Drohender Brotfabrik-Verkauf schreckt Politik in Frankfurt auf

Dem Kulturzentrum Brotfabrik in Frankfurt droht das Aus. Das schreckt die Politik auf – und die hat schon Idee für eine Rettung.
Frankfurt – Der drohende Verkauf der Brotfabrik zieht immer weitere Kreise, mittlerweile hat er sogar den Frankfurter Römer erreicht – und die Politik dort nach dem Bericht dieser Zeitung Ende vergangener Woche in sofortigen Alarmzustand versetzt.
Im Planungsdezernat von Mike Josef (SPD) wurde deshalb damit begonnen „zu prüfen, ob wir planerische oder verwaltungsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten haben“, erklärt Josefs Sprecher Mark Gellert. „Die Brotfabrik ist eine kulturelle Institution von überregionaler Bedeutung.“
Frankfurt reagiert auf drohenden Brotfabrik-Verkauf: „Aus der Zeitung davon erfahren“
Für die Verwaltung sei das Problem völlig überraschend aufgetaucht. „Wir haben aus der Zeitung davon erfahren“, räumt Gellert ein. Ebenso seien das Kulturressort von Dezernentin Ina Hartwig und das Immobiliendezernat von Sylvia Weber (beide SPD) bei der Suche nach Lösungen eingebunden. So fördert die Stadt die seit 40 Jahren bestehende Kulturinstitution mit jährlich 140.000 Euro.
Eine Unterstützung, über die sich der Trägerverein „Brotfabrik Hausen“, zu dem sich acht Mieter des historischen Backsteingebäudes zusammen geschlossen haben, freilich freut. Weil es genau das ist, was man sich dort erhofft hat. Nachdem die erste Idee, die Brotfabrik selber zu kaufen, sich recht schnell zerschlug. „Vielleicht ist es möglich, dass die Stadt ein Vorkaufsrecht erhält und die Brotfabrik in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben kann“, sagte Vorstandsmitglied Antje te Brake, zugleich auch Geschäftsführerin des „Kulturprojektes 21“.
Brotfabrik in Frankfurt-Hausen: Verkaufspläne kommen völlig überraschend
Ende vergangenen Jahres war der Verein über den drohenden Verkauf und recht weit fortgeschrittene Planungen von der Eigentümerin informiert worden. Völlig überraschend, sagte te Brake. Zumal der Mietvertrag noch für drei Jahre bestehe, inklusive einer Option, diesen für weitere zehn Jahre zu verlängern. Was sich allerdings mit den Plänen des Investors nicht vereinbaren lasse.

„Die Brotfabrik soll abgerissen und auf dem Gelände Wohnungen gebaut werden“, sagte te Brake. Und: Es existiere bereits ein Vorvertrag zum Verkauf des 1500 Quadratmeter großen Geländes, wo bis 1972 Brot gebacken wurde und in den 80er-Jahren die Kultur einzog.
Es sind gleich mehrere Existenzen, die bedroht sind. In dem alten Industriegelände in Frankfurt-Hausen finden Konzerte und Lesungen im großen Veranstaltungssaal statt; ein Theater, eine Tanzschule, ein Restaurant und eine Bar, diverse psychotherapeutische Praxen, eine Rechtsanwaltskanzlei und einiges mehr sind hier aktiv. Auch einer Gruppe von Studenten, die in einer Wohngemeinschaft leben, bietet die Brotfabrik seit vielen Jahren eine Heimat. Das alles ist damit in Gefahr. Zudem wird das „Kulturprojekt 21“ sowohl vom Kulturdezernat der Stadt, als vom Land finanziell unterstützt.
Brotfabrik in Frankfurt: Der Verein will gegen den Verkauf kämpfen
Mit einem Schreiben hat der Brotfabrik-Verein nun deutlich gemacht, dass er sich keinesfalls wehrlos ergeben wird. Im Gegenteil, der Verein möchte kämpfen. Für das, was er in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Gelände geschaffen hat. Unterstützer gibt es viele. Das zeigen die Kommentare auf dem über 300 Mal geteilten Schreiben auf der Seite der Brotfabrik auf Facebook.
„Eine der kleinen Bühnen der Stadt, wo auch jenseits des Mainstreams tolle Konzerte stattfinden“, „Das wäre so traurig, wenn solch ein toller Ort sterben sollte. Die Brotfabrik ist durch nichts zu ersetzen“ oder „Undenkbar ohne die tollste Disco für musikalische und tänzerische Fünfzig-, Sechzig- oder Siebzigjährigen. Eine Institution“ sind nur einige der zahlreichen Kommentare.
Da ist es kaum verwunderlich, dass die Regierungskoalition im Römer ebenso aufgeschreckt ist. „Wir müssen die Brotfabrik unbedingt erhalten“, sagt Julia Frank, Vorstandssprecherin der Grünen, die die Koalition mit SPD, FDP und Volt anführen. Die Brotfabrik sei nicht nur eine Kulturinstitution, sondern „sie bringt auch Leben ins Quartier“. Das sei wichtig, da vielerorts in dörflichen Stadtteilen die Anziehungspunkte und Dienstleistungsangebote derzeit weniger würden, betont Frank. Ein Erhalt sei auch deshalb wichtig, weil sich der Trägerverein „mit ganz viel Liebe“ engagiere.
Brotfabrik Frankfurt-Hausen: Kein Milieuschutz, aber vielleicht eine andere Möglichkeit
„Wir prüfen jetzt alle Möglichkeiten“, kündigt die Grünen-Chefin an. Das Brotfabrik-Gelände gehört zum Gebiet der seit 2003 geltenden Erhaltungssatzung für den Hausener Ortskern. Anders als in der Innenstadt zielt diese hier aber nicht auf Milieuschutz, sondern auf die „städtebauliche, insbesondere geschichtliche oder künstlerische Bedeutung“ des Ortsbildes. Darüber hat die Stadt nun womöglich einen Hebel: Sie muss eine Nutzungsänderung nämlich erst genehmigen. Tut sie das nicht, hat die Eigentümerin Anspruch darauf, dass die Stadt die Immobilie kauft statt des Kaufinteressenten.
Man wolle nun direkten Kontakt mit der Eigentümerin aufnehmen „und hoffen, dass sie auch mit uns spricht“, sagt Julia Frank. Wie die Brotfabrik erhalten werden könne, dafür gebe es „ganz unterschiedliche Überlegungen“. Sofern die Eigentümerin zu einem Verkauf an die Stadt bereit sei, sei beispielsweise denkbar, dass die öffentliche Hand die Brotfabrik „in ihre Liegenschaften aufnimmt“, sagt Frank. Also, dass sie die Immobilie direkt selbst kauft.
Wer sich für den Erhalt der Brotfabrik einsetzen möchte, kann dies mit einer E-Mail an erhalt@brotfabrik.de tun. Darin sollte geschildert werden, was man mit der Brotfabrik in Frankfurt-Hausen verbindet und warum sie erhalten bleiben soll. (Judith Dietermann und Dennis Pfeiffer-Goldmann)
Wie viele andere Kultureinrichtungen litt auch die Hausener Brotfabrik unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Im vergangenen Sommer brachte die Brotfabrik, zusammen mit dem Zoom Club Frankfurt und Markus Gardian Booking dann die Live-Kultur zurück nach Frankfurt.