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Diakonie springt für Caritas ein

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Am 1. Juli schließt die Caritas Frankfurt ihren ambulanten Pflegedienst in der Baumertstraße. 120 pflegebedürftige Menschen brauchen dann einen anderen Pflegedienst. Dabei sind schon jetzt viele privaten Dienste am personellen und finanziellen Limit.
Am 1. Juli schließt die Caritas Frankfurt ihren ambulanten Pflegedienst in der Baumertstraße. 120 pflegebedürftige Menschen brauchen dann einen anderen Pflegedienst. Dabei sind schon jetzt viele privaten Dienste am personellen und finanziellen Limit. © Reinhardt

Für einige Klienten des Pflegedienstes gibt es ein Angebot, für andere nicht.

Die Zentralstation-Ost der Caritas Frankfurt wird zum 1. Juli diesen Jahres schließen. Zumindest für die Klienten in Fechenheim-Nord und Seckbach ist mittlerweile gesichert, dass das Diakonische Werk die Pflege übernehmen könnte. Das berichtete am Montagabend Holger Rohrbach im Ortsbeirat 11 (Fechenheim, Riederwald, Seckbach). Er leitet den Ambulanten Pflegedienst „Kontakt - Freie Alten- und Krankenpflegegesellschaft“ der Diakonie.

„Fechenheim-Süd, also südlich der Homburger Landstraße, können wir leider nicht anfahren“, sagt Rohrbach. Dafür seien die Wege zu weit. Schon jetzt erstrecke sich das Einsatzgebiet von der Innenstadt bis Bergen-Enkheim. „Jeder Pflegedienst muss darauf achten, dass er sein Einsatzgebiet nicht zu weit fasst, weil er von der Pflegekasse für Wege nur eine Pauschale von fünf oder sechs Euro bekommt.“ Es ist also eine Frage der Wirtschaftlichkeit.

40 von 120 Klienten könnten zur Diakonie

Im Februar sollen die Klienten der Caritas in Seckbach und Fechenheim-Nord per Post ein Angebot von der Diakonie erhalten. Betroffen seien etwa 40 Personen, sagt Rohrbach. Insgesamt pflegt die Zentralstation-Ost rund 120 Menschen, etwa 45 Angehörige nutzen die Pflegeberatung, teilte die Caritas im November mit. Preise würden bei einem Wechsel etwa gleich bleiben, sagt Rohrbach. Die Klienten müssten sich aber an neue Pflegekräfte und eventuell an neue Zeiten, wann die Pfleger vorbeikommen, gewöhnen.

Wie viele Klienten die Diakonie übernehmen wird, ist völlig offen. „Die Wahlfreiheit der Klienten ist ein hohes Gut, niemand wird gedrängt, einen Pflegevertrag mit der Diakonie zu schließen“, sagt Rohrbach. Doch selbst wenn sich alle Caritas-Klienten in Seckbach und Fechenheim-Nord entscheiden sollten, ab Juli zur Diakonie zu wechseln, hat Rohrbach keinen Zweifel daran, ausreichend Personal für die zusätzlichen Pflegeaufträge zu finden. „Die Bewerbungsgespräche laufen schon und es sieht gut aus.“ Außerdem gehöre „Kontakt“ zum Evangelischen Verein für Innere Mission Frankfurt, so wie etwa auch das Hufeland-Haus. Damit sei es Teil eines großen Ausbildungsverbundes. „Fachkräfte muss man heute selbst ausbilden.“

Caritas sucht weiter für Fechenheim-Süd

Unklar ist derweil, was mit den Klienten in Fechenheim-Süd werden wird. „Wir arbeiten daran, für all unsere Kunden ein Angebot zu finden, damit die Pflege nach dem 1. Juli sichergestellt ist“, sagt Caritas-Sprecherin Susanne Rosa. Dazu werde auch mit privaten Pflegediensten gesprochen. Von denen berichten aber viele, dass sie kaum so viele Klienten übernehmen könnten.

Der Ortsbeirat hat die Stadt am Montagabend einstimmig aufgefordert, die Caritas bei der Suche nach einem „staatlichen oder gemeinnützigen Träger behilflich zu sein“. Ein „potenzieller Pflegenotstand in Fechenheim-Süd“ müsse verhindert werden. Für einen Stadtteil wie Fechenheim, dessen Senioren-Anteil an der Gesamtbevölkerung circa 28 Prozent ausmache, sei es „verheerend“, wenn der letzte gemeinnützige Träger sich zurückziehe, schreiben die Grünen in ihrem Antrag.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Sandra Neubauer kritisierte die Caritas für die Schließung. „Die Caritas finanziert sich zum größten Teil aus Zuschüssen. 66 Prozent kommen von Bund, Land und Kommune. Daraus folgt eine gesellschaftliche Verantwortung.“ Dem widerspreche es, wenn man sich aus einem finanzschwachen Stadtteil zurückziehe. Wenn schon gemeinnützige Einrichtungen die Pflege nicht wirtschaftlich umsetzen können, wie soll es dann privaten Anbietern gelingen?“ Stefan Klee (Linke) bemängelte, dass die Caritas die Gründe für ihren Rückzug nicht transparent genug mache.

Gegenüber dieser Zeitung verwies die Caritas auf die „immer schwierigere Refinanzierungssituation“. Schärfere Hygienevorschriften und gestiegener Materialbedarf - etwa an FFP2-Masken - hätten die Kosten steigen lassen. „Und die Mehrkosten werden durch die Regelsätze nicht gedeckt“, sagte Vorstandsdirektorin Gaby Hagmans. Hinzu kämen der Fachkräftemangel und ein Finanzierungsmodell für die Pflege, die einen gewaltigen Dokumentationsaufwand produziere.

Friedrich Reinhardt

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