Ein Zentrum von Nachbarn für Nachbarn

Ehemaliges Gemeindezentrum wird umgebaut - Auch Wohnungen geplant
Sabine Rohner und Oliver Wittich sind am Ziel. Sie stehen am geöffneten Eingangstor des ehemaligen Gemeindezentrums in der Kollwitzstraße, vor dem Gelände mit den beiden Gebäuden: dem Pavillon- und dem Backsteinbau, welche seit einigen Jahren nicht mehr genutzt werden. Der Evangelische Regionalverband hat das Areal aufgegeben und den Mittelpunkt der Gemeinde nach Hausen verlagert.
Leerstand hat ein Ende
Doch mit dem Leerstand ist jetzt Schluss. Dank des unermüdlichen Einsatzes von Rohner, Beckus Beckmann und Wittich, die mit ihrer Initiative SoMeNa, die alten Räume wieder mit Leben füllen wollen. Wenn alles rund läuft, könnte es bereits im Sommer die ersten Angebote im sozialen Nachbarschaftszentrum geben, sagen sie. An einem Ort der Begegnung, nach dem sich die Siedlung seit vielen Jahren verzehrt. Aber bislang trotzdem nichts passiert ist. Bis eben Rohner, Beckmann und Wittich es anpackten. „Die Menschen in Westhausen haben nicht mehr an Veränderungen geglaubt. Wir haben es in die Hand genommen, es zu unserer Aufgabe gemacht“, sagen sie.
Der Erfolg gibt ihnen Recht. Westhausen bekommt endlich sein Nachbarschaftszentrum im Pavillon. Dort, wo einst die Pfarrwohnung und die Bibliothek untergebracht waren, werden in Trockenbauweise vier Wohnungen errichtet. Hier sollen übergangsweise schutzsuchende Familien untergebracht werden, bis sie eine dauerhafte Wohnung gefunden haben. Frühestens 2024 könnten diese bezogen werden, heißt es aus dem Sozialdezernat.
„Diese Schnittmenge ist ein Glücksfall für die Finanzierung“, sagt Oliver Wittich. Allein durch die Initiative sei solch ein Nachbarschaftszentrum nicht stemmbar. Ist es doch schon jetzt unglaublich viel private Zeit, die die Initiatoren in das Herzens-Projekt stecken. Ehrenamtlich, versteht sich. Um die bauliche Planung des Pavillons kümmert sich derweil die Konversions- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft.
Möglich ist dieses Projekt, weil die Stadt das Grundstück gekauft hat und sich von der einst angebrachten Idee, auf dem Areal vielleicht eine Kita oder gar eine Grundschule zu realisieren, abbringen ließ. Bedingt durch den Gegenwind der Initiative SoMeNa als auch des Ortsbeirats 7. „Wir haben nebenbei bemerkt, dass überall Erzieher fehlen. Würden zuerst die leeren Posten besetzt werden, könnten zusätzliche Betreuungsplätze in den vorhandenen Einrichtungen angeboten werden. Neues Kitas zu bauen würde in der momentanen Situation nicht helfen“, berichtet Wittich. Vor allem nicht in einem Stadtteil wie Westhausen, der durch drei Schulen und drei Kinderbildungseinrichtungen ohnehin schon verkehrlich stark belastet ist. Starke Argumente, welche die Stadt überzeugten - Kita und Schule sind vom Tisch. Oliver Wittich hat übrigens eine ganz besondere, eine fast schon persönliche Beziehung zum Grundstück in der Kollwitzstraße. Er besuchte nicht nur den Kindergarten nebenan, sondern heiratete auch dort und pflegt seit einigen Jahren die Grünflächen auf dem Areal. Sabine Rohner und Ehemann Beckus Beckmann hingegen sind erst vor einigen Jahren nach Westhausen gezogen, aber nicht weniger engagiert. So waren sie bei der Entstehung des Nachbarschaftstreffs „nebenan“, Westring 6, in Kooperation mit dem Quartiersmanagement aktiv dabei, unterstützten tatkräftig, wo sie konnten. Dabei wurde schnell deutlich, dass der Bedarf nach einem Treffpunkt in der Siedlung sehr groß ist, die Räumlichkeiten im Westring aber viel zu klein sind.
Als Rohner und Beckmann Oliver Wittich kennenlernten, merkten sie schnell, dass sie die gleichen Ziele und Ideale teilen. Die logische Konsequenz: Sie schlossen sich zusammen und gründeten die SoMeNa-Initiative, die Abkürzung für „Sozial-Medizinisches-Nachbarschaftszentrum“. Obwohl der Projektname bisher blieb, hat sich der medizinische Teil mehr zum gesundheitlichen Aspekt gewandelt. Lässt sich doch der Wunsch nach einem dauerhaften medizinischen Angebot schlichtweg nicht realisieren. „Das Zentrum ist Gemeinwohlfläche und darf keinen wirtschaftlichen Gewinn einfahren“, erklärt Wittich.
„Wir haben viele Gespräche mit dem Sozialdezernat, dem Sozialrathaus Bockenheim sowie den Entwicklungsgesellschaften geführt und ein tragfähiges Konzept entwickelt. Stets wurde uns das Gefühl vermittelt, ein Partner auf Augenhöhe zu sein, dessen Engagement wertgeschätzt wird“, sagte Rohner. Ebenso seien die Reaktionen aus der Siedlung durchweg positiv, es habe sich ein Kernteam gebildet - darüber hinaus gebe es zahlreiche Engagierte. Man wolle so viel wie möglich selbst machen, um Kosten einzusparen, sagt Oliver Wittich. Das Ziel des sozialen Nachbarschaftszentrums ist es, zahlreiche Projekte und Aktionen für die Anwohner anbieten zu können, welche seit Jahren nicht oder nicht mehr möglich waren, etwa eine Sozialberatung, Angebote für Senioren, Kinder und Familien. Das fördere nicht nur das Gemeinwesen, sondern auch das Für- und Miteinander in schwieriger Zeiten. „Die Siedlung wird wieder mehr zusammenwachsen“, davon sind sie überzeugt.
judith dietermann
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Die Initiative ist stets auf der Suche nach Unterstützern. Der Kontakt: i siedlung.westhausen@ gmail.com.