„Das Stadion wird zum gewaltigen Hexenkessel“

Marshmello und David Guetta sind in Frankfurt mit dabei
Frankfurt -Bernd Breiter ist es gelungen, Marshmello für seine einzige Festival Show in Europa diesen Sommer nach Frankfurt zu holen. Und auch der Superstar unter den DJs, David Guetta, wird bei der World Club Dome Atlantis Edition, die vom 9. bis 11. Juni im Waldstadion steigt, dabei sein. Wie kommt’s, dass die Großen der Szene immer wieder zusagen, wenn Breiter ruft? Diese und etliche weitere Fragen beantwortet der Macher des BigCityBeats World Club Domes, der in diesem Jahr in seine zehnte Runde geht. Ein Ende ist nicht abzusehen. Oder vielleicht doch?
Sie lassen einen untergegangenen Kontinent wieder auferstehen...
Das ist symbolisch gemeint. Ich finde solche Themen sehr interessant. Wir wollen Menschen, Genres, Generationen und Gesellschaften vereinen - unter dem World Club Dome, also unter einem Dach. Es geht darum, ein tolles Erlebnis zu haben, sich selbst zu spüren, Akkus aufzuladen, um am Montag wieder in die Konventionen der Gesellschaft einzutreten.
Okay, aber was hat das mit Atlantis zu tun?
Wir können, getragen von der Musik und der Unterhaltung, verschiedene Themenbereiche beleuchten. Ich denke da etwa an die Space Edition. Da war’s das erste Mal, dass wir Wissenschaft mit Entertainment verbunden haben - aber auf eine leichte Art und Weise. Diese Kombination ist magisch. Da ist der Spaß, aber gleichzeitig verstehen die Zuschauer, warum das Wissenschaftliche notwendig ist. Jetzt können wir die Verbindung herstellen zu den Meeren, zu dem was wegen der globalen Erwärmung geschehen kann.
Aber alles ohne erhobenen Zeigefinger.
Genau. Das wollen wir nicht. Ich will versuchen, die Leute zu erreichen. Sie auf ein Niveau zu bringen. Nicht herablassend, nicht zu technisch und nicht zu hochgestochen. Sondern zum Anfassen. So schaffen wir einen ersten Zugang. Ich halte nichts von radikalen Maßnahmen. Wir Menschen können nur etwas entwickeln, wenn wir zusammenfinden, ohne dass jemand beschuldigt oder genötigt wird.
Deshalb also Atlantis Edition.
Ja. Wir waren im Weltraum. Jetzt geht’s um Weltmeere und versunkene Städte. Können wir aus versunkenen Städten etwas lernen, damit wir nicht selbst zu einer versunkenen Stadt werden?
Abtauchen mit der Musik.
Ja. Unterwasserfilme haben mich immer gereizt. Aber gleichzeitig können wir Aufmerksamkeit schaffen und einen subtilen Denkanstoß geben. Aber wir wollen nicht die Oberlehrer spielen. So dass die Leute, die es möchten, die Nachricht aufnehmen können und die, die den World Club Dome erleben wollen, den erleben können.
Auf was freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich darüber, dass es uns überhaupt gelungen ist, die zehn Jahre zu schaffen. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Anruf bei Eintracht-Präsident Peter Fischer erinnern - und schauen Sie, was sich daraus entwickelt hat. Aus einem Event mit 25 000 Leuten im Stadion wurde eins mit 25 Bühnen. Alle Fußballfelder und das Stadionbad werden bespielt. Das macht mich richtig glücklich. Außerdem freue ich mich auf die Künstler.
War es etwas Außergewöhnliches, so angesagte Leute zu engagieren? Der World Club Dome ist doch auch mehr als angesagt.
Sie müssen sich vorstellen, dass die wirklichen Weltstars am Tag 20 bis 30 Anfragen erhalten und sich aussuchen können, wo sie auftreten möchten. Und ich muss sagen, dass es für mich immer wieder erstaunlich ist, wenn ich auf unser Line-up gucke. Das ist die Weltelite, die ich da sehe. Alle Festivals auf der Welt wollen diese Superstars. Deshalb ist das für mich eine Honorierung vonseiten der Künstler, dass sie immer wieder zum World Club Dome kommen.
Das spricht ja alles für Sie als Person und für Ihre Veranstaltung.
Es gibt Oligarchen, die Vermögen bieten, damit diese großen DJs für ihre Töchter auflegen. Aber das tun sie nicht. Natürlich muss die finanzielle Basis stimmen. Aber letztlich treffen sie ihre Entscheidungen nach anderen Kriterien.
