Dippemess: Standort-Karussell dreht sich

Schausteller-Chef warnt vor Umzug - Rebstock nicht geeignet
Noch ein bisschen mehr als zwei Monate. Dann öffnet die Dippemess zum ersten Mal in diesem Jahr. Die Adresse ist seit über 60 Jahren immer dieselbe: Festplatz am Ratsweg. Doch der wird jetzt infrage gestellt. Eine Machbarkeitsstudie, die von der Europäischen Zentralbank in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass der Festplatz als neuer Standort für die Europäische Schule geeignet wäre. Die Folge: Dippemess, Zirkus und 44 Kleingärten müssten sich eine neue Heimat suchen.
„Ich kenne Städte, in denen sich die Feste nach einem Umzug selbst nach 20 Jahren nicht erholt haben“, sagt Thomas Roie. Er ist Vorsitzender des Schaustellerverbandes Frankfurt Rhein-Main. Seine Familie hat mehrere Schaustellerbetriebe. Ab Ende März wird Roie selbst mit einem Stand drei Wochen auf der Dippemess vertreten sein. Der Familienverbund Roie insgesamt mit sechs.
Wichtige Einnahmequelle
„Neben dem Weihnachtsmarkt ist die Dippemess unsere wichtigste Einnahmequelle. Wenn die nur ein Mal ausfällt, müssen einige Betriebe um ihre Existenz bangen“, sagt Roie. Dementsprechend wäre das Schlimmste, was passieren könne, wenn erst nach Beginn des Baus der Europäischen Schule ein neuer Standort für die Dippemess gesucht werden würde und dadurch eine ausfällt. Wenn das passiert, fürchtet sich Roie auch um die Existenz von weiteren Festen: „Der Wäldchestag wäre in großer Gefahr. Wenn es die Schausteller finanziell nicht überleben, können sie auch nicht auf anderen Festen stehen.“ Insgesamt 120 Veranstaltungstage zählt der Kalender. Jeder einzelne Festtag sei sehr wichtig. Davon sind 24 Tage die Frühjahrs- und zehn Tage die Herbst-Dippemess. Zusammengerechnet ergibt das ein Viertel des Jahresumsatzes.
Dieser wirtschaftliche Erfolg ist auch dem 40 000 Quadratmeter großen Festplatz zu verdanken. Über 750 000 Frankfurter strömten im vergangenen Frühjahr auf die Dippemess. „Anschluss an eine Autobahn, öffentliche Verkehrsmittel, Strom- und Wasserversorgung und befestigte Wege für Gehbehinderte“ zählt Roie als die wichtigsten Faktoren für einen tauglichen Festplatz auf. Er sieht in Frankfurt im Moment keinen anderen Platz, der dieses Anforderungspaket erfüllt. „Man müsste Sportplätze schließen oder viele Kleingärten vernichten, um einen vergleichbaren Festplatz zu haben“, sagt Roie.
Auch der vorgeschlagene Messeparkplatz in der Nähe des Rebstocks als Festplatz sei noch nicht zu Ende gedacht. „Die Fläche ist zwar groß, aber wir müssten uns den Parkplatz teilen. Uns wurde schon gesagt, dass, wenn eine Messe ist, dieser Parkplatz benötigt wird. Dann würden Autoscooter neben Lkws stehen.“
Außerdem sei die Anbindung nicht gut. Nur eine Straßenbahnlinie fährt in die Nähe des Parkplatzes. Überfüllte Bahnen seien sicher. Auch der Ortsbeirat 2 (Bockenheim, Westend, Kuhwald) sträubt sich gegen diese Pläne. Der Rebstockpark sei kein Vergnügungsviertel, sondern ein Naherholungsgebiet.
Aufgrund der vielen entstehenden Probleme hofft Roie, dass die Europäische Schule einen anderen Standort findet. Im Moment steht sie mit ungefähr 1600 Schülern in der Nordweststadt. Weil die Zahl der Schüler in fünf bis sieben Jahren aber auf 2300 steigen soll, braucht die Schule ein neues Gebäude. Zum Umzug der Europäischen Zentralbank versprach die Stadt, bei der Suche eines geeigneten Standortes zu helfen. Ein anderer Vorschlag kam vom Vorsitzenden des Regionalverbands der Kleingärtner Oliver Lang, der auch den Festplatz erhalten will. Seine Idee war es, die Schule an den Kaiserlei-Kreisel zu verlegen, wo eine Multifunktionsarena geplant war. Doch dieses Areal misst nur rund viereinhalb und nicht die geforderten sechs Hektar.
Trotz allem wäre Roie gesprächsbereit. Egal, auf welches Gelände die Dippemess verlagert werden soll. „Wir können uns Scheuklappen nicht erlauben. Wenn die Stadt etwas vorschlägt, schauen wir uns das an.“ Sonst bestünde die Gefahr, übergangen zu werden. Nikolai Kuhnert