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Er macht die Fähre fit fürs Jubiläumsjahr

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Von: Michael Forst

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Das schwere Los der Matrosen geht auch an Sven Junghans nicht vorbei: Gestrichen werden muss ständig. Die Fähre ist zur Generalüberholung auf dem Trockenen, und der Käpt’n trägt mit der Farbrolle einen neuen Anstrich auf die Rampe auf
Das schwere Los der Matrosen geht auch an Sven Junghans nicht vorbei: Gestrichen werden muss ständig. Die Fähre ist zur Generalüberholung auf dem Trockenen, und der Käpt’n trägt mit der Farbrolle einen neuen Anstrich auf die Rampe auf © Maik Reuß

„Walter Kolb“ fährt nach der Winterpause ab 16. Februar montags und mittwochs nicht mehr.

„Wann fährst Du denn wieder? Der Weg über die Leunabrücke ist ein Katastrophe!“ Sätze wie diese bekommt Sven Junghans, Käpt’n der Mainfähre „Walter Kolb“, oft zu hören, wenn sein Schiff in seiner mehrwöchigen Winterpause in der Bootswerkstatt Speck auf dem Trockendock liegt, um für die Saison fit gemacht zu werden. Dass die Menschen ihn und seine Transportangebot über den Main vom Schwanheimer zum Höchster Ufer so offensichtlich vermissen, bestätigt ihn seiner Arbeit: Die „Walter Kolb“ ist nicht nur ein Frankfurter Kulturgut, sie ist für viele Bürger ebenso ein unverzichtbares Verkehrsmittel geworden.

Derlei Fragestellern muss der Fährmann derzeit zu seinem eigenen Bedauern mitteilen, dass die Winterpause - sonst immer vom 15. Dezember bis zum 15. Januar - in diesem Jahr etwas länger ausfällt. Dass er den Fährbetrieb erst wieder am 16. Februar aufnehmen kann, so erklärt Junghans, sei dem schweren Fahrwasser geschuldet, in dem sich die „Walter Kolb“ seit Jahren bewegt.

Seit März 2022 ohne Ersatzmann

Und damit ist nicht etwa der Main gemeint, sondern die anhaltenden finanziellen und in Folge auch personellen Nöte der Mainfähre. Seit März vergangenen Jahres muss er ohne seinen Ersatzmann Fritz Flohr auskommen, der aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste. Zwischenzeitlich hatte das Neun-Euro-Ticket die Zahl der Fährpassagiere einbrechen lassen, auch Corona hielt viele Passagiere fern - und seit Monaten leidet er auch noch unter den Folgen der Energiekrise. „Dass ich alleine da stehe, hat leider Konsequenzen“, bedauert Junghans. Neben dem verspäteten Beginn werde die Mainfähre bis auf weiteres weder montags noch mittwochs fahren. An jeweils einem der beiden Tage verkehrte das Schiff bereits früher schon nicht - doch nun betrifft es gleich beide Tage.

Zweiter Mann ist an der Angel

Doch Sven Junghans, nach eigenem Bekunden ein „unerschütterlicher Optimist“, hat auch gute Nachrichten zu verkünden: Auf der Suche nach einem neuen zweiten Mann, der zumindest aushilfsweise übernehmen könnte, ist er fündig geworden. „Es gibt einen guten, geeigneten Kandidaten“, verrät er. Nur ein paar Prüfungen und Formalien stünden noch davor, bei beidem steht Junghans unterstützend zur Seite: „Alles, was der Fähre hilft!“

Die längere Winterpause hat der Kapitän genutzt, um sich nach vielen Jahren zum ersten Mal einen drei Wochen langen Urlaub zu gönnen. Details behält er für sich - aber eine Kreuzfahrt war’s nicht. Dafür sei er nicht der Typ, betont Junghans; auf Reisen suche er keinen Luxus, sondern wolle Land und Leute so kennenlernen, wie sie wirklich sind.

Zurück in Höchst, konnte er sich dann gut erholt der mehrwöchigen Wartung seiner „Walter Kolb“ widmen. Das 18,36 Meter lange, 33 Tonnen schwere und 190 PS starke Schiff, im vergangenen Jahr gerade 30 Jahre alt geworden, liegt aufgebockt vor den Hallen der Bootswerkstatt. Gravierende Reparaturarbeiten stünden diesmal nicht an, eher die übliche Schönheitskur: Sechs Kilo weiße Farbe, ebenso viel schwarze - Letztere wird als Schutz gegen Fäulnis und Algenbefall in dem Bereich des Rumpfes aufgetragen, der je nach Wellengang mal dem Wasser, mal der Luft ausgesetzt ist.

Das Streichen, räumt der Fährmann ein, sei bei den gegenwärtigen Temperaturen um den Gefrierpunkt herum „eine echte Herausforderung“: Vereiste Bordwände und frische Farbe auftragen, das gehe nun mal nicht gut zusammen. Und auch der Gang auf der Rampe hoch zum Schiff, auf die er derzeit nur per Leiter gelangt, geriet gestern morgen zur gefährlichen Rutschpartie. „Jetzt hoffe ich auf etwas milderes Wetter, um das Deck streichen zu können“, sagt Junghans. Außerplanmäßig wird er zudem das über die Jahre arg strapazierte Laminat im Steuerhaus austauschen.

Damit der Motor wie geschmiert tuckern kann, mussten Ölfilter gewechselt und etwa 20 Liter Öl ausgetauscht werden - mit derselben Menge wurde auch der Hydraulik-Öltank befüllt. Auch vier neue Keilriemen haben er und die Mitarbeiter des Bootsbau-Speck-Teams der „Walter Kolb“ verpasst. Zwei Keilriemen habe er immer an Bord, berichtet Junghans. „Denn die Dinger können immer mal reißen und um 11 Uhr abends kriegst Du nirgends Ersatz.“ Selbstredend, dass er sie in solchen Fällen auch eigenhändig auswechseln kann. Das sei nicht schwerer als ein Rad beim Auto auszutauschen, wiegelt er ab. Für die Passagiere erfreulich: Vorne am Bug lässt Junghans links und rechts zwei zuklappbare Scheiben einbauen - damit die Passagiere bei Ausflugs- und Charterfahrten besser vor Wind und Regen geschützt sind.

So wird die „Walter Kolb“ schick gemacht: Die Fähre wird 1623, also vor 400 Jahren, erstmalig urkundlich erwähnt (siehe Infokasten). Wie die Stadt dieses stolze Jubiläum zu feiern gedenkt, weiß Sven Junghans noch nicht. Der Ortsbeirat 6 hatte im November angefragt und zur Antwort bekommen: „Erste Überlegungen zum Jubiläum wurden angestellt. Entscheidungen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen.“ Michael Forst

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