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Nach Nazi-Durchsage: "Shitstorm" abgewürgt – Bahn bestreitet Löschung

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Von: Tobias Möllers

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Wartende ICE-Züge in Frankfurt.
Wartende ICE-Züge in Frankfurt. © Boris Roessler/dpa

Die Ansage eines Zugführers im ICE nach Frankfurt hat im Netz eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Plötzlich war der Facebook-Beitrag verschwunden. Die Bahn bestreitet eine Löschung.

Update, 12. Juli, 11.25 Uhr: Nach der indiskutablen Durchsage eines Zugführers über die Entschärfung einer Weltkriegsbombe in Frankfurt und nach der anschließenden Beschwerde einer Reisenden aus eben jenem ICE brandete auf der Facebook-Seite der Deutschen Bahn eine so ausgiebige wie kontroverse Diskussion auf, bis der Beitrag und hunderte Kommentare dazu plötzlich aus dem Netz verschwanden. Gelöscht. 

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Screenshot Facebook

Die Deutsche Bahn stellt nun klar: "Wir waren es nicht! Bei uns wird nichts gelöscht, so lange es den Regeln der Netiquette entspricht." Das gilt für den Beitrag der geschockten ICE-Passagierin auf jeden Fall, auch wenn  sich unter ihrem Eintrag zahlreiche grenzwertige Kommentare aus dem rechten politischen Spektrum fanden. Vielleicht war das ja in diesem Fall Facebook ein Dorn im Auge, auch wenn der Konzern bisher eher nicht für rigorose Löschaktionen bekannt ist.

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Erstmeldung, 11. Juli, 13.53 Uhr: Frankfurt - Als am vergangenen Sonntag die Weltkriegsbombe im Frankfurter Ostend entschärft wurde, geriet auch der Bahnverkehr in der Mainmetropole ins Stocken. Nervig für Fahrgäste wie Angestellte, aber eben auch unvermeidbar. Die Verspätungsdurchsage, die ein Zugführer im ICE von München nach Frankfurt dann aber machte, stieß einigen Reisenden extrem sauer auf und ist auch für Mitarbeiter der Deutschen Bahn nicht akzeptabel, wie der DB-Konzern einräumen musste.

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Screenshot Facebook

"Liebe Fahrgäste, unser Zug hat wegen der Entschärfung einer Bombe, die die Westalliierten auf die unschuldige Bevölkerung Frankfurts abgeworfen haben, zur Zeit 45 Minuten Verspätung", bekamen die Menschen in dem Zug zu hören.

"Das sind Nazis, meiner Ansicht nach"

Der "Stern" sprach mit einer Reisenden, die sich in dem ICE befand und die ihrem Ärger auch auf der Facebookseite der "Deutschen Bahn Personenverkehr" Luft machte: "Wir wurden schon im Vorfeld auf Verspätungen aufmerksam gemacht und irgendwann kam diese ungeheuerliche Durchsage", sagte Julietta F. dem Magazin. "Das sind Nazis, meiner Ansicht nach, die so etwas sagen. Jetzt mal deutlich ausgedrückt."

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Fast so sehr wie die Durchsage an sich, störte die Frau die ausbleibende Reaktion der Mitreisenden, die den Kommentar des Zugführers stillschweigend hinnahmen. F. wandte sich daraufhin an einen Zugbegleiter mit der Frage nach dem Urheber der Durchsage. "Ich wollte einfach mal wissen, was das für ein Typ ist", erklärte sie dem "Stern". Der Zugführer sei beschäftigt, wurde die Reisende jedoch kurzerhand abgebügelt.

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Screenshot Facebook

Da F. es darauf nicht beruhen lassen wollte, wandte sie sich über Facebook an die Deutsche Bahn und fragte, ob es im Sinne des Konzerns sei, dass Mitarbeiter politische Statements verbreiten. Die Antwort der Bahn lautete, dass kulturelle Vielfalt, Offenheit, Toleranz und Respekt Grundwerte der Deutschen Bahn seien und dass man sich dafür entschuldige.

Durchsage hat Konsequenzen für Mitarbeiter

Gegenüber dem "Stern" erklärt der Konzern zu der Nazi-Durchsage: "Klar ist (...), dass sie weder unseren Vorgaben entspräche noch die Meinung des Unternehmens Deutsche Bahn repräsentieren würde." Als die Ansage bei Facebook dann immer höhere Wellen schlug, kündigte der Konzern Konsequenzen für den Mitarbeiter an. In einer Mitteilung erklärte die Deutsche Bahn: "Im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter haben wir geklärt, dass er zukünftig nicht mehr im Kundenkontakt bei der DB arbeitet."

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Bei Facebook allerdings gab es neben den Äußerungen weiterer empörter Bahnkunden auch nicht wenige Reaktionen aus dem rechten Lager, die die Aussage mit dem Nazi-Vokabular - "Westalliierte" greifen "unschuldige Bevölkerung" an - verteidigten und stattdessen einen regelrechten Shitstorm gegen Julietta F. lostraten.

Wie "heise.de" berichtet, beteiligten sich an der Diskussion, die teils deutlich unter der Gürtellinie verlief, auch  zahlreiche angebliche Bahnmitarbeiter, oder Menschen, die sich bei Facebook als solche ausgaben. Auf die Frage, ob es im Sinne der Bahn sei, dass Personen mit rechtsradikalen Kontakten und Überzeugungen tagtäglich Menschen aller möglichen Nationalitäten, Konfessionen und Hintergründe befördern, sei in dem Forum nicht reagiert worden. Nachprüfbar ist das leider nicht mehr, die Bahn hat mit der Beschwerde von Julietta F. auch die hunderten Hetzkommentare von der Facebookseite gelöscht.

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