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner sich binnen einer Woche mit dem Coronavirus infiziert haben, lag am Mittwoch in Frankfurt bei 216,6, Infizierte insgesamt: 7067. (Julia Lorenz und Thomas J. Schmidt)

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