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Der Schock beim Blick aufs Preisschild

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Von: Florian Neuroth

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Weil aus dem Mittelmeerraum wegen der dort herrschenden Kälte derzeit deutlich weniger Obst und Gemüse kommt, explodieren im Kalbacher Frischezentrum die Preise - zum Leidwesen von Verkäufern wie Zaida, Ajmal und Hikmet Farooq (von links).
Weil aus dem Mittelmeerraum wegen der dort herrschenden Kälte derzeit deutlich weniger Obst und Gemüse kommt, explodieren im Kalbacher Frischezentrum die Preise - zum Leidwesen von Verkäufern wie Zaida, Ajmal und Hikmet Farooq (von links). © Michael Faust

Viele Obst- und Gemüsesorten kosten in Frankfurt derzeit deutlich mehr als noch zu Jahresbeginn.

Frankfurt -Wer sich gut ernähren will, braucht derzeit tiefe Taschen. Obst und Gemüse sind gesund, günstig gibt es das meiste davon aktuell aber nicht. Ein Kilo Clementinen für fünf Euro, Tomaten für zehn Euro, Artischocken für vier Euro das Stück - auf Wochenmärkten wie vor dem Südbahnhof sind die Preise in schwindelerregende Höhen geklettert.

Einige Kilometer weiter nördlich ist die Situation am Dienstagmorgen ähnlich. Im Frischezentrum in Kalbach verkaufen die Großhändler. Sie bestätigen den Eindruck vom Markt. Seit Jahresbeginn hätten die Preise angezogen, sagt Khurram Ayub vom Frucht-, Obst- und Gemüsehandel Farooq. „Vor allem Paprika, Gurken und Salat haben sich in den vergangenen Wochen verteuert“, berichtet er. In der vergangenen Woche hatte der Händler seine letzten Paprika verkauft. Da kostete die Fünf-Kilo-Kiste noch 30 Euro. „Dann mussten wir für 32 Euro nachkaufen. Inklusive Mehrwertsteuer“, klagt Ayub.

Teurere Waren aus dem Mittelmeerraum

Wie alle Gemüsesorten im Geschäft von Zaida Farooq kommen die Paprika aus Spanien. Gerade Erzeugnisse aus der Mittelmeerregion sind von der Preissteigerung betroffen. „Wenn wir nachfragen, wird das Wetter dort als Begründung genannt. Schwer zu beurteilen, ob das stimmt“, sagt der Händler.

Er ist nicht der einzige, der mit den hohen Preisen zu kämpfen hat. Auch Sodhi Singh von der Ralf Wisser GmbH kann einige Beispiele aufzählen. Die Schale Himbeeren aus Marokko, die vor einem Monat noch 2,80 Euro kostete, rangiert jetzt bei 3,90 Euro. Für holländischen Rosenkohl kletterte der Preis innerhalb von drei Wochen von 5,50 auf 8,05 Euro, und der Bio-Ingwer aus Peru kostet 25 Prozent mehr als zu Beginn des Jahres.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium führt die inflationäre Entwicklung auf die kühle Witterung in Spanien und Italien sowie begrenzte Erntemengen in Marokko und der Türkei zurück. Das sagte eine Sprecherin am Wochenende laut Medienberichten. Dadurch sei das Angebot verknappt. Hinzu kämen weniger Glashausproduktion in den Niederlanden und in Belgien aufgrund gestiegener Energiepreise und höhere Frachtkosten. Für Versorgungsengpässe wie in Großbritannien, wo viele Obst- und Gemüseregale derzeit leer stehen und Supermärkte die Waren rationieren, sieht das Bundesministerium aber keine Anzeichen.

Für die Händler bedeutet der Preisanstieg, dass sie weniger verkaufen. „Das merken wir schon“, sagt Anselm Baumgarten vom Obst- und Gemüsegroßhandel S. B. Frucht. Außerdem sei der Gewinn niedriger, da man die Verkaufspreise nicht im gleichen Maß erhöhen könne. „Wenn ich eine Kiste Kopfsalat für 15 Euro kaufe, kann ich die maximal für 16 Euro anbieten. Da bleibt nicht viel übrig“, rechnet auch Mehmet Coban vom Obst- und Gemüsehandel Kretschmer vor. Viele Leute meinten, dass die Händler die Preise ankurbelten. „Dabei haben wir nichts damit zu tun“, beteuert er.

Wie andere leidet er darunter, dass im Supermarkt teils weniger gezahlt werden muss als im Frischezentrum. Die großen Märkte profitieren von langfristigen Lieferverträgen. „Die haben einen Standardpreis für das ganze Jahr, bei uns ist er jedes Mal neu. Damit können wir nicht konkurrieren“, sagt Khurram Ayub.

Manche verzichten auf bestimmte Produkte

Der Endverbraucher spürt die Entwicklung beim Blick auf den Kassenzettel. „Ich muss die Preise ja weitergeben“, sagt Landwirt Bernd Scherer. Er verkauft regelmäßig auf dem Wochenmarkt in Kelkheim und kauft in den kalten Monaten Waren hinzu. Auf bestimmte Produkte verzichtet er, wenn der Preis zu hoch ist. „Sechs Euro für die gelben Paprika waren mir zu viel. Die hab ich nicht gekauft. Meine Kunden haben das verstanden“, sagt er. Andere haben diesen Luxus nicht. Gastronom Aziz Lahmer ist auf eine feste Einkaufsliste angewiesen. „Ich kaufe immer das gleiche“, sagt der Inhaber des Steinbacher Restaurants „Ile de Re“. Auf seine Gäste abwälzen könne er die Preiserhöhung nicht - „ich will sie ja nicht verlieren“.

Die Not macht manchen erfinderisch. Anna Pulsakowska führt ein Catering-Unternehmen und beliefert Kindergärten und Krippen. Angesichts der Preiserhöhungen kauft sie jetzt vermehrt heimische Ware. „Wir kochen jetzt eher Kohl, Linsen oder Rote Bete“, sagt sie.

Immerhin: Die meisten glauben, dass die Lage bald wieder günstiger wird. „Sobald das Wetter besser ist, gehen die Preise runter“, meint Ayub. Landwirt Scherer sieht das ähnlich. Der Blumenkohl, für den er kürzlich knapp fünf Euro pro Stück bezahlen musste, koste jetzt nur noch die Hälfte. Auch werde das regionale Angebot nun Woche für Woche größer, was die Preise ebenfalls drücke. florian neuroth

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