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Energiekrise in Frankfurt: Viele Wirte können beheizte Terrassen kaum noch bezahlen

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Von: Sabine Schramek

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Viele Gäste in Frankfurt sitzen gerne weiter draußen, doch beheizte Terrassen sind für die Wirte in Zeiten der Energiekrise kaum noch zu bezahlen.

Frankfurt - Die Tage sind kühl, die Abende kalt. Trotzdem wollen viele Gäste in Lokalen in Frankfurt draußen sitzen, die einen wollen rauchen, die anderen fürchten eine Corona-Infektion. Was zuletzt immer beliebter wurde, bedeutet angesichts der aktuell explodierenden Energiekosten eine Herausforderung für viele Wirte.

„Wir heizen natürlich auf der Terrasse. Das ist unser Service für die Gäste, wir wollen ja nicht, dass jemand frieren muss“, sagt Reza Madej, Geschäftsführer des Café Extrablatt und des Sissi und Franz in Bockenheim. Geheizt werde „allerdings nur auf Wunsch“, räumt er ein. „Die Heizstrahler machen mehr als 30 Prozent unserer Stromrechnung aus.“ Noch sind im Café Extrablatt nur die Plätze unter der roten Markise belegt, nah an der Wand des Lokals, das innen 150 und draußen 250 Sitzplätze bietet.

Wegen Corona seien sogar Heizpilze erlaubt, berichtet Madej. Aber ob sich das lohnen wird diesen Winter? Er versucht, optimistisch zu bleiben. „Wenn wir noch so einen warmen Winter wie vergangenes Jahr bekommen, müsste es gehen.“ Madej weiß aber auch: „Wenn es richtig kalt wird, wird es heftig. Wir wissen ja auch noch nicht, was mit Corona im Winter ist.“

Decken sind Trumpf: Im Sissi und Franz hängen sie über jeder Bank, damit sich die Gäste einmummeln können. Martin macht es vor. Geschäftsführer Reza Madej hofft auf einen milden Winter. Geheizt werde aber natürlich auch - allerdings nur auf Wunsch.
Decken sind Trumpf: Im Sissi und Franz hängen sie über jeder Bank, damit sich die Gäste einmummeln können. © enrico Sauda

Frankfurt im Dilemma: Corona erlaubt mehr Sitzplätze draußen - Heizstrahler kosten viel Energie

Im Sissi und Franz, das innen mit 190 Plätzen wie eine gemütliche Berghütte eingerichtet ist, schalten sich die Heizstrahler auf der 70 Plätze bietenden Terrasse nach 15 Minuten automatisch aus. „Diese Strahler haben wir gleich zur Eröffnung gekauft. Wenn der Gast an der Kette zieht, wird es mollig warm. Im Café Extrablatt schalten die Mitarbeiter die Strahler ein, wenn ein Gast nach der Heizung fragt und wieder aus, wenn der Gast geht.“ Außerdem gibt’s auf Wunsch kuschelige Decken. Die halten warm und verbrauchen gar keine Energie.

Was ihn auch umtreibt: „Es gibt noch keine neuen Regelungen von der Stadt.“ Diese hatte zwar angekündigt, die Nutzung von Außenflächen neu zu regeln und beispielsweise Parkflächen für die Gastronomie zur Verfügung stellen zu wollen, die Wirte warten aber noch auf Post.

Im Kiosk an der Bockenheimer Warte lacht die Verkäuferin bitter, die sonst im Winter Heizstrahler unter ihrer überdachten Terrasse hat. „Das geht nicht. Das Heizen können sich nur reiche Leute dieses Jahr leisten. Sich wärmen geht hier dieses Jahr nur mit Heißgetränken. Eine Gasflasche hält keine zwei Tage“, schimpft sie.

„2500 Euro mehr“ - Stromkosten explodieren auch bei Frankfurter Gastronomen

Im Pino in der Kleinen Hochstraße rechnet Betreiber Pino Fichera vor: „Ich zahle 2500 Euro mehr Strom als vergangenes Jahr. Dabei ist die Heizung draußen das kleinere Problem, verglichen mit unseren zwölf Gasflammen. Das sind 10 000 Euro Mehrkosten im Monat. Und die Leihwäscherei musste die Preise auch um 2000 Euro wegen der Heizölkosten erhöhen, weil sie sonst nicht mehr liefern kann.“ Fichera wird die Terrasse, die einen Windschutz aus Plastik hat, „auf jeden Fall heizen“.

Allerdings werde er dafür drauflegen. „Die Preise kann ich nicht mehr erhöhen. Die Gäste müssen ja auch überall viel tiefer in die Tasche greifen. Wie das weitergeht - keine Ahnung.“ Auch er kritisiert, dass es von der Stadt noch nichts Schriftliches gibt für diesen Winter. „Ist auch egal, wir müssen heizen. Erst Corona, dann die Gaskrise, jetzt Strom und die anderen Kosten, die nicht mehr einzufangen sind. Wie kleine Betriebe das machen, ist mir völlig schleierhaft.“

Frankfurt: Apfelwein Wagner bleibt gelassen - Nicht die erste Krise für Traditionslokal

Im Apfelwein-Wagner ist Geschäftsführer Harald Rudorf entspannt. „Im großen Garten vorne haben wir noch Heizstrahler, im kleinen Innengarten haben wir eine Fußbodenheizung, und auch die Bänke selbst sind geheizt. Da geht der Gartenbetrieb immer, auch wenn es richtig schneit. Und das mit relativ wenig Wärme. Der Einsatz ist erträglich.“ Die Energiekrise sei nicht die erste Krise, die die Wirtsstube voller Holzbänke und Bembel durchlebt. „Den Laden gibt es so lange, wir bleiben unserer Linie und unseren Gästen treu“, so Rudorf überzeugt. Immerhin gibt es das gemütliche Apfelweinlokal seit 120 Jahren, seit 1931 ist es im Familienbesitz.

Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) macht sich Kerstin Junghans, Geschäftsführerin Frankfurt Rhein-Main, Gedanken, wie es mit den Genehmigungen für die Außengastronomie weitergeht. Eine „liberale Außengastronomie“ sei unendlich wichtig, betont sie. „Und wenn es im Winter nicht sibirisch kalt wird, werden die Lokale sich sicherlich auch mit Decken behelfen und nur dann draußen voll heizen, wenn es wirklich nötig ist“, vermutet sie. „Die Energiekrise sorgt für große Unsicherheit, und viele blicken ängstlich in die Zukunft. Sie müssen Geld verdienen, um auch ihre privaten Kosten zu decken.“ Mancherorts könnte sicher auch ein Wind- und Regenschutz helfen, die Heizkosten draußen so gering wie möglich zu halten. Nichts zuletzt setzt Kerstin Junghans auch auf die Kundschaft: „Die Gäste sind da hoffentlich tolerant.“ (Sabine Schranek)

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