English Theatre: Spielen, solange es geht

Direkte Gespräche mit dem neuen Eigentümer aus Singapur und das Land Hessen sollen helfen, den Rauswurf des Theaters aus dem Gallileo-Turm doch noch abzuwenden.
Frankfurt -Daniel Nicolai und sein Team planen und arbeiten, als wäre alles ganz normal. Sie engagieren Schauspieler, unterschreiben Verträge. Als wäre der Verbleib des English Theatre im Gallileo-Turm geklärt und die Zukunft der Bühne im Gebäude des Hochhauses an der Gallusanlage nicht weiter offen.
Allein am Spielplan hat der Intendant eine Änderung vorgenommen: Statt des aufwendigen Stückes „Manor“ von Moira Buffini, bei dem man laut Nicolai die Bühne hätte überfluten wollen, „was gut zu unserer Situation gepasst hätte“, steht nach dem laufenden Musical „Sister Act“ mit seiner Auslastung von 98 Prozent nun „Suddenly Last Summer“ von Tennessee Williams auf dem Plan. Premiere mit 300 geladenen Gästen wäre am 14. April. Einen Tag später läuft der Vertrag des Theaters mit der Commerzbank aus.
Der Noch-Hauptmieter bereitet die Übergabe des Gebäudes an den neuen Eigentümer Capitaland Ende Januar 2024 vor. Bis auf die beiden Cafés, das Restaurant, den Friseur, den Fahrradladen und das Kiosk im Erdgeschoss, deren Besitzer laut Nicolai ebenfalls vor einer ungewissen Zukunft stehen, und den Theaterräumen soll es bereits leergeräumt sein.
Kein Termin für direkte Gespräche in Sicht
„Die Stadt hat uns aufgefordert, weiterzumachen.“ Es gebe einen Haushaltsbeschluss, nach dem sie, sollte ab Mitte April nicht weitergespielt werden können, die Rückabwicklung übernehme, sagt Nicolai. Er bleibe optimistisch, dass das Theater bleiben kann. „Aber es muss sich endlich mal etwas bewegen.“
Die Stadt versuche, mit der Commerzbank eine Lösung zu finden. Außerdem soll es „direkte Gespräche“ mit dem Vorstand des Trägervereins des Theaters und den Verantwortlichen von Capitaland in Singapur über einen Verbleib über den Eigentümerwechsel hinaus geben. Aber die Terminfindung ziehe sich hin.
Nicolai setzt weiter auf den Vertrag von 1999 zwischen der Stadt und der Dresdner Bank, die später mit der Commerzbank fusionierte, nach dem das Theater dauerhaftes Bleiberecht an seinem derzeitigen Platz haben und das Untergeschoss des Hauses einer kulturellen Nutzung vorbehalten sein soll. Die Bank sieht darin keine bindende Verpflichtung und mahnt eine Einigung mit den neuen Eigentümern an. „Sie haben Capitaland ein leeres Haus versprochen“, kritisiert Nicolai die Bank, obwohl diese eine solche Zusage gar nicht hätte geben dürfen. „Die Stadt muss das auch Capitaland deutlich sagen.“ Der Immobilien-Investor gehe davon aus, dass er sich in dem Gebäude alles offen halten kann. „Bei dem Verkauf wurde aber etwas vergessen, und das muss jetzt repariert werden.“
Intendant: Wir müssen ein Happy End finden
Jahrelang habe man mit der Commerzbank eine gute Partnerschaft geführt, „jetzt müssen wir ein Happy End finden“, sagt Nicolai. Nachdem im Zuge der Kooperation dem Theater zuvor keine Miet- oder Betriebskosten in Rechnung gestellt worden waren, zahlt es seit Jahresbeginn seine Nebenkosten selbst, monatlich fast 11 000 Euro. Trotz einer jährlichen Subvention der Stadt in Höhe von 555 000 Euro und Einnahmen von 1,6 bis 1,7 Millionen Euro könne man die Miete nicht selbst bestreiten. Doch mit diesem Problem will sich Nicolai erst befassen, wenn die Zukunft geklärt ist. Zudem habe eine Direktbank signalisiert, als Sponsor größer einzusteigen.
„The show will go on!“
„Wir fühlen uns von der Stadt gut unterstützt“, beteuert Nicolai. Die Kulturdezernentin agiere „leise und diplomatisch“. Aber es sei Zeit, dass man lauter werde. Deshalb ruft Sprecherin Andrea Leonhardt nun das Land um Hilfe an. 70 Prozent der Besucher kämen aus der Region. „Es wäre schön, wenn Angela Dorn sich melden würde“, sagt Nicolai mit Blick auf die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst.
Die Sorge, man könnte dem größten englischsprachigen Theater auf dem Kontinent „die Luft nehmen“, wenn es nach dem 15. April weiterspielt, sei wohl unbegründet, sagt Nicolai: Die Klimaanlage laufe über den Eigentümer. Man werde so lange spielen, wie es gehe: „The show will go on!“