Die Räumung des Camps hat begonnen

Mehrere Hundert Polizisten im Einsatz - Verletzte gab es nicht
In den Morgenstunden hat die Polizei am Mittwoch mit der Räumung des Fechenheimer Waldes begonnen. Der Einsatz der Polizei verlief friedlich. Klimaaktivisten, die in dem Waldstück zwischen Hessen-Center und dem Parkhaus Borsigallee ein Protestdorf aus Hütten und Baumhäusern errichtet hatten, besetzten Bäume und Traversen, um den Polizeieinsatz und die Rodung des Waldes hinauszuzögern. Bürgerinitiativen begleiteten die Räumung mit Mahnwachen und kurzzeitigen Sitzblockaden.
Um 5.20 Uhr in der Früh rücken Bagger, Harvester, Transporter und Polizisten in dicken Uniformen mit Helmen und Beinschützern an. Aus den Baumhäusern huschen Lichter von Taschenlampen in die Dunkelheit. Der Waldboden ist knöcheltief matschig. Es ist kalt, die Temperatur liegt bei 2 Grad Celsius. In der Kurve der Autobahnausfahrt der A66 quietscht es laut, als ein gigantischer Bagger die Autobahnleitplanken zerteilte, als wären es Streichhölzer. Hier am östlichen Ende des Rodungsgebiets wird die Polizei beginnen, die Baumhäuser abzureißen und die Kletterseile zu entfernen, die Aktivisten zwischen den Bäumen gespannt haben. Die Polizei geht von rund 30 Besetzern aus.
Das Sondereinsatzkommando (SEK) und das Höheninterventionsteam, die Kletter-Einheit der Polizei, rücken nach Sonnenaufgang an, um das erste Baumhaus zu räumen. Per Hubwagen gelangen drei Beamte auf die Höhe des Baumhauses. Ein Aktivist ist drinnen, zwei hängen im Baum. Nach einer halben Stunde Gespräch klettert die vermummte Person aus dem Baumhaus in den Hubwagen. Wo die Polizei geräumt hat, beginnen wenige Meter dahinter Rodungsarbeiten mit Harvester und Kettensäge. Tragen die Polizisten einen Demonstranten aus dem Wald, folgen ihnen Rufe der Aktivisten in den Bäumen: „Du bist nicht allein“.
Einige Besetzer verharren den ganzen Tag auf gespannten Seilen und Baumästen. Einer sitzt rund zehn Meter hoch auf einem Ast über der Zone, auf der die Polizei Journalisten und Beobachter aus Parlamenten und Zivilgesellschaft zugelassen hat. Der Aktivist trägt einen blauen Overall, das Gesicht ist vermummt. Auf Englisch ruft er, dass es ihm gut gehe. Er hänge an einem Seil, das zu einem 30 Meter entfernten Baum gespannt ist. „Solange ich an dem Seil hänge, kann der Baum nicht gefällt werden.“ Er könne „sehr lange Zeit“ an dieser Stelle bleiben. „In meinem Rucksack habe ich Wasser und Tofu, mehr brauche ich zum Leben nicht.“ Warum er in dieser Form protestiert? Die Antwort geht im Lärm der Kettensägen unter.
Ein paar Meter weiter hängt ein anderer Besetzer in den Seilen. Ein Polizist ist am Baum zu ihm hoch geklettert. Etwa 20 Minuten unterhalten sie sich. Dieses von unten gesehen friedliche Bild löst sich auf, als der Aktivist schreit: „Spinnst du, steck die Knarre weg!“ Am Boden hat ein Polizist mit einer Luftdruckwaffe, die nur „handlungsunfähig“ mache, wie die Polizei sagt, auf den Aktivisten gezielt. Er habe gedroht, in das Seil des Beamten von der Höhenintervention zu greifen, als sich dieser abgeseilt hat. Aus Sicht der Polizei ist das die schärfste Form der Eskalation an diesem Tag.
Zur Räumung waren auch Innenminister Peter Beuth und Ministerpräsident Boris Rhein (beide CDU) kurz erschienen. Sie forderten die Menschen in den Bäumen, die sie nicht hören konnten, auf, den Wald zu verlassen. Die Durchsetzung des Einsatzes sei „zwingend notwendig“ für die demokratische Grundordnung, sagte der Ministerpräsident. Er verwies auf die demokratische Legitimität des Riederwaldtunnels.
Gegner des Lückenschlusses zwischen A66 und A661 haben die Räumung mit Protest in unterschiedlichen Formen begleitet. Es gab mehrere spontane Straßenblockaden, die sich schnell wieder auflösten. Am Morgen stand zwischen Polizisten und Baustellenfahrzeugen ein Mann in grauer Jacke allein an der Autobahnauffahrt. Auf seinem Schild: „Autobahn (Aus)Bau stoppen!“ Mit Besetzern habe er nichts zu tun. „Viele in der Mitte der Gesellschaft halten es für falsch, dass der Wald einer 50 Jahre alten Planung geopfert wird“, sagt er. Das Bündnis Verkehrswende Frankfurt hat spontan eine Mahnwache im Wald angemeldet. Als sie die Zone mit einem Plastikband absperrten, erzählt Viola Rüdele, Sprecherin des Bündnisses, habe ein Polizist sie aufgefordert, das Band nach dem Protest wieder mitzunehmen. Es sei sonst ein Umweltvergehen. Sie schüttelt den Kopf. „Wir verlieren hier alle ein Stück Wald, einen CO2-Speicher und wir verlieren hier den Kampf gegen den Klimawandel.“
Insgesamt hat die Polizei drei Ermittlungsverfahren und 18 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Zehn Personen seien in Gewahrsam genommen „und zum Teil“ wieder entlassen worden. Wie viele Tage die Räumung noch dauern werde, wollte die Polizei nicht spekulieren.
Sabine Schramek und Friedrich Reinhardt