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Pampig oder missverstanden? Umfrage zählt Frankfurt zu den unhöflichsten Städten Deutschlands

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Immer wieder ergeben Umfragen, dass Frankfurt angeblich zu den unhöflichen Großstädten Deutschlands – und sogar Europas – zählen soll. Doch stimmt das wirklich?

Frankfurt – Rücksichtslos, unangenehm laut und generell eher verschlossen: Die Frankfurterinnen und Frankfurter genießen deutschlandweit verhaltenstechnisch scheinbar einige Vorurteile. Das ergibt zumindest eine Umfrage, die die Sprachlernplattform Preply bei dem Meinungsforschungsinstitut Censuswide in Auftrag gegeben hat. Dabei wurden 1500 Großstadtbewohner zum Verhalten ihrer Mitmenschen befragt. Und hinter Essen und Dresden kommt die fünftgrößte Stadt Deutschlands als drittschlechteste weg.

Bemerkenswert: Dass Frankfurt bei Umfragen zum Thema Unfreundlichkeit relativ häufig hervorgehoben wird, kommt immer wieder vor. Auch in einem Ranking des US-Reisemagazins Travel+Leisure landete die Stadt am Main vor einigen Jahren als einzige deutsche Stadt unter den 30 Städten mit eher zweifelhafter Reputation auf Platz 17. Aber ist Frankfurt wirklich so schlecht wie sein Ruf? Oder haben Teilnehmende aus Offenbach einfach die Ergebnisse verfälscht oder das Umfrageinstitut instinktiv nur Menschen befragt, die in den Apfelweinwirtschaften der Stadt regelmäßig Süßgespritzten bestellen?

In Frankfurt wurden im August an 17 Tagen mehr als 30 Grad Celsius gemessen.
Frankfurt ist laut einer Umfrage eine der unhöflichsten Städte in Deutschland. © Hannes P. Albert/dpa

Frankfurt im Städteranking: So schneidet die Stadt am Main in Sachen Höflichkeit ab

Befragt wurden Teilnehmende aus 19 deutschen Großstädten von B wie Bochum bis S wie Stuttgart, zwischen Hamburg im Norden und München im Süden zu verschiedenen Verhaltensweisen ihrer Mitmenschen. Wird in der Stadt viel aufs Smartphone gestarrt, statt anderen Menschen auch mal ein Lächeln zu schenken? Verhält man sich anderen gegenüber rücksichtslos oder rückt beim Autofahren Fußgängern auf die Pelle? Gibt man genug Trinkgeld oder pampt stattdessen im Restaurant lautstark das Servicepersonal an? In vielen dieser Fragen schnitt Frankfurt auf einer Skala von 1 (selten) bis 10 (häufig) deutlich schlechter ab als der Landesdurchschnitt und landete deshalb recht weit hinten.

Besonders das Nichtbeachten von Fremden, verschlossene Körpersprache und die Lautstärke in der Öffentlichkeit sind Punkte, bei denen Frankfurterinnen und Frankfurter in der Umfrage deutlich schlechter abgeschnitten haben, als der Deutschland-Durchschnitt. Auch Telefonate mit Lautsprecher und das lautstarke Abspielen von Handyvideos im Raum stören die Studienteilnehmenden in Frankfurt mehr als in anderen deutschen Städten. Deutlich anders sehen die Ergebnisse von den führenden Städten, Bochum, Bremen und Hannover, aus, die in vielen Punkten besser abgeschnitten haben.

FrankfurtDeutschland-Durchschnitt
In der Öffentlichkeit mit dem Handy beschäftigt sein7,447,46
Menschen nicht durchlassen5,765,65
In der Nähe von Fußgängern nicht abbremsen5,715,51
Lärmen in der Öffentlichkeit6,245,99
Fremden keine Beachtung schenken6,726,47
Videos ansehen in der Öffentlichkeit6,245,99
Telefonieren mit Lautsprecher5,755,51
Verschlossene Körpersprache6,185,85
Persönlichen Raum nicht respektieren5,545,66
Unhöflich gegenüber Servicepersonal5,545,46
Kein Trinkgeld geben5,545,27
Vordrängeln in Warteschlangen5,385,22

Die höflichsten Städte Deutschlands: Warum Frankfurt besser ist als sein Ruf

Dass die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind, zeigt nicht nur die extrem niedrige Teilnehmendenzahl, die das Ergebnis alles andere als repräsentativ macht. So sind kurioserweise mit Essen und Bochum auch zwei Nachbarstädte an beiden Enden des Rankings gelandet, die kaum 15 Kilometer voneinander entfernt liegen. Außerdem wurde Frankfurt von der Wirtschaftszeitung Economist gerade im vergangenen Jahr zu einer der zehn lebenswertesten Städte der Welt gekürt. Auf Platz sieben des jährlichen Rankings ist Frankfurt darüber hinaus die einzige deutsche Stadt in den Top 10.

Womöglich ist alles somit halb so wild und Frankfurt tatsächlich nur vielfach missverstanden. Gegenbeweise zu den gängigen Vorurteilen finden sich in Frankfurt nämlich so einige. Freundliche Gespräche mit Fremden, mit denen man sich in einer der vielen Apfelweinwirtschaften einen Tisch teilt, lebendige Nachbarschaftsinitiativen, hilfsbereite Einheimische, wenn Touristinnen und Touristen nach dem Weg oder der richtigen U-Bahn-Verbindung fragen und zahllose gesellige Feste zwischen Berger Straßenfest, Museumsuferfest und Wäldchestag.

Dazu kommt die Offenheit einer internationalen Stadt, die kulturell und kulinarisch zu den vielseitigsten Europas gehört, und damit ohne Frage wirklich lebenswert ist. Für den Gegenbeweis zu allen Studien, die anderes behaupten, muss man einfach nur nah genug ran. (Sandra Kathe)

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