Eine Leben für die Illusion
Ein Leben im Zirkus bringt allerlei Faszinationen mit sich. Das Umherziehen im Wohnwagen und funkelnde Kinderaugen im Publikum sind für viele Künstler Lebenselixier. Dennis Rush, der Illusionist im Programm des Circus Carl Busch, hat uns einen Einblick in seinen Alltag gewährt und erzählt von der Faszination der Magie.
Von Sandra Kathe
Wenn Elfjährige sich vornehmen, später einmal Lokführer, Astronaut oder Feuerwehrmann zu werden, legen sich diese Träume oft mit der Zeit recht schnell wieder. Nicht so bei Dennis Rush. Der heute 29-Jährige hatte schon in jungen Jahren den Grundstein gelegt, seinen Berufswunsch zu erfüllen und unermüdlich das Zaubern geübt. Heute lässt er Tag für Tag Damen aus der Manege des Deutschen Nationalcircus Carl Busch verschwinden.
„Der Zirkus ist eine Welt voller Glamour, wie man ihn heutzutage eigentlich kaum noch findet“, erklärt der Karlsruher seine große Liebe zum Leben auf Wanderschaft. Gerade Kinder sind von jeher beeindruckt durch die Zirkus-Orchestermusik, die lustigen Clowns, die wagemutigen Artisten, die glitzernden Kostüme und schillernden Uniformen. Kein Wunder, dass Rush schon als Achtjähriger nach einer Woche Ferienprogramm bei einem Berner Zirkus nicht mehr nach Hause wollte.
Schon als Kind im Zirkus
Fortan verbrachte er sämtliche Ferien im Zirkuszelt, übte zunächst am Trapez und an der Limbostange und studierte Tiernummern mit Lamas und Gänsen ein. Dass es für ihn zum Zirkus gehen würde, war ihm ab diesem Zeitpunkt klar, und auch die Tätigkeit, mit der er sein Publikum täglich begeistern wollte, war schnell gefunden. Die ersten Schritte in der Welt der Magie machte er mit elf Jahren. Seine erste Assistentin: seine Mutter.
Noch bis zum Sonntag ist er als einer der Künstler im Weihnachtsprogramm des Zirkus Carl Busch auf dem Festplatz am Ratsweg zu sehen und arbeitet inzwischen mit verschiedenen Partnerinnen zusammen. Derzeit unterstützt ihn vor allem Jamena Wille-Busch, die Ehefrau des Junior-Chefs, die erst vor einigen Tagen für seine erkrankte Partnerin Alexandra Gerbey einspringen musste. „In solchen Fällen kommt es uns entgegen, dass wir seit Jahren ein eingespieltes Team sind und auch mal improvisieren können“, erzählt Rush, der bereits im vierten Jahr mit dem Zirkus auf Reisen ist.
Doch von Pannen bleibt auch er nicht verschont, und so heißt es jeden Tag wieder üben und auf Hochtouren an der Nummer arbeiten. Rush verrät, dass er an diesem Tag vor allem seine Schwertnummer noch mal proben will, die in der Show am Montag nicht so recht klappen wollte. „Gerade für die Illusionen, bei denen man eine ruhige Hand braucht, ist neben Fingerspitzengefühl auch eine Menge Routine nötig.“
In der Manege sieht der Trick, wenn er klappt, nämlich so aus: Assistentin Jamena Wille-Busch verschwindet in einer rechteckigen Kiste, die der Illusionist nach und nach zu einem Würfel zusammenfaltet, in dem es nun wohl nicht mehr ganz so geräumig zugeht. Nach und nach steckt er zusätzlich drei Klingen durch die Kiste, in der die schlanke Artistin nun wirklich nicht mehr genug Platz haben kann. Das Publikum ist verblüfft, als sie Sekunden später, nach Entfernen der Schwerter und Entfalten der Kiste wieder unversehrt aus der Kiste aussteigt.
Gekaufte Tricks
Diese Illusion ist nur eine von vielen in seinem Repertoire. In der aktuellen Show zeigt er außerdem, wie seine Assistentin und er aus einer verschlossenen Kiste und den brennenden Stacheln, die einen Käfig durchbohren, entkommen. Seine Ideen kommen Rush häufig spontan. „Die Illusionen kauft man dann entweder fertig im Fachhandel oder lässt sich selbst etwas anfertigen“, sagt er. Doch in seinem Bereich gibt es eigentlich nichts mehr, was es nicht ohnehin schon zu kaufen gibt. Auch die bekanntesten Kollegen kaufen viele Illusionen fertig, weiß Rush.
Die Faszination für Illusionen hat sich bei Rush seit seinem elften Lebensjahr immer stärker ausgeprägt. Den ersten Auftritten bei Weihnachtsfeiern folgten schnell Galas. Schon als Teenager wurde Rush mit seinem Nebenjob zum bekannten Vollblut-Illusionisten, der jedes Wochenende ausgebucht war. Der Zirkus ist für ihn die Königsklasse: „In der Manege ist einfach vieles schwerer zu verbergen: Das Publikum sitzt ringsum, es gibt keine Vorhänge oder doppelten Boden. Eine Frau aus der Manege verschwinden zu lassen, ist schwerer als unsere Zirkuselefanten“, erzählt er lachend.
Schlaue Kinder
Die verschiedenen Publikumsreaktionen kennt Rush inzwischen sehr gut und kann eine Show oft schon einschätzen, wenn er nur am Einlass das Publikum beobachtet. „Meiner Erfahrung nach lassen sich die Menschen mit hohem Bildungsgrad um einiges leichter verblüffen. Ein Hochschulprofessor etwa denkt oft viel zu kompliziert über den Trick nach und kommt auch bei mehrmaligem Zusehen nicht auf die Lösung. Der Fünfjährige aus der zweiten Reihe hingegen durchschaut einen oft viel schneller“, sagt er schmunzelnd. Das zu beobachten, gehört für ihn immer wieder zu den spannendsten Momenten seines Berufs.