Die ungewisse Zukunft des Weihnachtsmarkt

Organisatoren bedauern fehlendes Engagement und das Ende einer Institution
Manches Kind hat große Augen gemacht. „Der Nikolaus kennt sogar den Linneplatz!“, haben manche gerufen, wenn Horst Tänzer auf der Bühne des Fechenheimer Weihnachtsmarktes die Geschichte vorlas, wie er von Lappland nach Fechenheim kam. Auch wenn sich die Kinder mit ihm fotografieren ließen - um für die Kasse des Weihnachtsmarkts zu sammeln - sprach er mit ihnen, was sie sich wünschen, wie ihr Jahr war. Tänzer nahm sich Zeit. Ob er noch einmal auf den Linneplatz kommen wird, ist so ungewiss wie die Zukunft des Weihnachtsmarktes selbst.
„Warum ist denn der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr so klein?“, wunderten sich Besucher sich Anfang Dezember. Statt auf dem Linneplatz standen diesmal nur wenige Büdchen auf dem Hof der Alten Freiligrathschule. Organisiert hatten den Sternschnuppenmarkt Fechenheimer Vereine wie die TSG, die Philharmonie oder der Karneval-Club „Die Hemdeklunkis“. Es gab zwar einen Weihnachtsmann aber keine große Bühne und auch keinen Handwerkermarkt. Ist der alte Weihnachtsmarkt, wie man ihn lange kannte, also für immer Geschichte?
Bekannt über den Stadtteil hinaus
Sabine Lauer gehörte zur Arbeitsgruppe Weihnachtsmarkt. Sie klingt nicht sonderlich optimistisch. „Das war ein Weihnachtsmarkt, der weit über Fechenheim hinaus wahrgenommen wurde.“ 14 000 aufwendig gestaltete Flyer mit dem Bühnenprogramm hatten die Organisatoren jedes Jahr in Frankfurt und dem Umland verteilt. „Die Menschen, die das bisher organisiert haben, schaffen das einfach nicht mehr.“ Einige seien krank geworden, andere sind zu alt, um auf Leitern herum zu klettern und schwere Teile von Holz-Hütten zu schleppen. Auch Horst Tänzer, der etwa für Christbäume und den Nikolaus zuständig war, sagt: „Man findet einfach niemanden mehr, der beim Aufbau hilft.“ Das war letztlich der Grund, warum das Organisations-Team den Weihnachtsmarkt in diesem Jahr absagen musste.
2012 hatte sich das Orga-Team für den Weihnachtsmarkt zum ersten Mal zusammengefunden. Neben Lauer und Tänzer gehörten unter anderem Jürgen Richter, Frank Rotte und Wolfgang und Marion Berger dazu. Ebenso Dagmar Tänzer, die sich um den Handwerkermarkt kümmerte, Hermann Altpaß vom Heimat- und Geschichtsverein und Laura Tänzer. Sie stand während des Marktes im Orga-Büdchen, verkaufte Glühwein und verteilte Informationen. Stets im Frühsommer begannen die regelmäßigen Treffen. Künstler, Bühne und Technik mussten gesucht und gebucht, Sponsoren angesprochen werden. „Rund 30 000 Euro brauchte es für einen Weihnachtsmarkt“, sagt Lauer.
An jedem Stand ein anderes Angebot
Ab November gab es dann wöchentlich mehrstündige Treffen. Die Vereine stimmten ab, was sie aufführen und was sie an ihren Ständen verkaufen wollten. „An jedem Stand sollte es etwas anderes geben“, sagt Tänzer. Intensiv wurde es dann zum Wochenende selbst. Donnerstagnachmittag begann der Aufbau. Die bei der Allessa eingelagerten Buden abholen und zusammenbauen, Weihnachtsbäume transportieren und schmücken, Kabel verlegen und und und. „Es ist Arbeit für 15 bis 20 Helfer“, sagt Lauer. Und die müssten sich dafür extra freinehmen, wenn sie noch arbeitstätig sind. Das gleiche gilt für den Montag nach dem Weihnachtsmarkt, wenn alles wieder abgebaut und gereinigt werden muss.
Gänzlich gibt Lauer die Hoffnung nicht auf. „Der Sternschnuppenmarkt wurde so genannt um zu markieren, dass das nicht der eigentliche Weihnachtsmarkt ist.“ Auch Tänzer wünscht sich, dass die Arbeit fortgeführt wird. „Es ist so viel Herzblut da hineingeflossen. Es wäre schade drum.“ Lauer spricht von einem „Wir-Gefühl“, das früher Menschen motiviert habe, etwas für den Stadtteil auf die Beine zustellen. „Heute bewegt das Wir-Gefühl kaum noch dazu, für andere zu arbeiten.“ Für ihren Verein opferten immer weniger Menschen Zeit und Kraft. Von einem Engagement für den Stadtteil ganz zu schweigen. Viele schätzten die Angebote, aber unterschätzten die Arbeit dahinter. „Eine Trägemasse ist schwer in Bewegung zu setzen.“ Friedrich Reinhardt