1. Startseite
  2. Frankfurt

Sparkasse macht schon Ende Juni dicht: „Ich bin völlig entsetzt“

Erstellt:

Von: Judith Dietermann

Kommentare

Kunden sind verärgert, weite Wege drohen: In Frankfurt-Ginnheim schließt eine Sparkassen-Filiale deutlich früher als geplant. Auch Politiker kritisieren das Vorgehen.

Frankfurt – Es war ein turnusmäßiges Beratungsgespräch, bei dem Thomas Budenz etwas erfuhr, das er immer noch nicht ganz glauben kann: Die Filiale der Frankfurter Sparkasse in der Kurhessenstraße soll bereits am 30. Juni schließen. Und nicht, wie ursprünglich vom Unternehmen mitgeteilt, erst Ende 2024.

„Ich bin völlig entsetzt über diese Information. Nicht nur, dass es ohnehin schon schlimm ist, dass die Filiale überhaupt dichtgemacht wird. Jetzt soll es auch noch deutlich früher passieren als ursprünglich angedacht, sagt Budenz, der nicht nur für die BFF-Fraktion im Ortsbeirat 9 (Dornbusch, Eschersheim, Ginnheim) sitzt, sondern im Stadtteil aufgewachsen und „schon immer“ Kunde bei der Sparkasse ist. Viele der Angestellten kenne man seit langem, es bestehe ein Vertrauensverhältnis. Und vor allem für die älteren Menschen sei die Schließung schlimm. Handle es sich doch um die letzte Bank „mit echten Menschen“.

Anwohner kritisieren Frankfurter Sparkassen-Schließung

Nicht weniger verärgert ist Gertrud Spieß. Seit 50 Jahren wohnt die 74-Jährige im Stadtteil, ihre Bankgeschäfte erledigt sie bei der Frankfurter Sparkasse. Online-banking, sagt die Rentnerin, sei nichts für sie. „Weit und breit gibt es keine weitere Filiale, lediglich in der Ginnheimer Landstraße, gegenüber der Apotheke, ein SB-Terminal. Das kann echte Menschen aber nicht ersetzen“, sagt Spieß.

Sind sauer: Gertrud Spieß und Thomas Budenz ärgern sich über die verfrühte Schließung der Sparkassen-Filiale.
Sind sauer: Gertrud Spieß und Thomas Budenz ärgern sich über die verfrühte Schließung der Sparkassen-Filiale. © Judith Dietermann

Für Hermann Klarmann, 91 Jahre alt, ist der Weg zur Kurhessenstraße schon jetzt beschwerlich. Aber an guten Tagen noch machbar, sagt er. „Ich bin verzweifelt, wenn die Filiale schließt. Soll ich dann meine Kinder oder Enkel zum Geldholen an den nächsten Automaten schicken? Man will doch selbstständig sein“, sagt er.

Frankfurt: Die Automaten werden abgebaut

Denn selbst Geld holen wird nach der Schließung Ende Juni am Standort in der Kurhessenstraße nicht mehr möglich sein. Die dortigen Automaten werden abgebaut, sagt Sparkassen-Sprecher Dennis Vollmer und verweist auf das „gut erreichbare“ SB-Terminal in der Ginnheimer Landstraße 118 „in unmittelbarer Nähe“.

Mit den jüngsten Angriffen auf Geldautomaten habe die verfrühte Schließung - darüber wurde im Stadtteil gemunkelt - allerdings nichts zu tun. Abgesehen von der Niederlassung Praunheim, wo Ganoven die Automaten Ende November sprengten. Der Schaden war so groß, dass die Filiale nicht mehr geöffnet wird.

Digitale Banken sollen ausgebaut werden: Unverständnis bei Anwohner in Frankfurt

Bei den anderen Zweigstellen wird auf die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten hingewiesen, sieht sich die Frankfurter Sparkasse mit einem veränderten Kundenverhalten konfrontiert. Diese nutzten das Onlinebanking, die Kundenbesuche in den Filialen nähmen hingegen ab. Daher sei 2021 beschlossen worden, 17 der 35 Standorte in den Stadtteilen mit den nächstgelegenen Filialen zusammenzulegen und gleichzeitig die digitalen Kanäle auszubauen. Das sollte bis Ende 2024 vollzogen werden, sei aber früher möglich, „da sich Kunden als auch Mitarbeiter an den Standorten durch die frühzeitige Kommunikation darauf einstellen konnten“, erklärt Vollmer, warum in Ginnheim nun schon eineinhalb Jahre früher Schluss ist.

Ein Argument, das Gertrud Spieß und Thomas Budenz nicht nachvollziehen können. Nach wie vor werde die Ginnheimer Filiale von vielen Kunden genutzt. „Hier ist immer viel los, nicht selten muss man bis zu zehn Minuten warten. Das zeigt doch, wie wichtig die Filiale ist“, können sie über die Entscheidung nur noch den Kopf schütteln.

Politik kritisiert Sparkassen-Schließung in Ginnheim: „Immer mehr verschwindet aus Ginnheim“

Und nicht nur sie. Auch Rachid Rawas, SPD-Fraktionsvorsitzender im Ortsbeirat, ist verärgert. „Das ist nicht gut für die Menschen im Stadtteil und für den Stadtteil auch nicht. Immer mehr verschwindet aus Ginnheim“, sagt er. Kritische Worte gibt es auch von Sven-Erik Holm (FDP).

„Vor dem Hintergrund, dass die Frankfurter Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts einen ebenso öffentlichen Auftrag zu erfüllen hat, sehe ich die geplante Schließung der Filiale in Ginnheim äußerst kritisch“, sagt er. Vor allem älteren Bürgern werde die wohnortnahe Erledigung der alltäglichen Bankgeschäfte durch die Schließung der letzten Bankfiliale in Ginnheim unmöglich gemacht. „Die Frankfurter Sparkasse sollte ihre Entscheidung in Gänze, insbesondere aber den konkreten Zeitpunkt, nochmals überdenken“, sagt er. (Judith Dietermann)

Auch interessant

Kommentare