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Den Bock zum Apotheker gemacht

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Von: Alexandra Flieth

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Betreibt die unter Denkmalschutz stehende Apotheke schon in dritter Generation: Annette Heinz. FOTO: rainer rüffer
Betreibt die unter Denkmalschutz stehende Apotheke schon in dritter Generation: Annette Heinz. © rüffer

Frankfurter Familienunternehmen wird 200 Jahre alt

Im Jahr 1822 war Frankfurt eine von vier Stadtstaaten innerhalb des Deutschen Bundes, die Frankfurter Sparkasse wurde gegründet und der Düsseldorfer Maler Heinrich-Christoph Kolbe (1771 - 1836) fing das Konterfei des großen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832) malerisch in einem ersten Porträt in Öl auf Leinwand ein. 1822 ist auch das Jahr, in dem Apotheker Friedrich Georg Wörner die Bock-Apotheke auf der Leipziger Straße 71 eröffnete. Am 13. November, damals noch unter dem Namen Löwen-Apotheke.

Eine Festschrift als Geschenk

Nun liegt dies bereits 200 Jahre zurück und Annette Heinz, die das Geschäft seit 1999 in dritter Generation leitet, freut sich über das runde Jubiläum, das durch eine Urkunde aus dem Jahr 1822 belegt werden kann. „Ursprünglich hatten wir darüber nachgedacht, es groß zu feiern, wegen der Corona-Pandemie war es aber nicht wirklich planbar“, sagt sie. Statt einer Feier hat die Apothekerin eine umfangreiche Festschrift herausgebracht, die die Geschichte der Bock-Apotheke mit all ihren Inhabern genauestens dokumentiert. Stammkunden bekommen anlässlich des Jubiläums zudem ein kleines Präsent überreicht.

Das Haus, in dem sich die Apotheke befindet, scheint aus der Zeit gefallen zu sein und ist ein architektonisches Kleinod des ausgehenden 18. Jahrhunderts, des sogenannten Klassizismus. Zwischen den neueren Bauten stehend, wirkt es fast museal. Es habe die schweren Bombenangriffe im März 1944 unbeschadet überstanden, erzählt Heinz. Und es stehe seit 1985, genauso wie die Apotheke selbst mit ihren noch ursprünglichen Verkaufsregalen, dem Offizin, unter Denkmalschutz.

Als die Apotheke 1822 eröffnet wurde, trug die Leipziger Straße noch den Namen „Frankfurter Straße“, die Umbenennung erfolgte erst mit der Eingemeindung der einst selbständigen kurhessischen Stadt Bockenheim zur Mainmetropole im Jahr 1895. „Die Apotheke ist seit 1968 im Familienbesitz“, sagt Heinz. Erworben wurde sie damals von den Großeltern Josef Zweifel und seiner Frau Margarethe. Der Großvater habe zu dieser Zeit bereits eine Apotheke an der Konstablerwache betrieben - die Löwen-Apotheke, erzählt sie weiter. Da diese aber nur gepachtet gewesen sei, habe er nach etwas Eigenem gesucht, für den Fall, dass der Pachtvertrag auslief.

Enger Kontakt zur Universität

Der Vertrag lief weiter, so dass Josef Zweifel die Apotheke in Bockenheim zeitnah an seine Tochter Edith und seinen Schwiegersohn Volkmar Heinz, die Eltern von Annette Heinz, übergeben konnte. Auch sie waren beide Pharmazeuten. 1979 stirbt Edith Heinz mit gerade einmal 40 Jahren, Volkmar Heinz führt die Apotheke weiter und ist sehr an der Ausbildung von Pharmaziestudenten interessiert. Die Apotheke wird zur Aus- und Weiterbildungsstätte der Goethe-Universität. Bis heute werden dort Pharmaziepraktikanten nach Abschluss des universitären Teils des Studiums ausgebildet.

Ganz in der Tradition von Apotheken stehend, gehört die eigene Herstellung von Salben, Cremes, Lösungen oder Kapseln im Labor zum Geschäftsbetrieb dazu. „Wir waren die erste Apotheke in Deutschland, die synthetischen Cannabis-Medikamente hergestellt hat“, sagt Annette Heinz. Inzwischen umfasse die Versorgung schwerkranker Patienten im Labor der Apotheke die Herstellung, Abfüllung und Prüfung zahlreicher natürlicher und synthetischer Cannabis-Medikamente.

Damit Beratung, Verkauf, Herstellung und der kaufmännische Teil reibungslos laufen, arbeiten derzeit dort 18 Beschäftigte: Sieben Apotheker, sechs Pharmazeutische Technische Angestellte, einer Pharmazeutisch Kaufmännische Angestellten, einer Biopharmazeutischen Technologin sowie drei Boten. „Es arbeiten aber nicht alle in Vollzeit“, sagt Heinz.

Dass Annette Heinz ihrer Tätigkeit mit großer Leidenschaft nachgeht, ist ihr anzumerken. „Ich liebe meinen Beruf und ich habe es keinen Moment bereut, Pharmazeutin geworden zu sein“, betont sie. Dies macht sie besonders an den vielfältigen Aufgaben fest, denen sie täglich nachgeht. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, die es in ihren Anfängen noch nicht gegeben habe. Online-Apotheken stellten heute generell eine große Konkurrenz dar, sagt sie. Dies zeige sich auch daran, dass immer mehr örtliche Apotheken schließen würden. „Heute lebe ich hauptsächlich von meiner Medikamentenherstellung“, so Annette Heinz. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass die Apotheke auch weiterhin fortgeführt werden kann.

Alexandra Flieth

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