Mike Josef: Der neue Frankfurter OB setzt aufs Miteinander

Wahlsieger Mike Josef (SPD) wirbt in Frankfurt für engere Zusammenarbeit im Magistrat und darüber hinaus.
Frankfurt - Schnellen Schrittes, ohne den Blickkontakt zu anderen zu suchen, huscht Mike Josef in das frühere, nun entkernte Ladenlokal in der Altstadt. Die Stadt hat es temporär als „Agentur des städtischen Wandels“ hergerichtet. Seine erste Pressekonferenz als neu gewählter Oberbürgermeister hält der SPD-Politiker dort. Sein Vorgänger Peter Feldmann, von den Frankfurtern im November abgewählt, hatte bei solchen Anlässen zunächst jovial jedem die Hand geschüttelt. Mike Josef kommt herein, setzt sich hin, los geht’s.
So will der 40-Jährige auch herangehen, wenn er vom 12. Mai an Stadtoberhaupt ist. Tags zuvor wird er formell vor den Stadtverordneten ins Amt eingeführt. Es wird der letzte Akt der vorzeitigen OB-Neuwahl, die in den Patzern und Korruptionsvorwürfen gegen Feldmann ihren Anfang und mit Josefs 51,7-Prozent-Wahlsieg am Sonntag ihr vorläufiges Ende fand.
Frankfurter Wirtschaft kann sich freuen
Das Wort „Wandel“ spricht Josef am Mittag nach der Wahl allein in den ersten drei Minuten mehr als ein Dutzend Mal aus. Auf den kann sich etwa die Wirtschaft einstellen, sie wird den neuen OB wohl öfter zu sehen bekommen als den alten. Er wolle „Strukturen etablieren für eine intensive Zusammenarbeit“ , kündigt er an. „Die Wirtschaftskraft ist das Rückgrat der Stadt.“ Klar, ist doch die Gewerbesteuer mit großem Abstand die wichtigste Einnahmequelle. Ohne die „brauchen wir nicht über Schulbau oder Kitas reden“, weiß der Neue.
Sätze wie „Wir müssen ins Handeln kommen“ und Schlagworte wie Vertrauen, Verlässlichkeit spricht Josef bei seiner ersten OB-Pressekonferenz in schneller Folge aus. Überbleibsel aus dem Rede-Repertoire des Wahlkampfs? Immer wieder wird der neue Rathauschef aber auch konkreter. Einen Energiehilfefonds für Menschen, die sich die hohen Energiepreise nicht leisten könnten, sowie für Sport- und Kulturvereine wolle er als OB sogleich auf den Weg bringen, kündigt er an. „Wir müssen die sozial-ökologische Wende so gestalten, dass die Wirtschaftskraft erhalten bleibt und sich die Menschen die Stadt weiter leisten können.“
Neues Miteinander im Frankfurter Magistrat
Ein neues „Miteinander im Magistrat“ will Josef. Die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt könne nun „Entscheidungen fällen“. Ob er nach dem Protest von Bürgern jetzt die Durchfahrt im Oeder Weg im Nordend wieder öffne? Nein, sagt Josef. „Ich stehe zu diesem Verkehrsversuch“, er sei Teil der „koordinierten Verkehrswende“, die sei im Koalitionsvertrag vereinbart. „In einer ruhigen Minute“ wolle er sich mit Bahnbabo Peter Wirth zusammensetzen. Der hatte in der ersten Runde 5,1 Prozent erzielt. Wirth habe „Menschen animiert, wählen zu gehen“, lobt Josef. Davon könne die Politik lernen. „Damit das keine Eintagsfliege war.“
Auf die CDU als größte Partei in der Opposition möchte Mike Josef „zugehen“ und diese in wichtige Entscheidungen etwa zur Zukunft der städtischen Bühnen einbinden. „Im Sinn der langfristigen Kontinuität“ der Stadtpolitik sei das, sagt er. 2026 wird ja wieder kommunal gewählt.
Langfristige Kontinuität in der Frankfurter Stadtpolitik
Bei den Feiern zum 175. Jahrestag der Paulskirche im Mai wolle er dafür sorgen, „dass Frankfurt ein gutes Bild“ abgibt. Das hatte unter Vorgänger Feldmann gelitten, nicht nur wegen der Korruption, auch wegen dessen zuletzt oft peinlicher Auftritte. „Das alte Kapitel wurde am 6. November abgeschlossen“, sagt Mike Josef. „Jetzt ist ein neues aufgeschlagen.“ Das Zerschlagen der Strukturen rund ums OB-Büro wolle er vorbereiten. Das Stadtmarketing werde er nach Amtsantritt an Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) übertragen und die internationalen Angelegenheiten an Europadezernentin Eileen O’Sullivan (Volt).
Mike Josefs augenfälligste Reaktion nach der Wahl aber ist Demut. Dass er den Sieg den ehrenamtlichen Wahlkämpfern aus der SPD und vielen überparteilichen Unterstützern zu verdanken habe, betont er. „Ich möchte Oberbürgermeister aller Frankfurter sein.“ Um ihn herum hatten am Wahlabend viele junge Leute, auch von Grünen und Volt, gefeiert, und viele mit migrantischen Wurzeln. Josef gilt in dieser Community als Hoffnungsträger, auch wenn er seine Herkunft - er floh als Kind mit seinen wegen ihres christlichen Glaubens verfolgten Eltern aus Syrien - bisher nie in den Vordergrund stellte.
Seine Wahl mache Menschen Mut, „dass man es in dieser Stadt und in diesem Land schaffen kann“, sagt der OB. Für viele Menschen aber sei Anderes wichtiger, räumt er ein: „Wer einen Kita-Platz oder eine bezahlbare Wohnung sucht, dem ist es doch egal, welchen Hintergrund ich habe.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)
Mit 51,7 Prozent gewinnt Mike Josef (SPD) die Stichwahl um das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters. Zehn Gründe für seinen Sieg.