„Frustrierend“: Langsam zerbröckelt ein Stück Frankfurter Stadtgeschichte

Eine Lösung für die historische Sandsteinmauer am Fährmannhäuschen scheint weiter fern. Das führt zu deutlicher Kritik.
Frankfurt – Die Sandsteinmauer am Fährmannshäuschen ist in Gefahr. Im Aufgang zum Schlossplatz, zwischen Maintor und Zollturm, haben Wurzeln Steinquader herausgedrückt; die Mauer des Fährmannshäuschens ist dringend reparaturbedürftig und inzwischen seit März 2021 auch politisches Thema. Allerdings ist auch zu beobachten, dass die andere Seite – die Sandsteinmauer mit dem gotischen Fries und dem Wappen Diether von Ysenburgs – ebenfalls vom Wurzelwerk in Mitleidenschaft gezogen wird. Obwohl dieser Mauerabschnitt das letzte Mal 2015 restauriert worden ist, klaffen große Löcher in den Fugen; Sandsteinbrocken sind herausgebrochen, es gibt Risse.
Der Sandstein ist das Problem: Sandstein ist ein Sedimentgestein und wächst in Schichten. Bei der Verwitterung lösen sich die weicheren Schichten auf und werden ausgeschwemmt. Durch die entstehenden Lücken wächst Wurzelwerk. Die Mauer steht - wie das ganze Ensemble mit Schloss, Maintor, Zollturm, Fährmannshäuschen oder Ochsenturm - unter Denkmalschutz.
Historische Stadtmauer in Frankfurt: Das Ensemble steht unter Denkmalschutz
Ein Naturdenkmal ist hingegen die Platane im engen Gärtchen des Fährmannshauses: Mehr als 180 Jahre alt, wie Spezialisten behaupten, etwa 21 Meter hoch, Kronendurchmesser 25 Meter, Stammumfang etwa 3 Meter: „Ortsbildprägend“ sei der Baum, heißt es in der Liste der Frankfurter Naturdenkmäler; die Wuchsform sei recht bizarr, weil der Stamm einen starken Knick hat.
Zu hören ist nun, wenn auch nicht offiziell, dass Denkmal- und Naturschützer sich für die Abgrenzung am Aufgang zum Schlossplatz auf eine „flexible Mauer“ geeinigt haben, die dem Druck der Wurzeln nachgibt und sich nach außen drücken lässt, ohne zu bersten. Für die Mainseite taugt eine solche Lösung aber nicht - gingen das Fries und das historische Wappen zu Bruch, wären sie unwiederbringlich verloren. Diether von Ysenburg-Büdingen (1412-1482) war zweimal Erzbischof von Mainz und maßgeblich an der Mainzer Stiftsfehde beteiligt. Als Mainzer Erzbischof war er auch Kurfürst und Erzkanzler für Deutschland.
Schon vor über einem Jahr erklärte die Stadt auf Anfrage des Ortsbeirates 6 (Frankfurter Westen) vage, die Sanierung der Einfriedungsmauer werde „aktuell vorangetrieben, um das Erscheinungsbild zu verbessern“. Doch auf die Bitte, den aktuellen Stand zu nennen, mauert das Umweltamt. „Bevor eine offizielle Beantwortung dieses Antrags, bzw. dieses Auskunftsersuchens durch den Magistrat an den Ortsbeirat 6 erfolgt ist, können wir leider keine Informationen zum aktuellen Sachstand geben“, erklärt Lea Kreher von der Behörde.
Frust über Zustand der historischen Sandsteinmauer am Fährmannhäuschen in Frankfurt
Ebenso wenig will sich das Amt zur Zukunft des Fährmannshäuschens äußern. Hier hatte der Magistrat damals erklärt, eine ganzheitliche Betrachtung sei abgeschlossen und die bauhistorischen Untersuchungen liefen. Für den Sommer 2022 war eine Studie mit Kostenschätzung angekündigt worden. Darauf wartet der Ortsbeirat 6 bis heute vergeblich.
„Frustrierend“ nennt das Ortsvorsteherin Susanne Serke (CDU). Schon vor Jahren habe der Ortsbeirat darauf hingewiesen, dass die Stadtmauer und, damit verbunden, das Fährmannshaus dringend sanierungsbedürftig seien. Für sie stelle sich die Frage, „welche Bedeutung die Stadt diesen historischen Plätzen und Gebäuden in Höchst wirklich beimisst“.
Deutliche Worte findet auch Frank Mayer, Vorsitzender des Höchster Vereins für Geschichte und Altertumskunde. Er sieht in der Stadtmauer ein Sinnbild dafür, wie wenig die Stadt die westlichen Stadtteile interessiert. Da helfe auch nicht, dass im momentanen Oberbürgermeister-Wahlkampf „im Westen mehrere Politiker gesichtet wurden, die hier sonst nie zu sehen sind“, stellt Mayer fest. (Michael Forst, Holger Vonhof)