Die da wären?
Wie werde ich begleitet? Fühle ich mich wohl und gut betreut? Habe ich Spaß? Wie ist die Energie bei diesem Event? Nicht umsonst schreiben uns etwa Größen wie Steve Aoki: ,Ihr seid die Geilsten in Deutschland.‘ Weil die Vibrations stimmen und weil das Stadion, gerade wenn das Dach geschlossen ist, zu einem gewaltigen Hexenkessel wird.
Das heißt, sie haben die Handynummern aller wichtigen DJs und fragen einfach mal nach, ob sie Zeit und Lust haben?
Es gibt den offiziellen Weg, den wir auch immer einhalten - also über die Agenten und Manager. Aber natürlich bin ich mit den Superstars in Kontakt, zumal wir auch freundschaftlich verbunden sind. So kannst du davor schon checken, ob es sich lohnt, eine formelle Anfrage zu stellen.
Das war also bei David Guetta auch so?
Da habe ich mit seinem Tourmanager und seinem Geschäftspartner gesprochen. Aber da war’s so, dass wir vergangenes Jahr schon angefragt hatten, ob er beim Zehnjährigen dabei sein will.
Und? Wollte er?
Ja. David hat seit fast 15 Jahren bei BigCityBeats seine exklusive Radioshow in Deutschland und es verbindet uns eine wahnsinnige Beziehung. 2010 habe ich angefangen, Events für ihn zu machen. Immer wenn er ,Titanium‘ spielt, habe ich diese Bilder im Kopf, wie er sich während seines Auftritts auf dem Wiedlegelände in Neu-Ulm umdreht, mir den nach oben gestreckten Daumen zeigt und ich stolz bin wie Harry.
Gibt es denn einen Künstler, der von Anfang an dabei war?
Ja, klar. Steve Aoki. Er ist der einzige. Und er hat mir auch schon geschrieben, wie sehr er sich darauf freut. Wenn bei den großen Abendshows die Leute ausgelassen sind und sie skandieren „World Club Dome“ - das sind Momente, in denen ich Gänsehaut kriege. Dann lass’ uns doch diese Bewegung fortsetzen.
Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist...
Wir sind das einzige Familienunternehmen weltweit, das ein so großes Festival stemmt. Wir haben uns alles selbst erarbeitet. Ohne Fremdkapital. Das treibt uns an. Die Frage ist, ob wir stehenbleiben wollen bei einem Festival.
Wollen Sie?
Nein. Allein wegen der Vision, dass Entertainment Türen und Tore öffnen kann. Du kriegst das hin, wenn du alle Sinne des Menschen ansprichst. Das kann Entertainment. Deshalb möchte ich jetzt nicht haltmachen, sondern Kulinarik und Entertainment nutzen, um den Schlüssel zur neuen Generation zu finden, um zu diskutieren, wie wir die wichtigen Themen der Menschheit hinkriegen.
Also ist Ihre Vision größer als der World Club Dome.
Ja, definitiv. Wir hoffen, dass wir den World Club Dome in Frankfurt halten können. Da gibt es zurzeit einige Schwierigkeiten.
Welche?
Wir finden gerade Mittel und Wege, weiterzumachen. Aber eins ist klar, wir brauchen die Unterstützung der Stadt.
Wobei?
Thema: Hotelpreise. Die schnellen in astronomische Höhen. Einige Häuser sehen in uns den IAA-Ersatz. Und das ist scheiße. Das sind wir nicht. Wir locken junge Leute in die Stadt und die haben naturgemäß nicht so viel Geld. Wir versuchen krampfhaft, unsere Preise anzupassen. Und die Hotels erhöhen die Preise. Das ist nicht zu fassen. Die Anerkennung des World Club Domes bei den Meinungsbildnern, die war ernüchternd.
Und das, obwohl Sie vom DJ Mag UK als bestes Festival in Deutschland gekürt wurden und weltweit den elften Platz belegen.
Viele haben gar nicht auf dem Schirm, was wir hier machen. Denken, das habe nichts mit Kultur zu tun. Aber wir sind auf einem guten Weg. Fakt ist jedoch, dass wir mehr Campingfläche brauchen. Denn wir dürfen nicht die Basis vergessen.
Würden Sie denn weggehen aus Frankfurt?
Ich habe genügend Angebote, das Festival woanders steigen zu lassen. Ich würde es sehr schade finden. Es würde mir in der Seele wehtun. Wenn wir zusammenhalten, kriegen wir das hin. Wenn nicht, dann wird’s schwer. Enrico Sauda