Coronavirus in Frankfurt: Zwischen Hamsterkäufen und Geisterstadt

Die Busse und Bahnen in Frankfurt sind so leer, dass der wegen des Coronavirus empfohlene Mindestabstand eingehalten werden kann. In Drogeriemärkten versucht man, mit Einlasssperren Raum zu lassen.
- Das Coronavirus sorgt auch in Frankfurt für einen Ausnahmezustand
- In Drogerie- und Supermärkten gelten besondere Regeln
- Die Kunden tendieren zu Hamsterkäufen, Schutzmasken gegen Corona sind auch keine Seltenheit mehr
Frankfurt - Die Innenstadt am Mittwoch ist wie ein Sonntag bei Regen. Leer. Verwundert laufen einige Leute zu den geschlossenen Türen der Kauf- und Modehäuser. Zettel und Schilder von "Auch wir müssen schließen" über "Aus Rücksicht gegenüber unseren Kunden und Mitarbeitern schließen wir" bis hin zu "Wir schließen bis auf Weiteres" und "Wir sind traurig" reichen die Hinweise, die spätestens jetzt klarmachen, dass die Situation ernst ist.
Drogeriemärkte sind offen. Desinfektionsmittel sind aus. Toilettenpapier und Küchenrolle sind aus. Babyfeuchttücher sind aus. Seife ist aus. Spülmittel wird weniger. Taschentücher ebenfalls. Auch Waschmittel sind knapp. An jedem Eingang stehen Männer, die nur eine begrenzte Anzahl an Kunden reinlassen. Die Mitarbeiter an den Kassen sehen müde aus. Immer wieder bitten sie darum, Abstand zu halten, während Regale gefüllt werden und gestresste Kunden hamstern.
Coronavirus in Frankfurt: Einlasssperren in Drogeriemärkten
In Supermärkten ist es ähnlich. Außer, dass es dort nicht nur die oben genannten Produkte nicht gibt, sondern bei vielen auch keine Nudeln, Dosensuppen, Tomatensauce, Mehl und Salz. Ob Discounter oder Supermarkt. Die Wagen werden vollgepackt.
Damit die Kunden Abstand halten, sind auf den Böden an den Kassen Bänder aufgeklebt. Einige in schwarz-gelb, andere aus Paketband. Viele halten sich daran, andere fauchen ihre Hintermänner an, Abstand zu halten. Mundschutz, Schals, Halstücher bedecken mehr Gesichter als vor wenigen Tagen. Auch Handschuhe sind keine Seltenheit mehr, was die leeren Regale erklärt. In den Feinkostabteilungen von Karstadt und Kaufhof, die jeweils nur vom B-Ebenen-Eingang erreichbar sind, haben die Pralinen- und Schokoladenabteilungen geschlossen. Osterhasen in rauen Mengen finden kein Zuhause mehr. Sie sind abgesperrt mit Flatterband.
Coronavirus in Frankfurt: Genervte Stimmung in Supermärkten
Wer auf Nudeln und Reis bei Go-Asia hofft, ist zu spät. Dort, wo sich vor wenigen Tagen noch riesige Säcke voller Sushi- und Jasmin-Reis gestapelt haben, liegen noch drei Pakete. Glasnudeln und Ramen sind bereits am späten Vormittag Mangelware. Die Kunden sind genervt. Das Sushi-Karussell ist ebenfalls geschlossen. Auf der Zeil spielt ein Musiker "My Way" auf der Klarinette. Niemand hält an. McDonald's hat offen. Die Bestellscreens sind abgeschaltet, Hocker an Tischen abgeklebt, die Wartekissen an den Stehbänken abmontiert. "Nur an der Kasse bestellen und nur zum Mitnehmen", sagen die Mitarbeiter schulterzuckend.
Coronavirus in Frankfurt: Manche versuchen aus der Krise Profit zu schlagen
Vor einem kleinen Laden hängen Klamotten. Die Tür ist offen. Bisher gab es hier billige Kleidung, Schuhe, Handtaschen und Handyhüllen. "Wir haben noch offen, weil wir jetzt auch Lebensmittel bekommen", sagt ein Verkäufer. Auch Toilettenpapier hat er für acht Euro die Packung. Und hauchdünnen Mundschutz für drei Euro pro Stück. Fußgänger schütteln ungläubig den Kopf. "Warum darf der noch offen haben?", fragen sie. "Man kann doch nicht einfach ein paar völlig überteuerte Sachen reinstellen und dann munter weiter Klamotten verkaufen. Das ist unfair", so eine Frau völlig entrüstet, als Mitarbeiter von der Stadtpolizei ungerührt am Laden vorbei gehen.
Coronavirus in Frankfurt: Ungewohnte Stimmung in der ganzen Stadt
Nicht weit entfernt drängen sich Männer und Frauen in türkischen Lebensmittelläden. Bis vor kurzem hatten sie den Ruf, noch all das zu haben, was in Kettensupermärkten knapp ist. Doch auch hier ist heute einiges anders. Die Nudelregale sind ziemlich leer, getrocknete Hülsenfrüchte sind knapp, Olivenölregale leeren sich, ebenso Couscous , Mehl, Salz und Hefe. "Hier ist die Hölle los. Es wird alles gehamstert", so ein Mitarbeiter von Bereket, während er Regale füllt. "Noch haben wir Vorräte aus den Bestellungen. Wenn es da mal stockt, wird es schwierig.
Coronavirus in Frankfurt: Eine Stadt im Ausnahmezustand
Jeder sucht und jeder will etwas." Gestern kam eine Lieferung Toilettenpapier und türkisches Desinfektionsmittel. Das bunte Mittel in Flaschen kostet acht, das Toilettenpapier 3,99 Euro. "Das ist wie Krieg", meint ein Mann, der sich drei Pakete Toilettenpapier sichert. "Letzte Woche hat es noch 1,50 Euro gekostet."
Die Stimmung in der Stadt ist ungewohnt. Ein bisschen gespenstisch, ein bisschen aggressiv, ein bisschen resigniert. Sorgen stehen Händlern und Fußgängern wie auf der Stirn geschrieben. Eine einzige Apotheke bietet 72-Stunden-Masken an, die vor Corona schützen sollen. Für 32 Euro das Stück. "Nie im Leben", schimpft eine ältere Dame. "Dann sperre ich mich lieber ein, als mitzumachen, wenn die Not der Leute so abgezockt wird", sagt sie und wickelt ihr Halstuch eng über Mund und Nase.