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Der zweite Mann ist des Käpt’ns erste Wahl

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Von: Michael Forst

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Der „doppelte Sven“ auf der Mainfähre; Kleinschmidt (l.) macht von nun an die Vertretung für Junghans als Kapitän.
Der „doppelte Sven“ auf der Mainfähre; Kleinschmidt (l.) macht von nun an die Vertretung für Junghans als Kapitän. © Michael Forst

Sven Kleinschmidt übernimmt nun bei Bedarf das Steuer von Sven Junghans auf der Mainfähre.

Frankfurt. Er müsste es ja gar nicht machen. Aber er will. Und wie er will: „Für mich ist das hier eigentlich keine Arbeit, sondern die Erfüllung eines Traums“, sagt Sven Kleinschmidt, der neue zweite Mann auf der Mainfähre, die täglich Menschen von der Höchster auf die Schwanheimer Seite und umgekehrt bringt.

In Schwanheim groß geworden und in Höchst zur Schule gegangen, ist er die langersehnte Verstärkung und Entlastung für Kapitän Sven Junghans, der seit März 2022 ohne seinen Ersatzmann Fritz Flohr auskommen musste, Er hatte aus gesundheitlichen Gründen aufgehört. Und wer den „Neuen“ in den vergangenen Tagen im Einsatz auf der „Walter Kolb“ erlebt, spürt sofort: Hier ist ein Mann in seinem Element. Und die Passagiere, viele davon Stammgäste und Mainfähren-Fans, haben Kleinschmidt mit seiner unkomplizierten Art und seinem gewinnenden Lächeln sofort in ihr Herz geschlossen.

Und das ist wichtig für die Arbeit auf der Mainfähre - genauso wichtig wie das Steuern, An- und Ablegen, das Handwerk des Fährmanns. „Es ist vergleichbar mit einem Friseur“, erklärt Kleinschmidt: „Du musst einfach gut mit den Leuten kommunizieren können.“

Small Talk und Seelenmassage

Der älteren Dame mit dem Lastenfahrrad mal eben die Bremsen neu einstellen, die Hunde der Passagiere mit einem Leckerli füttern. Ein bisschen Small Talk über die Finanzlage mit dem Banker auf dem Weg zur Arbeit, ein paar aufmunternde Worte für ein Schulkind mit Bammel vor der nächsten Prüfung. All das gehört zur Arbeit.

Die für Kleinschmidt eigentlich gar keine ist, wie er gestern auf der Fahrt glaubhaft erzählt. Denn sein Geld verdient er nach wie vor als Vermessungsingenieur bei den Stadtwerken Oberursel. Das Manövrieren auf der „Walter Kolb“ hingegen bedeutet Leidenschaft und willkommene Abwechslung für den begeisterten Wassersportler.

Sicher wie ein alter Seebär

Als solcher besitzt er ein Motorboot, das im Schwanheimer Bootshaus liegt, nur ein Ankerwurf entfernt von Sven Junghans Anlegestelle. Es war zu Beginn der Corona-Zeit, als er eines Abends spontan Sven Junghans beim Festmachen der Fähre zur Hand ging. Das Gespräch kam aufs Kapitänshandwerk und Kleinschmidt bemerkte, dass er mit seinem „Spielzeugführerschein“ - gemeint war sein DLRG-Sportbootführerschein - ja nicht wirklich weit käme. „Dagegen kann man ja was tun“, habe Sven Junghans geantwortet.

Heute sagt der Kapitän rückblickend: „Ich wusste sofort, dass Sven das Zeug für diesen Job mitbringt.“ Also nahm er den hochmotivierten Novizen ins Schlepptau, unterstützte ihnen bei den erforderlichen Prüfungen und der langen Lehrzeit. „Viel Büffelei war’s, wie zu Schulzeiten nicht mehr“, erzählt Kleinschmidt. Die Praxis war nicht minder intensiv: Drei Jahre - genauer: drei Mal 180 Tage pro Kalenderjahr - musste er auf dem Main schippern, bis er zur Fährpatent-Prüfung zugelassen wurde, die er am Gründonnerstag bestanden hat. Übrigens beim höchsten Wasserstand, an dem die Mainfähre fahren kann, wie Kleinschmidt berichtet. Da wurde besonders das Ab- und Anlegen zur Herausforderung. Zum Glück ist das gerade der Part, „der mir besonders gut gefällt“, wie Kleinschmidt berichtet.

Sicher wie ein alter Seebär hält Kleinschmidt nun das Steuer der „Walter Kolb“ in den Händen. Nächster Stop: Schwanheim. Sat (40) und Erol (38) kommen an Bord. Die Höchster sind seit Jahren Fans der Fähre.

„Schau Dir das doch mal an“, sagt Sat, zeigt auf die Höchster Skyline und schwärmt: „Das hier ist ’ne Minikreuzfahrt für 1,50 Euro!“ Dann schaut er hoch zum Steuerhaus: „Wir unterstützen Euch. Es ist toll, dass es Euch gibt! „Schon vierhundert Jahre“, gibt Sven Kleinschmidt lachend zurück. Und klingt dabei richtig stolz. Michael Forst

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