Dieser Mann machte Mike Josef zum neuen Oberbürgermeister von Frankfurt

Für seinen Wahlkampf setzte Mike Josef (SPD) auf einen alten Fuchs: Ralph Klinkenborg. Der Berater hat schon früher mit Peter Feldmann zusammengearbeitet.
Frankfurt – Für seinen Oberbürgermeisterwahlkampf holte der dann erfolgreiche SPD-Bewerber Mike Josef einen alten Fuchs aus seinem Bau in Langenselbold. Die Rede ist von Ralph Klinkenborg (70). Ein „Rotfuchs“ ist Klinkenborg aber nicht, denn er hat kein Parteibuch. Aber dafür jede Menge Erfahrung und „eine große Sympathie für die SPD“.
Beim abgewählten Oberbürgermeister Peter Feldmann wirkte Klinkenborg einst als Pressesprecher. „Es war klar, dass ich 2018 altersbedingt ausscheide“, sagt er. Als die Verstrickung Feldmanns in die Awo-Affäre bekannt wurde, arbeitete Klinkenborg bereits nicht mehr für ihn. In Rente ging er aber da noch nicht. Auf Vermittlung des Gesundheitsdezernenten Stefan Majer (Grüne) und des OBs übernahm Klinkenborg vielmehr die Corona-Krisenkommunikation im Dienste der Stadt.
Jeder Wahlkampf ein Unikat: Klinkenborg hat aber Erfahrung
Seine Vorfahren stammen väterlicherseits aus Ostfriesland. Gut möglich, dass einer seiner Ahnen als Walfänger im Nordatlantik unterwegs war. Josef engagierte Klinkenborg als Wählerfänger. Dieser war in der aufregenden Zeit des knapp dreimonatigen Wahlkampfs sein ehrenamtlicher Pressesprecher und begleitete den Kandidaten zu Terminen und Auftritten. In diese Wochen fielen allein 35 Podiumsdiskussionen. Täglich liefen 2000 Mails mit Anfragen an den Kandidaten ein.
„Jeder Wahlkampf ist ein Unikat“, betont der erfahrene Journalist, der nach seinem Volontariat bei dieser Zeitung zehn Jahre als Redakteur bei der Abendpost Nachtausgabe gearbeitet hatte, bevor er zur städtischen Pressestelle als deren Leiter wechselte und ab 1998 für das Büro des damaligen Sozialdezernenten und späteren Bürgermeisters Joachim Vandreike (SPD) tätig war. Mit diesem ist er noch heute befreundet.
Der Wahlkampf sei stets eine Mischung aus politischer Stimmung, aktuellen Ereignissen und dem Verhalten der Konkurrenten, sagt Klinkenborg. Fast täglich musste der Terminkalender geändert werden. Noch heute wundert er sich, dass das gesamte Kampagnen-Team, die Kampa, und der Kandidat ohne Krankheiten durch die heiße Wahlkampf-Phase gekommen sind - trotz zahlreicher Publikumskontakte.
Spannendster Wahlkampf in Frankfurt seit langem
Selten war ein Wahlkampf in Frankfurt so spannend wie dieser. Gleich drei politische Schwergewichte trafen aufeinander. Die Grünen hatten die ehemalige Umwelt- und Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann ins Rennen geschickt, die CDU den langjährigen Bürgermeister und amtierenden Staatssekretär Uwe Becker. Es war Ziel der SPD, dass Josef gegen Becker die Stichwahl erreicht. Unklar war, inwieweit Josef die Awo-Affäre der SPD schaden würde. Mit 24 Prozent der Stimmen schaffte er es knapp vor der grünen Kandidatin, die nur 21,3 Prozent erzielte, gegen Uwe Becker (34,5 Prozent) in den entscheidenden Wahlgang.
Die CDU-Strategen hatten wohl damit gerechnet, dass Rottmann die Stichwahl erreichen würde. Denn Becker griff ausgerechnet die grüne Verkehrspolitik vor dem ersten Wahlgang an, die auch viele Sozialdemokraten nicht gut finden. Das mag in der Stichwahl Anhänger der Grünen zur Wahl des SPD-Mannes bewogen haben, der dann knapp mit 6000 Stimmen Vorsprung gewann.
Frankfurt: Mike Josefs Berater gibt Einblick in seine Strategie
„Wir haben uns um die anderen nicht gekümmert und haben alles ausgeblendet, was wir nicht beeinflussen können“, erklärt Klinkenborg die Strategie. Wo gibt es Infostände? Wo Hausbesuche? Das waren die Fragen, die sich die Wahlkampfleitung stellte. Die Kampa kümmerte sich dann mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher um die Organisation.
Die SPD war die erste Partei, die Themenplakate aufstellte, Grüne und CDU setzten stärker auf Sympathieplakate. „Je länger der Wahlkampf dauerte, desto mehr hatten wir das Gefühl, dass die Kampagne funktioniert“, verrät Klinkenborg. Ein Indiz dafür war für ihn, dass Menschen mit Mike Josef Selfies in der U-Bahn machen wollten. Und dann wollte ihn am Wahltag eine Mehrheit auch als Oberbürgermeister.
„Entscheidungen sind für mich persönlicher Natur, was Joachim Vandreike und Mike Josef anbelangt“, sagt der 70-Jährige. In den Positionen, die er für die beiden einnahm, werde schließlich eine „gewisse Loyalität“ erwartet.
Geprägt von der Jugend in den USA
Geprägt haben Klinkenborg seine Jugendjahre in Amerika. Vom neunten bis zum 15. Lebensjahr lebte er mit den Eltern in New York. Sein Vater verkaufte dort im Auftrag der Bahn Euro-Rail-Tickets an US-Touristen. „Ich war ein richtiger Ami zu der Zeit“, erinnert er sich. Gerne wäre er geblieben: „Es war nicht meine Idee, zurückzukehren.“ Zu einem Schulfreund, der heute in New Orleans wohnt, hat er noch regelmäßig Kontakt.
Nach dem Abitur am Goethe-Gymnasium studierte er Wirtschaftswissenschaften in Gießen. Nach dem Diplom entschied er sich aber gegen eine Bankkarriere und für den Journalismus. „Als Banker hätte ich heute drei Häuser“, sagt er - ohne etwas zu bereuen. (Thomas Remlein)