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Die Drei von der „Prager Botschaft“

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Ein Trio gibt tschechisch Gas: Kamil Hartmann, Martin Razim und Linda Guziurova von der ?Prager Botschaft?.
Ein Trio gibt tschechisch Gas: Kamil Hartmann, Martin Razim und Linda Guziurova von der ?Prager Botschaft?. © Holger Menzel

„Liebe Landsleute“, begann Hans-Dietrich Genscher am 30. September 1989 auf dem Balkon der Prager Botschaft. „Wir sind zu Ihnen gekommen“, so der damalige Bundesaußenminister weiter, „um Ihnen mitzuteilen,

„Liebe Landsleute“, begann Hans-Dietrich Genscher am 30. September 1989 auf dem Balkon der Prager Botschaft. „Wir sind zu Ihnen gekommen“, so der damalige Bundesaußenminister weiter, „um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …“ Weiter kam er nicht, denn wie jeder weiß, ist der Rest seiner Worte im Trubel untergegangen.

Diesem bewegenden Ereignis haben drei Freunde aus Tschechien ein gastronomisches Denkmal gesetzt – und zwar mit Eröffnung der „Prager Botschaft “ in Bornheim. Bei dem Trio handelt es sich um Kamil Hartmann, Martin Razim und Linda Guziurova. Letztere war auch die treibende Kraft hinter dem ersten gemeinsamen Projekt: „Wir haben uns im ’Gambrinus am Eck’ kennengelernt, sind jetzt schon seit zehn Jahren befreundet. Kamil und Martin haben dort gekocht, durften aber nicht zeigen, was sie wirklich können.“ Also sei die Idee entstanden, zu dritt als Existenzgründer in die Gastrobranche einzusteigen. Den Businessplan hatte die studierte Diplomkauffrau schnell geschrieben. Und das geeignete Lokal ließ auch nicht lange auf sich warten.

In den Räumen, die bis Ende Juni das „Wolfgangs“ beherbergten, hat sich einiges geändert, während anderes geblieben ist. Die Tische und Bänke aus rustikalem Holz stammen genauso vom Vorgänger wie die Lampen mit ihren leuchtend gelben Schirmen. Neu sind die durchweg weiß gestrichenen Wände: „Wir wollten das Restaurant heller und freundlicher gestalten“, sagt Guziurova. Mit großen Fotografien von der Prager Botschaft und den DDR-Flüchtlingen davor, erinnern die Gastronomen an den Spätsommer, der einen Meilenstein in der tschechischen und deutschen Geschichte bildet.

Passend dazu präsentiert die Speisekarte traditionelle Gerichte aus beiden Ländern. Die tschechischen Spezialitäten überwiegen allerdings und zeigen, wie vielfältig das kulinarische Angebot in der Heimat der Betreiber ist. „Bei Tschechien denken die meisten an eine üppige fleischlastige Küche. Zu unserer Esskultur gehört aber auch Vegetarisches. Allerdings ist das heutzutage etwas in Vergessenheit geraten“, so die Gastronomin. Das gelte freilich nicht für ihre Geschäftspartner – zwei gelernte Köche, die über mehr als 20-jährige Berufserfahrung verfügten.

Die cremige Suppe aus Lauch und Fenchel, verfeinert mit gerösteten Zwiebelstreifen, ist eine aromatische Kostprobe ihrer Fähigkeiten (3,90 Euro). Rote Pfefferkörner geben der Vorspeise zusätzlichen Schmackes. Außerdem lohnt es sich, den Prager Schinken zu probieren, der Guziurova zufolge aus Michael Spahns gleichnamiger Biometzgerei in der Berger Straße kommt (8,90 Euro). Röstbrot, würziges Apfel-Chutney mit Zimtnote und Meerrettich, so frisch und scharf, dass er kurz nach Luft schnappen lässt, sind perfekte Begleiter. Dieses Niveau können die Köche auch bei den Hauptgerichten halten: zwei Heringsfilets mit Salzkartoffeln sowie einer leichten Sauce aus Roter Bete und Joghurt (10,90 Euro). Das Pilsener Rindergulasch, zartes Fleisch in würziger Sauce, ist ein weiterer herzhafter Botschafter der tschechischen Küche (12,90 Euro). Die ebenfalls servierten Böhmischen Knödel bestehen aus fluffigem Hefeteig, der über Dampf gegart wird und keinen intensiven Eigengeschmack hat. Dafür saugt er sich aber schön mit der Sauce voll.

Doch die drei von der „Prager Botschaft“ wollen ihre Gäste nicht nur mit Gerichten, sondern auch mit Getränken aus Tschechien vertraut machen. Das Angebot umfasst Bier, Wein und Hochprozentiges. Gerstensaft-Fans beispielsweise können das Pilsener Urquell bestellen (0,3 l, 2,90 Euro). „Dabei handelt es sich um das berühmte Bier aus dem böhmischen Pilsen“, erklärt Guziurova. „Es wurde 1842 erstmals nach Pilsener Brauart produziert.“ Mit 4,4 Prozent hat es weniger Umdrehungen als vergleichbare deutsche Biere. Das macht der Marillenbrand von Fleret schnell wieder wett: Der Obstler hat 50 Prozent Alkohol und erinnert Schluck für Schluck an reife Früchte (2 cl, 3,50 Euro). Doch wie schon die Speisekarte mit ihrem Frankfurter Schnitzel bietet auch die Getränkekarte regionale Spezialitäten– nämlich ein Stöffche von Heil (0,25 l, 2,10 Euro). Damit schmeckt die Wiedervereinigung noch mal so gut.

Prager Botschaft

Bornheim, Im Prüfling 28, Tel. 069 67864548, , Öffnungszeiten: Mo–Do 10–23, Fr 10–1, Sa 11.30–1, So 11.30–22 Uhr, Sitzplätze: 70 innen/80 außen, Küche: tschechisch-deutsch

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