Eine "Ampel Plus" soll Frankfurt regieren

Grüne streben ein Bündnis mit SPD, FDP und Volt an
Frankfurt -Aus drei mach vier: Die Frankfurter Grünen haben sich entschlossen, das Bündnis mit CDU und SPD aufzugeben. Stattdessen will die größte Fraktion im Römer mit der SPD, der FDP und der neuen paneuropäischen Partei Volt ein Viererbündnis bilden. Diese Koalition hätte mit 50 Sitzen in der 93-köpfigen Stadtverordnetenversammlung eine Mehrheit von vier Sitzen.
"Ampel Plus" nennt Bastian Bergerhoff, Vorstandssprecher der Frankfurter Grünen, das beabsichtigte Bündnis. Heute Abend stimmt die Kreismitgliederversammlung der Grünen über den Vorschlag der Verhandlungskommission ab. "Es war echt nicht leicht, zu einem Ergebnis zu kommen", räumt Bergerhoff ein. Die beabsichtigte Koalition entspreche dem Votum der Wähler, aus dem er "einen klaren Veränderungauftrag" herausliest, in der Stadt eine grünere Politik zu machen.
Das lasse sich in einer Koalition mit SPD, FDP und Volt am besten realisieren. Das wäre zwar auch in einem Bündnis mit CDU und Volt möglich gewesen, sagte Bergerhoff, aber: "Die Mehrheit von einer Stimme war uns zu eng." Einer Jamaika-Koalition erteilte die Verhandlungskommission der Grünen eine Absage: "Zu wenig Grün", so Bergerhoff.
Die Fortsetzung der bestehenden Dreierkoalition wurde auch diskutiert, aber: "Das hätte nicht den Aufbruch bedeutet, den das Wahlergebnis verlangt." Auch die Verlässlichkeit der Koalitionspartner habe eine Rolle bei der Entscheidung gespielt, erklärt er. In der bisherigen Koalition hatten sich die Grünen mehrfach über Querschüsse der SPD geärgert. Bergerhoff sagt, die Grünen hofften nun "auf Selbstdisziplinierung" der SPD, nachdem die Partei bei der Wahl 6,8 Prozentpunkte verlor.
Ebenso sei SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann "ein Faktor, mit dem man sich auseinandersetzen muss". Wie das Verhältnis zwischen ihm und der Koalition sein werde, solle nun in den Verhandlungen geklärt werden, sagt Bergerhoff. "Er spielt ja eine wichtige Rolle in der Stadtpolitik und ist noch bis 2024 gewählt." In der vorigen Koalition war der OB mehrfach besonders CDU-Dezernenten in die Parade gefahren.
Die grüne Basis könnte die "Ampel Plus" allerdings noch kippen. So wie sie es erst vor einigen Monaten mit dem von der grünen Spitze vorangetriebenen Bauvorhaben Günthersburghöfe getan hat. Zuletzt hatten linke Gruppen versucht, auf die Grünen öffentlich Druck zu machen.
Könnte die Basis heute auch noch die FDP als Koalitionspartner gegen die Linke austauschen? "Wir wünschen uns keine möglichst linke, sondern eine möglichst grüne Koalition", erklärt der Grünen-Chef. "Das ist schon ein Unterschied." Über die Mitglieder von Volt findet er nur lobende Worte. Sie agierten "sehr sortiert und klar strukturiert".
Die Reaktion der Enttäuschten bleibt nicht aus. "Statt Stabilität und Verlässlichkeit zu garantieren, setzt man die Stadt in dieser schweren Krise einem gefährlichen Experiment aus", erklärt CDU-Vorsitzender Jan Schneider. Offenbar gehe es den Grünen "in allererster Linie darum, die CDU abzulösen und eine Koalition deutlich links der Mitte zu schmieden". Die Linke ist ob der Partnerwahl "erstaunt": "Alles, wofür sich die Grünen im Wahlkampf starkgemacht haben, Klimaschutzpolitik, sozialer Wohnungsbau und eine zügige ökologische Verkehrswende, sind Projekte, mit denen die FDP bisher nichts am Hut hatte", kritisiert Linken-Chef Axel Gerntke.
Stimmt die grüne Basis zu, könnten Koalitionsgespräche beginnen, sobald auch die Partner diese abgesegnet haben. Gemeinsam wolle man dann einen Zeitplan ausarbeiten, erklärt Bastian Bergerhoff. Es bleibe Ziel, dass die Koalition bis zur zweiten Sitzung der Stadtverordneten nach der Wahl, am 20. Mai, stehe. Bis zur Sommerpause könnten dann auch die Posten der Dezernenten neu besetzt werden.
Nicht nur alle vier CDU-Amtsinhaber verlieren dann ihre Posten. Die SPD wird wohl zwei ihrer vier Dezernentenposten räumen müssen. Der Abgang von SPD-Verkehrsdezernent Klaus Oesterling gilt als sicher. Auch Planungsdezernent Mike Josef dürfte seinen Posten räumen müssen, erhält aber als SPD-Chef sicher ein anderes, obgleich nicht so einflussreiches Dezernat. Auch FDP und Volt dürften im hauptamtlichen Magistrat mit je einem Dezernentenposten vertreten sein. Thomas Remlein, Dennis Pfeiffer-Goldmann » Seite 8