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Frankfurter Süden: Eine neue Straße, aber keiner kauft dort ein

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Auf der sanierten Offenbacher Landstraße haben jetzt Autos, Straßenbahnen und Radfahrer Platz. Die Ladeninhaber indes leiden noch unter der langen Sperrung.
Auf der sanierten Offenbacher Landstraße haben jetzt Autos, Straßenbahnen und Radfahrer Platz. Die Ladeninhaber indes leiden noch unter der langen Sperrung. © Michael Faust

In unserer Serie blicken wir zurück auf das Jahr in den Ortsbeiräten – aus Sicht unserer Redakteure. Was war das Thema, das den Ortsbezirk in den vergangenen Monaten bewegt und beschäftigt hat? Eine Einschätzung – heute aus dem Ortsbeirat 5 (Sachsenhausen, Niederrad, Oberrad).

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Das „Hoheitsgebiet“ des Ortsbeirats 5 verteilt sich über den Frankfurter Süden. In allen drei Stadtteilen gab es dieses Jahr politisch viel zu tun. Im ersten Halbjahr warteten die Oberräder darauf, dass die Dauerbaustelle auf der westlichen Offenbacher Landstraße endlich fertig wird: Die Straße wurde komplett saniert, die Straßenbahngleise verlegt, barrierefreie Haltestellen gebaut und die Parkplätze neu eingerichtet – zehn fielen nach dem Umbau weg. So sehr die Verschönerung der Offenbacher Landstraße gewünscht wurde - die Ortsbeiräte waren in großer Sorge. Die Geschäfte entlang der „Oberräder Zeil“, wie die Ex-OB Petra Roth den Abschnitt der Offenbacher mit dem einst regen Geschäftsleben nannte, meldeten hohe Umsatzverluste. Das Gasthaus „Zum Hirsch“ gab seinen Mittagstisch auf, der Bäcker Eifler reduzierte die Belegschaft.

Am 25. Juni war die Hauptverkehrsader endlich offen, die Straßenbahn rollte wieder. Aber der Umsatz in den Geschäften ist seither nicht in die Gänge gekommen. Das Schuhgeschäft „Schuh-Mayer“, der Schlüsseldienst „Schlappeflicker“ und das türkische Gemüsegeschäft „Bayram“ müssen mangels Kundschaft schließen.

Hoffnung auf Ankermarkt

Die Hoffnung liegt nun auf der Wirtschaftsförderung. Die Gewerbeschau „Frankfurt am Start“ kam im September nach Oberrad, Wirtschaftsdezernent Markus Frank (CDU) versprach Hilfe für die Gewerbetreibenden. Außerdem sollen, so beantragte der Ortsbeirat, mehr Kurzzeitparkplätze eingerichtet werden. Weiter warten die Oberräder darauf, dass die Stadt Frankfurt endlich handelt, damit auf dem Gelände des Profimarkts neu gebaut werden kann. Dort soll ein Supermarkt entstehen und eine Ankerfunktion erfüllen: Je mehr Menschen dort hinfahren, um einzukaufen, desto mehr werden auch in die anderen Geschäfte an der Straße gelockt, so die Hoffnung. Damit die Bauplanung für den Supermarkt weitergehen kann, müsse laut Ortsvorsteher Christian Becker (CDU) die Stadt den Radweg, der laut Plan über das Gelände führt, an den Eigentümer verkaufen. Der Ersatz-Radweg verläuft längst oberhalb an der Offenbacher Landstraße.

Apropos „Zum Hirsch“: Die Gefahr, dass das alte Haus abgerissen wird, ist gebannt: Ende 2017 hatte der Ortsbeirat einen gemeinsamen Antrag verabschiedet, und auch der Heimat- und der Bürgerverein setzten sich dafür ein, dass das Gasthaus, erstmals erwähnt im Jahre 1641, erhalten bleibt. Im Juli wurde es zur Freude der Oberräder unter Denkmalschutz gestellt – mit der Folge, dass es nun leersteht. Der Vertrag der Pächterin lief aus, die Zukunft des Hauses ist ungewiss.

Zankapfel Adlhochplatz

In Sachsenhausen drehten sich viele Debatten um die Schattenseiten des Tourismus-Booms in Frankfurt. Denn Dutzende Reisebusse, die am Sachsenhäuser Ufer parken, während die Gäste durch die Altstadt touren, versperren eine ganze Fahrspur, sorgen für Staus und machen den Radweg kaum befahrbar und unübersichtlich. Die Ortsbeiräte wollen die Verlegung der Busparkplätze, vor allem, weil ab Sommer 2019 die Verkehrskatastrophe dräut, wenn der Mainkai auf der Nordseite für Autos gesperrt wird. Der Verkehr wird sich zu einem großen Teil auf die Südseite verlagern. Auf eine einmütige Haltung hierzu konnten sich die Fraktionen aber noch nicht durchringen.

Zu einem Streitthema hat sich seit September der Umgang mit grölendem Partyvolk entwickelt, das sich auf dem Adlhochplatz versammelt und bis spät in die Nacht Krach macht. Auf dem Platz unweit des Ausgehviertels Alt-Sachsenhausen glühen vor allem Jugendliche vor, die dann weiter in die Kneipen ziehen. Anlieger klagen über schlaflose Nächte. Ein Antrag der FDP mit dem Vorschlag, die Bänke probeweise abzumontieren, um den Krachmachern die Sitzplätze zu entziehen, hat sich mit den Stimmen von CDU und Grünen, also der Koalition im Ortsbeirat, sowie der BFF-Fraktion durchgesetzt – SPD und Linke lehnten ab. Zwei Mal kam es deshalb zu hitzigen Debatten während der Sitzung und der Bürgerfragestunde. Die Antragstellerin FDP verteidigte ihren Vorschlag damit, dass sie umfangreiche Recherchen betrieben und Anwohner zu Gesprächen eingeladen hatte. Der Lärm auf dem Platz sei vor allem für die Bewohner des Seniorenheims untragbar. Das Abmontieren der Bänke könne helfen.

Daran glauben die linken Fraktionen nicht. Ohne Not würden Senioren Sitzgelegenheiten weggenommen, die sich tagsüber darauf ausruhen möchten, findet die SPD. Streetworker und Polizei sollten für Ruhe auf dem Platz sorgen. Es muss wohl erst der Beweis angetreten werden, welches das bessere Mittel ist.

Einigen konnten sich die Fraktionen in Niederrad: Hier fordert der Ortsbeirat einstimmig auf Initiative der Sozialdemokraten hin einen Quartiersbus. Eine neue Buslinie soll das Mainfeld und das wachsende Lyoner Quartier mit dem Ortskern verbinden. Vor allem ältere Menschen würden profitieren.

von STEFANIE WEHR

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