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Die Caritas zieht sich zurück

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Von: Friedrich Reinhardt

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Noch hängt das Schild der Caritas in der Baumertstraße. Doch im Sommer soll die Station geschlossen werden.
Noch hängt das Schild der Caritas in der Baumertstraße. Doch im Sommer soll die Station geschlossen werden. © Reinhardt

Verband schließt ambulanten Pflegedienst.

Der Frankfurter Caritas Verband hat angekündigt, seine ambulante Pflegestation in der Baumertstraße im kommenden Sommer zu schließen. „Im Zuge einer Neuausrichtung wird die Zentralstation Ost in Fechenheim nicht weiterbetrieben. Das Angebot endet zum 1. Juli 2023“, teilt der Verband jetzt mit.

Betroffen seien rund 120 Menschen, die durch die Caritas gepflegt werden und etwa 45 Angehörige, die die Pflegeberatung in Anspruch nehmen. 27 Mitarbeiter sind in der Zentralstation Ost angestellt. Sie sollen an anderer Stelle in der Caritas weiter beschäftigt werden.

Begründet wird der Schritt damit, dass die Caritas ihre ambulante Pflegeangebote neu ausrichte. Der Verband lege viel Wert auf hohe fachliche Standards und „angemessenen Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter“. Dies stehe in einem Spannungsverhältnis „zu der immer schwierigeren Refinanzierungssituation für einen Komplexträger“. Kräfte müssten daher gebündelt und Angebote konzentriert werden, schreibt der Verband.

Nicht genügend Umsatz

Viel konkreter wird Vorstandsdirektorin Gaby Hagmans auch auf Nachfrage nicht. „Es ist in der Vergangenheit in Fechenheim nicht gelungen, genügend Umsatz zu erwirtschaften.“ Die Caritas wolle sich daher in Frankfurt auf die westlichen und mittleren Stadtteile konzentrieren. Schärfer Hygienevorschriften und gestiegener Materialbedarf - etwa an FFP2-Masken - hätten die Kosten zudem steigen lassen. „Und die Mehrkosten werden durch die Regelsätze nicht gedeckt.“ Auch habe die Caritas den Anspruch keine Patienten abzuweisen, auch wenn sie Leistungen brauchen, die sich nicht wirtschaftlich nicht rentieren.

Enttäuschung ist groß

Einigen Patienten hätten enttäuscht auf die Ankündigung reagiert, erzählt Seniorenbeauftragte Magdalene Grana. Eine Patientin hätte sich gewünscht, früher informiert worden zu sein. „Eben deshalb haben wir es frühzeitig bekannt gegeben, neun Monate vor der Schließung“, sagt Hagmans. Was aber wird aus den 150 Patienten? Wer soll sie ab nächstes Jahr versorgen?

Wer sich unter den ambulanten Pflegestationen in Fechenheim und den umliegenden Stadtteilen umhört, der hört Sätze wie: „Wir können niemanden aufnehmen.“ oder „Dafür müsste eine eigene Pflegestation gegründet werden.“ Viele private Pflegestationen wundern sich, dass gerade die Caritas ihre Station schließt.

Ambulante Pflegedienste in Frankfurt kämpfen derzeit mit den Folgen des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG). Das verpflichtet sie praktisch dazu, ihre Pflegekräfte seit 1. September nach Tarif oder in ähnlicher Höhe zu bezahlen. Noch werden gestiegenen Lohnkosten aber meist nicht von den Pflegekassen finanziert. Die bürokratische Umstellung läuft noch. Die Caritas hat dieses Problem allerdings nicht, da sie schon vor der Gesetzesänderung ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlt hat.

Diese schwierige Situation auf dem ambulanten Pflegemarkt sieht auch die Caritas, sagt Vorstandsdirektorin Hagmans. Der Verband sei daher mit dem Diakonischen Werk für Frankfurt und Offenbach im Gespräch, damit sie die Pflegeverträge übernehme. Auch weil die Diakonie vergleichbare Standards habe. „Wir setzen uns wirklich ernsthaft dafür ein, dass die Patienten versorgt werden. Garantieren können wir es aber nicht“, sagt Hagmans.

Es fehlt an Fachkräften

Drei Probleme nennt die Vorstandsdirektorin, die die aktuelle Lage der Pflegebranche an den Rand des Zusammenbruchs brächten. Der Fachkräftemangel, die demografische Entwicklung einer alternden Gesellschaft und ein Finanzierungsmodell für die Pflege, die eine gewaltigen Dokumentationsaufwand produziere. Sie nennt ein Beispiel: Um eine Insulinspritze zu setzen, seien wenige Minuten vorgesehen. Damit diese Minuten abgerechnet werden können, müsse die Spritze nachgewiesen werden. Die kleinteilige Dokumentation werde so zu einer zusätzlichen Belastung. Darauf müsse die Caritas reagieren. „Wir gefährden sonst den Caritas-Verband insgesamt.“

Friedrich Reinhardt

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