Die Überraschungspakete sind der Hit

Nach drei Jahren Corona-Pause gab es wieder eine Live-Versteigerung im Fundbüro.
Frankfurt -Bei Horst Schmidt fällt nicht der Hammer. Er klatscht einmal kräftig in die Hände, wenn das Höchstgebot nicht mehr überboten wird. Die Bieter heben entweder eine Hand, nicken oder sagen „ja“, wenn eine Zahl im Raum steht, die sie toppen möchten. „150 Euro zum ersten, zum zweiten uuuund zum dritten“, ruft der Mann mit kariertem Hemd, blauer Weste und rauchblauem Schal in den dicht bestuhlten Raum und klatscht. Der Herr, der vorher eine Kiste voller Kuscheltiere, Spiele und Flugzeuge für 20 Euro ersteigert hat, bekommt den Zuschlag auf ein großes Überraschungspaket, das in glitzerndem Papier mit Minimäusen verpackt ist. Was drin ist, bleibt geheim. „Das packe ich erst zu Hause aus“, sagt der stolze neue Eigentümer. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt“, kommentiert Schmidt, der seit 30 Jahren als Auktionator Fundsachen versteigert. „Das war ein Schnäppchen“, meint er feixend.
Kerstin Veit vom Fundbüro hat die Kiste gepackt. Ebenso wie Koffer, Handtaschen, Kartons und Tüten, die voll mit Dingen sind, die Leute in Parks, Schwimmbädern oder anderen öffentlichen Plätzen liegen gelassen oder verloren haben. „Ein halbes Jahr lang heben wir sie auf, dann werden sie versteigert oder vernichtet“, erklärt sie den neugierigen Besuchern.
Vernichtet werden zum Beispiel Badehosen und Bikinis. „Das geht nicht anders“, sagt sie. Ein Großteil der Besucher sind Händler, die vor Beginn der Auktion mit Adleraugen gucken, ob etwas Wertvolles dabei ist. Andere sind nur neugierig und wollen einfach mal gucken, was es gibt und wie so eine Versteigerung im Foyer des Ordnungsamtes abläuft. Eine Holzkiste voller ausländischer Münzen und ein Bonbonglas gefüllt mit exotischen Geldscheinen werden für zwei Euro angeboten. Schnell schießen Hände nach oben. 140 Euro ist das höchste Gebot. Der Mann geht an die Kasse, zahlt und holt sich sein ersteigertes Bargeld ab. „Schwer zu sagen, was das alles ist. Ich hatte auf US-Dollar gehofft, aber da ist wohl nichts drin“, sagt er, wühlt mit den Fingern zwischen Münzen und blättert durch kunterbunte Geldscheine. Er lächelt geheimnisvoll. „Kein Kommentar.“
Jacken und Mäntel im Zehnerpack
140 Uhren in Zehnerpacks in durchsichtigen Beuteln, 59 Brillen in zu je zehn bis zwölf Stück in Kartons und fünf Pakete mit je fünf oder sechs Smartphones sind ebenso dabei wie unzählige Regenschirme, von denen jeweils acht im Paket angeboten werden und Jacken und Mäntel im Zehnerpack. Funktionierende Flachfernseher bringen nicht viel. Ein 46-Zoll-Loewe Gerät verschwindet für 4 Euro im Kofferraum. Der neue Besitzer grinst. „Schnäppchen gemacht“, sagt er. Ein Grundig-Gerät findet für zwei Euro einen neuen Eigentümer.
„Was Leute alles verlieren und liegenlassen, ist schon merkwürdig. Ich würde mein Handy suchen“, bemerkt ein Mann, der „am liebsten Goldschmuck ersteigert, aber leider gibt es heute nichts davon“. Trotzdem schlägt er reichlich zu. Fünf Handys für 110 Euro, eine gefüllte Moschino-Handtasche, die „nicht echt ist“ für 35 Euro, sechs Uhren für 45 Euro und viel mehr. „Heute fehlen viele“, so der Mann halb froh, halb traurig. Er liebt es, in Bieterwettbewerbe einzusteigen. „So günstig ging es hier noch nie ab. Vor Corona gab es keine Handypakete unter 300 oder 400 Euro.“
Das Ordnungsamt hat den Termin kurzfristig anberaumt. „Auch ich habe es erst einen Tag vorher gesehen und habe alles stehen und liegengelassen, um herzukommen.“ Dass kein Goldschmuck dabei ist, liege daran, dass die Kostbarkeiten noch nicht ausgewertet sind. „Beim nächsten Mal oder online bei einer Zollauktion ist Schmuck dabei“, verspricht Veit.
Schmidt versteigert weiter. Eine Boje mit schwerem Anker, Deko-Samurai-Schwerter, Vorschlaghammer, randvolle Koffer, einen goldenen Füller und eine Briefmarkensammlung. Und ein weiteres kleines Überraschungspaket. Für 140 Euro gibt es einen Fahrradhelm. Schmidt feixt den Mann an, der keine Miene verzieht und plötzlich strahlt. Veit holt noch ein Markenfahrrad dazu und sagt lachend: „Es hat sich doch gelohnt.“