Die Stadt will E-Scooter nicht verbieten

Kontrollierbare Regeln sollen Park-Chaos und rücksichtslose Fahrerei beseitigen - Bislang fruchtete nichts
Einem generellen Verbot von Leih-E-Scootern wie in Paris erteilt Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne) für Frankfurt eine Absage. Stattdessen setzt die Stadt als nächstes auf eine stärkere Reglementierung der Anbieter. Allerdings wirken die bisherigen Regeln der Stadt kaum - da Nutzer und Betreiber sie weitgehend ignorieren.
Per Bürgerentscheid hatten die Pariser zuletzt mit sehr großer Mehrheit die Ampel auf Rot gestellt für die lästigen E-Scooter. In Frankfurt sei „aktuell keine Befragung der Bürger zu einem Verbot von E-Scootern vorgesehen“, erklärt Ulrike Gaube vom Dezernat Mobilität von Stadtrat Majer. Ein solches Instrument kenne die hiesige Rechtslage auch gar nicht.
Wichtiger Baustein für Sharing-Mobilität
Allerdings stelle sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll sei, E-Scooter aus der Stadt zu verbannen. „Wir sehen das als einen Baustein der Sharing-Mobility-Angebote“, sagt Gaube. Das Dezernat versuche daher „eher, das zu integrieren“ und mit den Problemen umzugehen. Seit vorigem Jahr dürfe die Stadt eingreifen, indem die Unternehmen sich seither den Verleih als Sondernutzung der Straßen genehmigen lassen und dabei die von der Stadt vorgegebenen Regeln umsetzen müssten. „Das läuft immer für ein Jahr, dann können wir nachsteuern“, erklärt die Referentin von Stefan Majer.
Das habe die Stadt beispielsweise genutzt, um die Zahl von 18 000 auf 12 000 Fahrzeuge zu verringern. Zupass kam der Stadt dabei freilich, dass sich im vorigen Herbst mit Bird einer von zuvor fünf Anbietern in Frankfurt aus dem deutschen Markt zurückzog. Als besonders wichtige Regel hat die Stadt das Abstellen von E-Scootern auf Brücken, in Fußgängerzonen, und Parks verboten. Ebenso gilt ein Abstellverbot im Umkreis von 100 Metern um speziell ausgewiesene E-Scooter-Parkplätze.
Allerdings parken nach wie vor viele Fahrzeuge in solchen Sperrbereichen. Der Grund: Weder Stadt noch Verleihfirmen überwachen die Einhaltung der Regeln sonderlich intensiv. Wie wenig die städtischen Regeln in der Praxis wirken, zeigt sich auch an der Vorgabe, dass beim Abstellen eines Rollers 1,50 Meter Restbreite des Gehwegs freibleiben müssten.
Auf diese Regel weist Ulrike Gaube hin. Doch: „Nicht alle Nutzer halten sich dran“, seufzt die Referentin. In der Realität scheren sich einige Nutzer darum überhaupt nicht und stellen Fahrzeuge rücksichtslos mitten auf Fuß- und Radwegen ab, auf Blindenleitstreifen, vor Rampen, Eingängen oder Fahrstuhlzugängen.
Das Problem: Die Verantwortung für die E-Scooter hat der Bund nicht klar geregelt. Das will die Stadt im nächsten Schritt, den das Dezernat aktuell vorbereitet, verbessern. Statt der Sondernutzungserlaubnis will sie den E-Scooter-Verleih demnächst per Ausschreibung an Firmen vergeben. So können diese zumindest beispielsweise zu einem schnellen Eingreifen bei falsch geparkten Scootern verdonnert werden.
Lobbyist hält aktuellen Weg für verfehlt
Rückendeckung erhält die Stadt sogar von einigen Verleihfirmen. Ausschreibungen seien „eine gute und effiziente Lösung“, da die Stadt wie schon London oder Paris über die Anzahl der Anbieter und deren Qualität entscheiden und diese passend auswählen könne, erklärt Peter Russ, Regional Manager für Rhein-Main bei Tier. So könne die Stadt zum Beispiel die E-Scooter in den Nahverkehr integrieren oder das Mobilitätsangebot in Außenbezirke verbessern.
Den aktuellen Frankfurter Weg sieht der Tier-Manager als verfehlt an: „Eine Sondernutzung oder strengere Auflagen werden die Lage nicht verbessern und die Probleme nicht lösen.“ Allerdings sind der Stadt selbst nach einer Vergabe weiter Grenzen gesetzt. „Wir würden uns vom Bundesgesetzgeber wünschen, dass das Geofencing erlaubt wird“, sagt Majer-Referentin Gaube. Sprich: Es solle erlaubt werden, dass per Fernortung auf die E-Scooter eingegriffen werden kann und beispielsweise das Fahren in verbotenen Bereichen wie der Zeil unterbunden oder das Tempo der Fahrzeuge dort technisch beschränkt wird.
Dass der vorige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der Einführung der E-Scooter 2019 den Städten keine Regelungsmöglichkeiten gegeben habe, kritisiert Dezernent Majer immer wieder. Seine Partei, die Grünen, regieren allerdings inzwischen auf Bundesebene zusammen mit SPD und FDP. Doch auch mit FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing scheint keine schnelle Besserung in Sicht.
Ja, man wisse, „dass die Kommunen nur handeln können, wenn wir ihnen eine bundesgesetzliche Regelung an die Seite stellen“, hatte zuletzt der Frankfurter FDP-Bundestagsabgeordnete Thorsten Lieb in einem Interview in dieser Zeitung erklärt. Es gebe aber „noch nichts Konkretes“ und er könne nicht sagen, wann die Ampelkoalition tätig werde. Dennis Pfeiffer-goldmann