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Ein Stadtteil katapultiert sich zurück ins Mittelalter - und feiert fröhlich und zünftig

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Zu einem Mittelaltermarkt gehört freilich auch ein Spielmannszug - so auch zu Nieder-Eschbachs 1250. Geburtstag.
Zu einem Mittelaltermarkt gehört freilich auch ein Spielmannszug - so auch zu Nieder-Eschbachs 1250. Geburtstag. © Rüffer

Beim Fest zum 1250. Jubiläum ging’s hoch her rund um die 30 Stände des Mittelaltermarkts.

Im Jahr 772 fand Nieder-Eschbach erstmals urkundliche Erwähnung, „zu einer Zeit, als der spätere Kaiser Karl der Große selbst noch nur ein König war“, erzählt es Michael Paul bei einem Rundgang über den auf zwei Tage angesetzten Mittelaltermarkt, der am Wochenende auf einer ungenutzten Wiese im Stadtteil Halt gemacht hat. 1250 Jahre liegt dies nun schon zurück und das Jubiläum wird gleich mit mehreren Veranstaltungen über das Jahr verteilt gefeiert. Michael Paul ist für die Grünen Mitglied im Ortsbeirat 15 und engagiert sich im Verein „1250 Jahre Nieder-Eschbach“, dessen Mitglieder die Feierlichkeiten organisieren. Dazu gehört auch der Mittelaltermarkt, mit dem ein wenig an die Ersterwähnung Nieder-Eschbachs erinnert werden soll. Denn das fiel in die frühe Zeit dieser Epoche.

Michael Paul hat die Realisierung des Marktes federführend übernommen, dessen Planungen bereits vor einigen Monaten starteten. Für die Umsetzung hat das Organisationsteam einen Profi engagiert: Sylvia Gottschild, die seit 20 Jahren Märkte, Feste und andere Ereignisse eingebettet im historischen Gewand möglich macht - nicht nur aus der Zeit des Mittelalters. Sie steht selbst mit einem Stand auf der Wiese und bietet Kindern an, sich ein Freundschaftsarmband aus Stickgarn und Perlen anzufertigen. Für die Umsetzung bedarf es einer Technik, die ans Weben erinnert. „Wir bringen den Kindern damit auf spielerische Art und Weise bei, selbst etwas mit den Händen und ein wenig Zeit zu schaffen“, sagt sie. Dazu gehört ein paar Stände weiter etwa auch das Schreiben mit Tinte und Feder.

Insgesamt 25 Stände umfasst der Mittelaltermarkt - neben den Möglichkeiten, kreativ zu sein, auch Fahrgeschäfte wie ein von Hand betriebenes Riesenrad aus Holz, Angebote mit frisch zubereitetem Essen oder Met in verschiedenen Sorten, einem einst beliebten Getränk. Es gibt außerdem Möglichkeiten, Gewänder im Stil des Mittelalters zu erwerben oder sich beim Bogenschießen zu messen. Ob es vor 1250 Jahren tatsächlich so friedvoll, fast schon romantisch auf Veranstaltungen dieser Art zugegangen ist, bleibt aber fraglich. Für die Fans dieser Epoche aber ist der Markt eine Gelegenheit, ihre Begeisterung für das Mittelalter für einige Stunden zu leben.

So wie für Marian Mudrich und Christoph Orio, die vor der Taverne stehen und noch auf Freunde warten. Mudrich hat sich etwas zum Trinken geholt - kein Met, dafür aber rote Fassbrause. Christoph Orio hat, als mittelalterlicher Söldner kostümiert, an seinem Gürtel sogar ein Horn befestigt, das ebenfalls als Trinkgefäß genutzt werden kann. Mudrich schlüpft mit seiner Bekleidung in die Rolle eines Barden und hat sogar eine Okarina in der Tasche - das ist eine sogenannte Gefäßflöte. Für die beiden Männer ist die Reise „ins Mittelalter“ eine Form der Entschleunigung, durch die sie für einen Augenblick aus dem heutigen, sehr technisierten Alltag ausbrechen können. Beide begeistern sich für die Epoche bereits seit ihrer Kindheit, wie sie erzählen. „Und es gibt viele Mittelaltermärkte, die man besuchen kann“, wissen sie.

So wie die zwei Männer flanieren an diesem Nachmittag viele Leute kostümiert über die Wiese unweit eines Weges, der am Ende der Deuil-La-Barre-Straße in Höhe des Kreisels zur Homburger Landstraße abgeht. Auf dem Kreisel wurde zum Start des Mittelaltermarktes ein Lindenbaum gepflanzt, mit dem die seit 55 Jahren bestehende Städtepartnerschaft zwischen Nieder-Eschbach und Deuil-La-Barre, einer kleinen französischen Stadt, die nur wenige Kilometer entfernt von Paris liegt, gefeiert werden soll. Muriel Scolan, Bürgermeisterin von Deuil-La-Barre, ist hierfür eigens mit einer kleinen Delegation in den heutigen Stadtteil Frankfurts gekommen. Als die Städtepartnerschaft im Jahr 1967 geschlossen wurde, war Nieder-Eschbach noch nicht in Frankfurt eingemeindet. Das passierte erst fünf Jahre später im Jahr 1972. Die Freundschaft und vor allem den Austausch zwischen ihrer Stadt und Nieder-Eschbach zu fördern, ist der französischen Bürgermeisterin ein großes Anliegen, wie sie es selbst bei einem Rundgang über den Mittelaltermarkt erzählt. Auch, dass dies nicht ihr erster Besuch in Nieder-Eschbach sei. Während die Delegation sich alles ganz genau anschaut, strömen immer mehr Besucher auf die Wiese und erfreuen sich nicht nur an den Ständen, sondern auch an den musikalischen Beiträgen, die live und natürlich ganz im Musikstil des Mittelalters vorgetragen werden.

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