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Das Ende einer großen Liebe zur SPD

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Von: Dennis Pfeiffer-Goldmann

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Ex-Oberbürgermeister Peter Feldmann tritt mitten im Wahlkampf aus seiner Partei aus.

Frankfurt – Einen Monat vor der Wahl seines Nachfolgers kündigt der abgewählte Oberbürgermeister Peter Feldmann (64) seinen Austritt aus der SPD an. Freitagmittag machte er das mit einer an die Presse versandten Erklärung bekannt. Feldmann beklagt die „Kampagne gegen meine Person“ und macht „Teilen der Parteispitze“ den Vorwurf, dass sich die SPD an seiner Abwahl beteiligt habe.

„Nach fast 50 Jahren in der SPD trete ich aus der Partei aus“, erklärt der Ex-OB. „Teile der Parteispitze [seien] der CDU auf den Leim gegangen“, schreibt er. „Das sich meine Partei einmal an einer Abwahlkampagne gegen meine Person an vorderster Front betätigt, konnte ich mir selbst in meinen schwärzesten Phantasien nicht ausdenken“, formuliert Feldmann. „Auch nicht, dass sie die entscheidenden Stimmen dazu im Parlament beiträgt.“

Die SPD hatte den OB im Juli mit den Koalitionspartnern von Grünen, FDP und Volt sowie den Oppositionsstimmen der CDU abgewählt. Anlass waren seine Verwicklungen in die Awo-Affäre und der bevorstehende Korruptionsprozess gegen ihn. Im Dezember verurteilte ihn dann das Landgericht wegen Vorteilsnahme. Kurz darauf kündigte Feldmann an, Revision einlegen zu wollen.

Mike Josef und Peter Feldmann beim SPD-Parteitag 2018.
Mike Josef und Peter Feldmann beim SPD-Parteitag 2018. © Rainer Rüffer

Grüne: Kalkuliert, um Mike Josef zu schaden

Nachdem der OB die Abwahl-Entscheidung der Stadtverordneten nicht annahm, votierten beim Wahlgang der Bürger am 6. November dann 95,1 Prozent für ein vorzeitiges Ende seiner Amtszeit. Dabei wählten annähernd doppelt so viele Menschen Feldmann ab, wie ihn 2018 für seine Amtszeit gewählt hatten. Regulär wäre er noch bis Juni 2024 Stadtoberhaupt geblieben. Er war seit 2012 im Amt. Grüne, SPD, FDP, Volt und CDU hatten ihre Abwahl-Kampagne mit dem Slogan „Neustart für Frankfurt“ ausdrücklich nicht persönlich gegen Feldmann gerichtet.

Es sei „ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Frankfurter SPD“, dass „Großanzeigen und Plakate gegen mich faktisch mit meiner eigenen Mandatsabgabe und mit Mitgliedsbeiträgen von mir“ finanziert worden seien, schreibt Feldmann. Er wolle daher „ab sofort keinen Beitrag mehr leisten“. Am meisten hätten ihn die gemeinsamen Aktionen der Jusos mit der Jungen Union verletzt. Der Parteiaustritt „fällt mir äußerst schwer“, erklärt der Ex-OB, er habe „viele tausende von ehrenamtlichen Stunden mit Herzblut für meine Partei gekämpft“. Er führt den Mietpreisstopp, gebührenfreie Kindergärten und kostenlosen Eintritt von Kindern und Jugendlichen in Bäder, Museen und Zoo als Erfolge an.

Obschon manche mit dem Schritt gerechnet hatten, wirkt die Parteizentrale im Fischerfeld am Freitag überrascht. „Uns liegt kein Schreiben vor“, erklärt SPD-Parteivize Kolja Müller. „Deshalb gebe ich keinen Kommentar ab.“ Ursula Busch, Chefin der SPD-Fraktion, sagt, sie verspüre „keinen Drang das zu kommentieren“, es sei Sache der Partei.

