Ein liebevoller Blick auf die Häuser der Stadt

Christa Fajen hat 57 Gebäude porträtiert, 43 weitere sollen folgen
Eigentlich ist das Projekt der „100 Häuser Frankfurts“ von Christa Fajen eines, dessen Idee auf die Zeit der Corona-Pandemie zurückgeht. Ein Langzeitprojekt, das längst noch nicht abgeschlossen ist, denn noch 43 Häuser sind nötig, um die 100 rund zu bekommen. Fajen ist keine Architektin, die Gebäude plant, sondern eine Zeichnerin, die bestehende Häuser mit Zeichenstift und Aquarellfarben malerisch einfängt. Dabei geht es ihr um die ganz persönliche Geschichte, die die von ihr gezeichneten Gebäude zu erzählen haben. Nicht darum, wie sie selbst sagt, die ausgewählten Häuser architektonisch so realitätsgetreu wie möglich auf dem Papier wiederzugeben.
Es sei ihr wichtig, das Gefühl, die Atmosphäre und die Energie einzufangen, die von den von ihr gezeichneten Häusern ausgingen. „Ähnlich wie bei einem Porträt, für das man den Blick auch auf die innere Stimmung des Porträtierten richtet“, sagt sie. „Das, was man am Ende in meinen Zeichnungen sieht, sind meine ganz persönlichen Assoziationen zu den Häusern, sozusagen individuelle Haus-Porträts.“ Die Idee zum Projekt sei ganz nebenbei beim Fahrradfahren durch die Stadt entstanden.
An diesem Abend steht Fajen in der „WeinSocietät Frankfurt“ im Hinterhaus der Leipziger Straße 42 in Bockenheim und begrüßt Freunde und Gäste, die zur Eröffnung ihrer dortigen Ausstellung vorbeischauen. Ihre Zeichnungen waren bereits im Historischen Museum als Teil der dortigen Stadt-Labor-Ausstellung „Stadt-Blicke als eine subjektive Frankfurt-Kartographie“ zu sehen und im Café Größenwahn im Nordend. Dort sei auch der Mitinhaber der WeinSocietät Frank Weinert bei einem Besuch auf die Bilder aufmerksam geworden und die aktuelle Ausstellung zustande gekommen, erzählt sie.
Zu Zeichnen gehört zum Alltag von Christa Fajen, die visuelle Kommunikation in Pforzheim studiert hat und seit 2008 in der Mainmetropole lebt. Das Zeichnen ist ihr Beruf. Sie macht „graphic recording“, das heißt sie überträgt zum Beispiel bei Veranstaltungen wie größeren Konferenzen, das, was dort gesagt und getan wird, simultan in Zeichnungen und dokumentiert so auf visueller Ebene den Ablauf. Ihr Projekt der „100 Häuser Frankfurts“ ist demgegenüber eines, das sie außerhalb ihres beruflichen Alltags angeht und für das sie die Frankfurter mit einbezieht - über die Sozialen Medien und über ihre Internetseite, die sie eigens hierfür angelegt hat. Dort können Nutzer Vorschläge abgegeben, welche Häuser noch Teil ihres Projektes werden sollen. „Es gibt Vorschläge, die gemacht werden, weil Menschen mit einem bestimmten Haus auch ganz persönliche Kindheitserinnerungen verbinden“, sagt Fajen.
Unter den bereits 57 Gebäuden, die sie zeichnerisch dargestellt hat, befinden sich daher auch private Häuser. Überwiegend aber sind es markante Architekturen, die für die Mainmetropole von zentraler Bedeutung sind, weil sie zur Stadtgeschichte gehören, wie die Paulskirche in der Innenstadt, die Festhalle an der Messe, aber auch das Gebäude der früheren Adlerwerke im Gallus. Dass es dort mitten in der Stadt in der Zeit des Nationalsozialismus ein Konzentrationslager gegeben habe, das habe sie auch erst in der Auseinandersetzung mit dem Gebäude erfahren, sagt Fajen.
In ihrem Skizzenbuch, das sie zur Ausstellungseröffnung mitgebracht hat, zeigt sie ihre Darstellung der Adlerwerke. Auf dem Blatt daneben ist der historische Bau des früheren St. Marienkrankenhauses im Nordend zu sehen. Es sind die Bilder Nummer 35 und 36, die Fajen für ihr Projekt gezeichnet hat. Weitere leere Skizzenblätter warten noch darauf, gefüllt zu werden. In der Schau selbst sind diese beiden Bilder von ihr nicht zu sehen, dafür aber beispielsweise das Steinerne Haus in der Altstadt oder das Maurische Haus am Anlagenring im Nordend.
Einige ihrer Zeichnungen hat Fajen auf Leinwand vergrößern und wie ein Gemälde auf einen Keilrahmen aufziehen lassen, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden. Dazu zählen etwa ihre Darstellungen von Hauptbahnhof und vom Schauspielhaus Frankfurt. Alle bereits für das Projekt realisierten Häuser können zudem auf ihrer Webseite unter www.100haeuserfrankfurt.de angeschaut werden. Dort können auch Vorschläge gemacht werden, welche Gebäude noch mit aufgenommen werden sollen.
Alexandra Flieth
Die Ausstellung
Die Ausstellung kann zu den Öffnungszeiten der „WeinSocietät Frankfurt“, Leipziger Straße 42, montags bis mittwochs von 14 bis 20 Uhr, donnerstags und freitags von 11 bis 20 Uhr sowie samstags von 10 bis 16 Uhr angeschaut werden.