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Der Riederwald feiert sich und seine Einzigartigkeit

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Beim Straßenfest wird viel gelobt, aber auch diskutiert. Etwa über rücksichtslose Autofahrer – und natürlich den Tunnelbau.

Frankfurt – Genügend Bürger bringen eine Schüssel mit Essen vorbei, niemand bleibt hungrig. Die Getränke stellt das Nachbarschaftsbüro: An der abgesperrten Raiffeisenstraße trafen sich am Sonntag Ortsansässige zum Abschluss des städtischen Projekts „Lebenswerter Riederwald – Begegnung auf der Straße“. Organisiert wurde der Nachmittag von der Volkshochschule und dem „Demokratiekreis Riederwald“.

Als Projektkoordinatorin Jana Freudenberger von der Volkshochschule den Leuten anbietet, übers Mikrofon Fragen oder Anregungen zu formulieren, bringt es ein Mann auf den Punkt: „Der Riederwald ist ein Juwel. Wir müssen den Architekten von damals dankbar sein.“ Die Wohnungen seien wunderbar geschnitten, er fürchte nur, dass die Nutzung der Gärten immer mehr eingeschränkt werde und so ein Platz der Begegnung fehle.

Ein Ort mit ganz eigenem Gesicht

Christa Petkovsek spricht sich gegen den Bau des Autobahntunnels aus, nachdem ihr Projektkoordinatorin Jana Freudenberger (links) das Mikrofon gereicht hat.
Christa Petkovsek spricht sich gegen den Bau des Autobahntunnels aus, nachdem ihr Projektkoordinatorin Jana Freudenberger (links) das Mikrofon gereicht hat. © Stefan Mangold

Ein solcher Ort ist auf alle Fälle das Nachbarschaftsbüro. Quartiersmanager Gerd Kieker von der Diakonie, die das Büro betreibt, erzählt von der Historie des Viertels, das zwischen 1910 und 1928 als Arbeitersiedlung entstand – in einer Zeit, als es in der Architektur noch keine Einheitsbauweisen gab. Die runden Hauseingänge gelten in der Bauhaus-Architektur als Kitsch, doch alleine dieses Detail gibt dem Riederwald ein ganz eigenes Gesicht. Auf der Pinnwand, auf der Anregungen fürs Viertel gesammelt werden, hat jemand notiert: „Im Riederwald sind alle gleich.“

Und viele sind aktiv. An den vergangenen acht Sonntagen haben acht verschiedene Gruppen Aktionen organisiert. Kieker erzählt von einer Initiative, die sich der Bepflanzung von Kübeln widmet und am 21. Mai am Cäcilie-Breckheimer-Platz die Leute einlud, sich einzubringen. Der 34-Jährige berichtet auch, wie sich aus einem Straßenfest wie heute ein Kochkurs entwickelte. Den Leuten habe es so gut geschmeckt, dass sie nach einzelnen Rezepten fragten. Heute treffe man sich einmal im Monat in der Küche der Heilig-Geist-Gemeinde zum Kochen.

„Der Riederwald ist die Summe seiner Anwohner“

Das Essen nimmt Kieker als Allegorie für das Viertel: „Der Riederwald ist die Summe seiner Einwohner, egal, welche Wurzeln jemand hat.“ Er selbst esse längst wesentlich öfter und lieber Hummus als Nudelsalat mit Mayonnaise.

Zu Kieker kommen regelmäßig Menschen mit Wünschen und Problemen. Einer schlägt etwa vor, die Stadt solle an einer bestimmten Stelle eine Bank aufstellen, was der Quartiersmanager an den Ortsbeirat weiterleitet. Andere stören sich an einer Bank, weil Leute darauf sitzen und rauchen, was dann ins Schlafzimmer zieht. Ein Fall, den Kieker dem Konfliktvermittler Stefan Zech vom Amt für Diversität, Antidiskriminierung und gesellschaftlichem Zusammenhalt übergibt.

Jutta Auerbach vom „Demokratiekreis Riederwald“ legt Wert darauf, nicht als Sprecherin der Gruppe zu gelten. Man pflege keine Hierarchie. Zum Kreis gehöre es etwa, jeweils am 8. Mai, dem Jahrestag der Kapitulation der Wehrmacht von 1945, im Stadtteil einen Rundgang an die Stolpersteine zu organisieren. Auch einen Film zum Thema Klima habe man schon gezeigt, vor Kurzem einen Referenten zu einem Vortrag zum Thema Rojava eingeladen. In dieser vor allem von Kurden bewohnten „Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien“ herrschten demokratische Prinzipien und vor allem Gleichberechtigung. Viele der Frauen hätten gegen den IS gekämpft.

Verkehrsrowdies nerven Anwohner

An der Pinnwand geht es um ein Ärgernis. Vor Veranstaltungen im Stadion am Bornheimer Hang parkten Besucher auf dem Johanna-Tesch-Platz überall, „auch auf den Grünflächen“. Stefan Helming, der für die SPD im Ortsbeirat sitzt, betont, eigentlich sei der Veranstalter verpflichtet, den Platz abzusperren. Früher habe es für solche Fälle Parkausweise für die Anwohner gegeben, „heute fahren die Leute sogar in der Raiffeisenstraße gegen die Einbahnstraße, um den Stau am Erlenbruch zu umgehen“.

Christa Petkovsek vom Demokratiekreis kritisiert den geplanten Autobahntunnel. Dem müssten am Erlenbruch die Bäume weichen. Der Tunnel bedeute für den Riederwald, „zehn Jahre Bauarbeiten, zehn Jahre, in denen wir uns in der sommerlichen Hitze in unseren Häuser verbarrikadieren müssen“. (Stefan Mangold)

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