„Die SPD hat Frankfurt zehn Jahre lang Peter Feldmann als OB zugemutet“, erklärt CDU-Partei- und -Fraktionschef Nils Kößler. „Sein jetziger Austritt aus der Partei ändert an der Vergangenheit nichts.“ Dieser Schritt sei „menschlich durchaus nachvollziehbar“, räumt Dimitrios Bakakis ein, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Römer. Aber es liege „im Bereich des Möglichen“, dass der Zeitpunkt kalkuliert sei, um „Mike Josef und seiner Partei zu schaden“.

FDP: Partei hat den OB zu lange gedeckt

Josef, der die SPD von 2013 bis November 2022 führte, tritt bei der OB-Wahl in Frankfurt am 5. März an. Er hatte sich in der Diskussion um Feldmann und die Awo lange zurückgehalten, war während der Abwahl aber bei Auftritten dabei und verteidigte das Vorgehen der SPD. Feldmann habe sich „schon vorher an Josef abgearbeitet“, erinnert Bakakis. Indem der Ex-OB nun nachtrete und versuche, Josef zu schaden, zeige er „keine Größe“.

Die SPD habe sich die Situation selbst eingebrockt, findet FDP-Fraktionschef Yanki Pürsün, der auch als OB-Kandidat antritt. Die Partei sei während der drei Jahre langen Diskussion über den Awo-Skandal „sehr wortkarg“ gewesen, auch gegenüber Feldmann. „Wenn sie ihm deutlicher gemacht hätte, dass er falsch liegt, hätte sie diese Situation jetzt vermeiden können“, sagt Pürsün. Auch an der Abwahl-Kampagne habe sich die SPD ja nahezu nicht beteiligt.

In seinem Schreiben erklärt Peter Feldmann, er wünsche sich, mit seinen Unterstützern die „Zusammenarbeit auf anderen Ebenen fortsetzen“ zu können. Ob das vielleicht bei der Partei „Die Linke“ geschieht, die ihn als einzige während der Abwahl ausdrücklich unterstützte? „Wir haben keine Anfrage von ihm“, sagt Parteichefin Martina van Holst. Es sei kaum vorstellbar, dass „so ein SPD-Urgestein“ zur Linke wechselt. „Ich glaube nicht, dass es so weit kommt.“ Dennis Pfeiffer-Goldmann

Kommentar: Rachsucht eines Verschmähten (Stefanie Liedtke)

Wenn eine Beziehung zu Ende geht, wird aus Liebe bisweilen Hass. Dann sinnt manch Verschmähter darauf, den Ex-Partner ebenfalls leiden zu sehen. So scheint es auch bei Peter Feldmann und der SPD zu sein. Der Partei, die sich längst von ihm losgesagt hat, versucht der Ex-OB nach der Trennung maximalen Schaden zuzufügen. Anders ist es nicht zu erklären, dass Feldmann ausgerechnet jetzt, vier Wochen vor der Wahl seines Nachfolgers, seine Absicht öffentlich macht, aus der Partei austreten zu wollen.

Warum hat er diesen Schlussstrich nicht schon früher gezogen? Etwa, nachdem die SPD-Fraktion im Stadtparlament für seine Abwahl stimmte oder nach seiner tatsächlichen Abwahl durch die Bürger? Peter Feldmann selbst sagt, er habe das alles erstmal verdauen müssen. Nachvollziehbar. In diesem Fall aber hätte er mit dem Verkünden seiner Austrittsabsichten bis nach der Stichwahl warten müssen. Dass er dies nicht getan hat, lässt nur einen Schluss zu: Er will, dass die SPD und deren Kandidat Mike Josef bei der anstehenden Wahl eine herbe Niederlage kassieren. Es ist ein klares Signal an jene, die ihm noch gewogen sein mögen, eben nicht für die SPD, nicht für Mike Josef zu stimmen. Ein verzweifelter Versuch, doch noch irgendwie politisch Einfluss zu nehmen, Macht zu demonstrieren, wo keine mehr ist. Wenn überhaupt, dann hat Peter Feldmann mit seiner gestrigen Pressemitteilung der SPD einen Gefallen getan. Sie ist ihn ein für alle mal los. Und niemand weint ihm eine Träne nach.

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