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So dreckig geht's der Nidda in Frankfurt

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Die Nidda in Berkersheim (Symbolbild). © Michael Faust

Die Nidda ist das Sorgenkind der Ökologen. Daran hat auch der Rückbau von Wehren wenig geändert. Noch immer setzen Sedimente und Schadstoffe der Wasserqualität und den im Fluss lebenden Organismen zu. Das Forschungsprojekt NiddaMan will bis Ende dieses Jahres Lösungen für nachhaltigen Gewässerschutz erarbeiten.

Jede Menge Schadstoffe hat die Nidda schon dabei, wenn sie Frankfurt bei Harheim erreicht. Einleitungen aus unzähligen Kläranlagen, Sedimenteintragungen von Äckern und Regenrückhaltebecken setzen ihr schon kurz nach der Quelle im Vogelsberg zu. Hinzu kommen massive Eingriffe an ihrem Lauf. Der einst munter mäandernde Fluss wurde, um Überschwemmungen und Hochwasser zu bannen, gnadenlos tiefer gelegt, begradigt, verkürzt und über viele Kilometer zu einem schnurgeraden Kanal ausgebaut. Dem Hochwasserschutz wurde noch bis in die 1960er-Jahre nahezu alles untergeordnet. Dass der Fluss mehr eine Kloake denn ein Fließgewässer und gleichsam tot war, nahm man in Kauf. Alles Geschichte. Heute ist man weiter. Den Rückbau des Höchster Wehrs hat sich die Stadt rund 3,5 Millionen Euro kosten lassen. Nicht allzu weit von der Wörthspitze, wo die Nidda in den Main fließt, gibt es nun Stromschnellen statt eines trutzigen Absperrwerks. Fische, so die Idee, könnten fortan vom Main in die Nidda aufsteigen. Kiesbänke könnten Laichgründe für Fische werden.

Fischbrut unmöglich

Mit dem Kies fangen aber die Sorgen der Ökologen schon an. „Feinsedimente aus Äckern und durch sonstige Einträge in den Fluss haben sich auf den Kies gelegt und machen das Kiesbett regelrecht dicht“, erklärt Oliver Schulz vom Institut für sozioökologische Forschung Frankfurt. „Fischbrut ist dadurch unmöglich.“

Schulz arbeitet mit am Verbundprojekt „Entwicklung eines nachhaltigen Wasserressourcen-Managements am Beispiel des Einzugsgebiets der Nidda“, kurz NiddaMan. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert NiddaMan mit 2,4 Millionen Euro. Zu den wichtigsten Forderungen, die das interdisziplinäre Forscherteam unter der Leitung des Biologen Prof. Jörg Oehlmann von der Frankfurter Goethe-Uni bislang herausgearbeitet hat, ist die Verbesserung der Kläranlagen, die in die Nidda einleiten. „Die vierte Reinigungsstufe ist im Sinne der Wasserqualität eigentlich unerlässlich“, bestätigt auch Oliver Schulz.

Dabei stehen nicht zwingend die großen Kläranlagen, sondern auch die kleinen, die zwar geringere Frachten, aber hohe Stoffkonzentrationen im Gewässer verursachen, im Fokus.

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Auch nach Abschluss von NiddaMan können Bürger weiterhin ihre Beobachtungen zur Tier- und Pflanzenwelt im Einzugsgebiet der Nidda in die Wissenskarte NiddaLand eintragen. Man kann sie auch als App auf sein Handy laden. © Schulz

Insbesondere in den niederschlagsarmen Sommermonaten sei der Anteil an gereinigtem Abwasser in der Nidda hoch, betrage nicht selten 50 Prozent. „Auch deshalb werden, allen wasserbehördlichen Bemühungen zum Trotz, die Qualitätskriterien der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht eingehalten“, stellt Prof. Jörg Oehlmann, Leiter von NiddaMan und der Abteilung Aquatische Ökotoxikologie der Uni, nüchtern fest.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bestehende Grenzwerte aquatische Lebensgemeinschaften nur unzureichend schützen. Bereits ab einem Anteil von etwa 12 Prozent an konventionell gereinigtem Abwasser ändert sich die Zusammensetzung der Arten im Fließgewässer. Hinzu kommen die Einleitungen aus Mischwassereinleitungen, die dazu führen, dass bei starkem Regen nicht gereinigtes Abwasser in die Gewässer gelangt. Deren Auswirkungen sind noch wenig untersucht.

Schlechte Qualität

Obwohl Fische, im Gegensatz zu vielen Kleinstlebewesen wie Krebsen und Schnecken, mobil sind und im Prinzip stark verunreinigte Gewässerabschnitte meiden können, leiden auch sie unter der schlechten Wasserqualität. Gewebeuntersuchungen der NiddaMan-Experten konnten krankhafte Veränderungen der Leber nachweisen, die zwar nicht direkt zum Tod der Fische führen, aber ihre Fitness und damit die Fortpflanzung beeinträchtigen. Das Fehlen gewässertypischer Fischarten, das bereits im Oberlauf der Nidda zu beklagen sei, sehen die Forscher als Indiz dafür, dass es den Fischen an Kraftreserven für die Fortpflanzung fehlt.

Das Forscherteam fand frühere Beobachtungen bestätigt, dass von Gewässerrenaturierungen, die bisher als der Königsweg zum guten ökologischen Zustand galten, oft nur in Ufernähe lebende Organismen profitieren, kaum jedoch die im Gewässer selbst lebenden Wasserpflanzen, Fische und vor allem Wirbellose. „Der Wille zur Veränderung ist da, doch häufig fehlt es bei den verantwortlichen Stellen an finanziellen und personellen Ressourcen, um Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität schnell und zielgerichtet umzusetzen“, fasst Oliver Schulz die Recherchen seines Instituts zusammen. Oftmals gebe es zudem Akzeptanzprobleme bei den Betroffenen, besonders dann, wenn Maßnahmen bestehende Nutzungsansprüche einschränken, zum Beispiel von Flächen am Gewässer. Lösungen indessen müssten alle gemeinsam tragen.

Weitere Informationen zum Projekt NiddaMan gibt es im Internet unter www.niddaman.de.

von Sylvia A. Menzdorf

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