So will Frankfurt die Folgen der Corona-Pandemie bekämpfen

23 Ämter haben Ideen entwickelt, wie den Frankfurtern nach Corona geholfen werden kann. Das ist geplant.
Frankfurt – Der vor Kurzem veröffentlichte Corona-Aktionsplan soll die negativen Folgen der Pandemie abschwächen. Rund vier Millionen Euro an Restmitteln aus dem Haushaltsjahr 2021 des Jugend- und Sozialamts werden in Maßnahmen investiert, die die sozialen und bildungspolitischen Corona-Folgen abmildern, Benachteiligung reduzieren und bedarfsgerecht unterstützen sollen. „Der Aktionsplan bietet die Chance, nicht nur Defizite auszugleichen, sondern mit einer größeren Vielfalt an Angeboten, Beteiligungs- und Begegnungsmöglichkeiten aus der Pandemie zu gehen und für künftige Krisen gerüstet zu sein“, heißt es im Ausblick des rund 85 Seiten starken Plans.
Die 23 beteiligten Ämter unter Federführung des Jugend- und Sozialamts wollten dabei „neue Wege“ beschreiten, um „multiperspektivische Lösungen“ zu finden. Natürlich hätten verschiedene Ämter auch in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet, heißt es im Plan, „aber bisher nicht an einem ähnlich komplexen Thema, das nicht nur alle Mitarbeitenden und Bürger:innen der Stadt Frankfurt sondern sogar die ganze Welt betraf“. Anders als normalerweise sollte über das Endergebnis auch nicht das federführende Amt entscheiden, sondern alle gleichberechtigt mitarbeiten.
Corona-Aktionsplan in Frankfurt: Bevölkerungsgruppen identifiziert
Gemeinsam kamen die Ämter auf sechs Themenfelder, die in den Blick genommen werden müssen, weil sich Krisen besonders negativ auf sie auswirken: Bildung, Teilhabe, Bewegung/Gesundheit, Kultur/gemeinsame Erlebnisse, Demokratisches Zusammenleben sowie Gestaltung und Nutzung öffentlicher Räume. Jedes Amt begann zunächst für sich, Ideen und Projekte zu sammeln. Weil der Plan aber nicht nur eine Aneinanderreihung von einzelnen Angeboten, Maßnahmen und Bedarfen werden sollte, traf sich immer wieder auch eine Begleitgruppe, die diskutierte, wie verschiedene Maßnahmen ineinandergreifen könnten, um ihre Wirkung zu erhöhen.
Analog zu den Themenfeldern wurden auch Bevölkerungsgruppen identifiziert, die während der Pandemie besonders gelitten hatten. Kinder und Jugendliche, die für ihre Sicherheit Struktur und soziale Kontakte brauchen, und ihre Eltern, die Probleme mit der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen hatten. Ältere, die häufiger einsam und, da das Risiko schwerer Infektionen mit dem Alter steigt, häufiger mit dem Tod von Freunden, Lebenspartnern oder Angehörigen konfrontiert waren.
Auch andere Krisen sollen in Frankfurt besser bekämpft werden
Personen mit Fokus auf Inklusion und Vielfalt, zu denen Menschen mit Behinderungen, aber auch solche mit Armutsrisiko sowie Wohnungslose gehören, außerdem Vereine und Initiativen, die es wegen der Beschränkungen schwer hatten, ihre Mitglieder zu motivieren und jene, die vom Engagement profitiert haben, etwa Geflüchtete. Fachkräfte, die häufig unter Druck standen und weniger in Entscheidungen einbezogen wurden, so dass die früher gängigen Entscheidungsfindungsprozesse erst wieder reaktiviert werden müssen. Und Kulturschaffende, die die Pandemie teils in eine Existenzkrise stürzte.
Die Bedarfe und Ideen, die Amtsmitarbeiter und externe Partner zusammengetragen hatten, wurden anhand dieser beiden Achsen gruppiert, zusätzlich wurde farblich markiert, ob sie schon begonnen wurden oder noch Zukunftsmusik sind. Heraus kam eine bunten Tabelle mit fast 300 Ideen. Interne Rückmeldungen zeigten laut Plan, dass die „bisher ungewohnten Zusammenarbeitsformen“, die für die Erstellung des Maßnahmenplans notwendig waren, die Mitarbeiter motivierten. Sie sollen auch in Zukunft weitergeführt werden, da „komplexe Probleme wie die Folgen des Klimawandels, die Mobilitätswende oder die weiter zunehmende soziale Ungleichheit ämter- und dezernatsübergreifende Kooperationen“ erforderten.
„Wir wollen keine Politik von oben machen“
Um die Ausgestaltung der Ideen oder ergänzende Projekte können sich nun Vereine und Initiativen bewerben, die näher an den Bedürfnissen der Menschen dran sind als die Stadtverwaltung. „Wir wollen keine Politik von oben machen, sondern den Menschen auf Augenhöhe begegnen“, hatte Sozialdezernentin Elke Voitl (Grüne) bei der Veröffentlichung des Corona-Aktionsplans gesagt. Zunächst bekommt jedes Themenfeld das gleiche Budget. Über die Auswahl der Projekte entscheidet „ein ämterübergreifend besetztes Gremium unter Beteiligung externer Kooperationspartner und Vertretern des Jugendhilfeausschusses“. Es wird die Projekte priorisieren und verzahnen, da die vier Millionen Euro bereits für die bereits gesammelten Ideen nicht reichen würden.
Das Geld, so steht es im Plan, sei gut angelegt, „weil dadurch bereits jetzt verhindert werden kann, dass sich Schieflagen entwickeln, die uns dann unter hohen Kosten noch lange beschäftigen werden“. Immer wieder sind in den vergangenen Monaten Stimmen laut geworden, die davor warnten, die wirtschaftliche Ungleichheit in Deutschland weiter anwachsen zu lassen, da dies im extremsten Fall zu Unruhen führen könnte. Linke und AfD haben für den Herbst bereits Proteste angekündigt. (Sarah Bernhard)