Einer, den man nicht vergisst

Jugend-Teamleiter des Bockenheimer Treffs geht in den Ruhestand. Jetzt hat er wieder mehr Zeit für seine zweite Leidenschaft: Fußball.
Rappelvoll ist der Saal im Begegnungs- und Servicezentrum Bockenheimer Treff. Und es gibt niemanden, der nicht staunt. Winfried Klein (66) trägt ein weißes Hemd, beige Hosen und ein dunkelblaues Jackett. Das gibt jede Menge bewunderndes Lob an den Mann, der in Jeans als Teamleiter im Jugendbüro Lichtblick und in der offenen Jugendarbeit unterwegs war. Klein grinst. Die vielen Anspielungen auf seine Kleidung amüsieren ihn sichtlich. Schulterklopfen, Umarmungen, Händedrücke und gute Wünsche geben ihm kaum Zeit, an seinem Sekt zu nippen. Zu seinem Abschied nach fast 35 Jahren im Dienst des Internationalen Familienzentrums e.V. (IFZ) hat er Kollegen, Freunde und Familie eingeladen.
„Es ist heute ein wie ein kleiner Bockenheimer Treffpunkt“, meint der Mann, der sich einen hervorragenden Ruf als Netzwerker gemacht hat. Eigentlich hätte er schon vor einem Jahr in Rente gehen können, aber er wollte unbedingt noch etwas verlängern. Zu sehr liegen ihm die Kinder und Jugendlichen am Herzen. Corona hat ihre Situation nicht leichter gemacht und er wollte sich auch deshalb noch weiter um sie kümmern und sich zum Beispiel am Bolzplatz Schönhof engagieren. Vergangenes Jahr hat er mit seinem Team Jugendliche wieder aus der Lethargie geholt und jeden Freitag Spaß und Sport samt Grillen für sie organsiert. „Das läuft richtig gut“, erzählt er stolz.
1988 hat der gebürtige Saarländer bei einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme befristet beim IFZ angefangen. Nach sieben Monaten Pause hat er 1990 eine Festanstellung bekommen und im Lichtblick Jugendcafé angefangen. Seit 2006 war er Teamleiter.
Mit 66 Jahren fängt das Leben an
„Lebbe geht wieder“ steht auf einer Karte, die mit Schleife an ein sorgsam eingepacktes Buch gebunden ist. Klein nickt und lacht. „Mit 66 Jahren fängt das Leben an“ zitiert er Udo Jürgens. „Irgendwann muss mit dem Job Schluss sein und langweilig wird mir sicher nicht.“ Der Vater von einer Tochter und zwei Söhnen und Opa von fünf Enkelkindern will mehr Zeit mit der Familie verbringen, wenn er Zeit hat. „Ich habe schon einiges in die Wege gelenkt“, verrät er und spielt auf sein Hobby Fußball an. Klein war eine Ewigkeit lang Fußballtrainer. In den vergangenen sechs Jahren hat er zwar pausiert, aber das will er jetzt nachholen.
Erfolge hatte er auch dabei jede Menge. Er hat in Neunkirchen im Saarland und bei der SG Niederrad gespielt - inklusive Pokalsieg gegen die SKG Bornheim. Dort war er Trainer und hat die B-Lizenz gemacht, war beim FSV, bei der Eintracht und sechs Jahre bei Mainz Rot-Weiß. Dort schaffte es Klein zur A-Lizenz und ging zum FFC Frankfurt und trainierte die Frauen in der Bundesliga. „Ich war fast überall, außer in Offenbach“, erzählt Klein.
Er bekommt Applaus und launige Lobesreden. Darüber, dass er seit Anfang an bei Wind und Wetter mit dem Rad zur Arbeit fährt, seine Geduld - außer mit Handys, seine Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft, seine Teamfähigkeit und darüber, dass er immer ein offenes Ohr hat und empathisch zuhört. „Er ist ein guter Mensch und hat einen guten Geist“, heißt es. Sein Team spielt es ihm vor. Mit Jonglierbällen und Zaubertüchern. Die Kreativität und Dynamik, die Klein von Anfang an aufgebracht hat. „Mit wenig Mitteln und vielen Klienten.“ Und immer mehr Arbeit, als immer mehr Schulen dazu kamen. Mit immer neuen Problemen, die es zu lösen galt, immer mehr Netzwerken und Partnersuche. Mit immer mehr Geschichte und Geschichten, mit neuen Freundschaften und vielen Erfolgen.
Bis zu 20 Jahre hat sein Team mit ihm gearbeitet. Jeder von ihnen zaubert endlose kunterbunte Tücher aus der Tasche. „Für jedes Jahr der Zusammenarbeit eins“, sagen sie. Und „Du wolltest ja immer etwas mit Circus haben“, sagen sie lachend und wickeln ihn ein in diese dicken langen Schals, die ihn aussehen lassen wie ein Paradiesvogel. „Damit Du uns nicht vergisst.“ Klein ist gerührt. „Ich höre auf, aber bin nicht weg. Ihr findet mich bestimmt ab und zu auf dem Bolzplatz.“