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Die neuen Räume sind ein echter Lichtblick

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Ikram Alaamri kann als Blinde mit spezieller Hardware den PC bedienen. Susanne Reith und Peter Klug vom BSBH sehen zu. FOTO: faust
Ikram Alaamri kann als Blinde mit spezieller Hardware den PC bedienen. Susanne Reith und Peter Klug vom BSBH sehen zu. © Michael Faust

Anlaufstelle für Blinde und Sehbehinderte eingeweiht

Die Deutsche Blindenstudienanstalt (blista), Kompetenzzentrum für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung mit Hauptsitz in Marburg, und der Selbsthilfeverein Blinden- und Sehbehindertenbund (BSBH), dessen Servicestelle zuvor an der Börsenstraße beheimatet war, sind in ein neues gemeinsames Domizil an der Mörfelder Landstraße 6-8 gezogen. Gestern wurden die neuen Räume eingeweiht.

Auf der langgezogenen Etage, die sich beide Institutionen teilen, befinden sich Büros, Beratungs- und Gemeinschaftsräume für Mitarbeiter, Ehrenamtliche und Besucher. Der Blinden- und Sehbehindertenbund hat in Hessen 1700 Mitglieder. Sehbehinderte und deren Angehörige können sich in der Geschäftsstelle beraten lassen, etwa zu Blindengeld, Nachteilsausgleich oder zu Hilfsmitteln für besseres Sehen. Organisiert werden von Sachsenhausen aus auch Infostände etwa auf Gesundheitsmessen sowie die rollende Beratung, die in ganz Hessen auch in abgelegene Orte fährt, um Sehbehinderte zu unterstützen. Das Beratungsangebot „Blickpunkt Auge“ bieten zehn Bezirksgruppen in Hessen an.

Denn viele Möglichkeiten der Unterstützung sind unbekannt, gerade wenn eine Sehbehinderung oder Augenkrankheit erst später im Leben auftritt. Häufigste Ursache für Sehbehinderungen bei Menschen über 50 ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), an der in Deutschland rund fünf Millionen Menschen leiden.

„Es gibt zum Beispiel den finanziellen Nachteilsausgleich für den Mehraufwand, den man als Sehbehinderter im Alltag hat“, erklärt Geschäftsführer Peter Klug. Das Putzen der Wohnung gelingt nicht mehr so leicht, Einkaufen dauert viel länger, wenn man sich mit Lesehilfsgerät durch den Supermarkt kämpft. Die Grundversorgung soll gewährleistet sein.

Zudem bietet der BSBH Schulungen zur Orientierung im Straßenverkehr, etwa mit dem Blindenhund. „Ganz großes Problem in Frankfurt sind die E-Scooter“, so Klug. Für Blinde stellten die achtlos auf Gehwegen abgestellten Gefährte gefährliche Hindernisse dar.

Technische Hilfen erleichtern den Alltag

Zur Alltagsbewältigung gibt der BSBH jede Menge Schulungen, Tipps und Tricks. So gibt es inzwischen zahlreiche elektronische Hilfen mit Smartphones und Tabletts. Das erklärt zum Beispiel der Berater Thomas Sauer, der selbst blind ist, gestern vor Ort: Auf dem Smartphone lässt sich zum Beispiel die App „Seeing.ai“ installieren, die dem Nutzer seine Umgebung „vorliest“. Die sprechende Kamera liest in Echtzeit Textbausteine vor, die ihr vor die Linse kommen. Andere Apps geleiten den Nutzer durch die Stadt: Über Kopfhörer erfährt der blinde Fußgänger, der auch seinen Langstock dabeihat, wie viele Meter er bis zur nächsten Straßenkreuzung gehen muss, um wie viel Grad er sich drehen muss, um in die richtige Richtung zu gehen. Sehbehinderte können übrigens auch ein Eintracht-Spiel im Stadion live verfolgen: Möglich machen das die Blindenreportage-Plätze im Waldstadion.

Blinde sind nach ausreichender Schulung und Übung auch in der Lage, ganz normal am Computer zu arbeiten: Möglich machen das die Braille-Tastatur oder die Vorlesefunktion. Die Stimme, die der BSBH-Beraterin Ikram Alaamri vorliest, läuft in vielfacher Geschwindigkeit und ist für Normalhörer kaum zu verstehen. „Daran gewöhnt man sich“, sagt Alaami. Die Deutsche Blindenstudienanstalt (Blista) fördert Kinder und junge Leute, Berufstätige und Senioren und berät inklusive Schulen, Arbeitgeber und Kommunen. Die Deutsche Blinden Bibliothek (DBB) verleiht kostenfrei 10 000 Punktschrift- und mehr als 40 000 Hörbücher, die der Verein selbst produziert. Das Rehazentrum bietet Frühförderung, Low Vision-Beratung und Sehhilfenanpassung, Lebens- und berufspraktische Fähigkeiten zum Wiedereinstieg in den Beruf und vieles mehr.

Beide Institutionen sind auf Spenden angewiesen. Infos gibt es im Netz unter www.bsbh.org und www.blista.de. Stefanie Wehr

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