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Erfolgreiche Politiker brauchen die Geduld des Jägers

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Dass Hessens alter und neuer Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) die Grünen aus der Landesregierung geworfen hat, beschäftigte im Nachgang auch die Politiker im Römer. Schließlich ist Rhein ein „Frankfurter Bub“. Er wohnt im Stadtteil Nieder-Eschbach und war dereinst in seiner Heimatstadt Ordnungsdezernent, als die CDU ab 2006 mit den Grünen die Stadtregierung bildete.

Nun will Rhein in der Landesregierung die Grünen durch die SPD ersetzen, die bei der Hessenwahl ihr schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit erzielte. „Die CDU hat sich den schwächeren Partner ausgesucht“, kritisierte die Frankfurter Grünen-Sprecherin Julia Frank. Aber haben das die Frankfurter Grünen nach der Kommunalwahl 2021 nicht genauso gemacht? Statt weiterhin mit der CDU zu koalieren, warfen sie die Konservativen aus der Stadtregierung und bastelten ein wackliges Bündnis mit SPD, FDP und Volt, das sich bis heute noch nicht einmal zu den Eckdaten des Haushaltes für das nächste Jahr einigen konnte.

Die Wahl eines schwachen Partners hat für machtbewusste Politiker Vorteile: Der stärkere Partner kann mehr von seinen Vorstellungen durchsetzen. Franks CDU-Kollege Nils Kößler bewertete daher die neue Koalition im Land als „Ergebnis einer völlig rationalen Bewertung“. Aber ist es nicht schön, wenn Ratio (Vernunft) und Emotio (Gefühl) Hand in Hand gehen? Zwar hat die CDU mit den Grünen erfolgreich auf Landesebene zusammengearbeitet. Aber Boris Rhein und mit ihm seine CDU hatten mit den Grünen noch eine Rechnung offen. Als 2011 nach der Kommunalwahl die CDU und die Grünen eine Koalition bildeten, kam Rhein in der Verhandlungskommission den Grünen sehr, sehr weit entgegen. Die CDU überließ den Grünen die Zukunftsressorts Planen, Verkehr und Bildung. Dankbarkeit ist keine Kategorie der Politik. Politik gestaltet Zukunft. Dankbarkeit ist aber eine rückwärtsgewandte Tugend.

Und schon bei der Oberbürgermeisterwahl ein Jahr später ließen die Anhänger der Grünen den CDU-Kandidaten Rhein im Stich und wählten Peter Feldmann (damals SPD). Nach der Kommunalwahl 2016 hätte die CDU die Grünen aus der dann entstandenen Dreierkoalition werfen können. Uwe Becker als Kreisvorsitzender verzichtete darauf. Das begünstigte den Aufstieg der Grünen in Frankfurt mit dem Ergebnis, dass diese nach der Wahl 2021 die CDU aus der Stadtregierung werfen konnten. Für Rhein mag daher der Wechsel des Koalitionspartners auch eine innere Genugtuung sein. Abgesehen von dem Argument, dass die SPD bessere Lösungen für Zukunftsthemen wie illegale Zuwanderung, innere Sicherheit, aber auch bei der Verkehrspolitik verspricht.

Als CDU-Landesvorsitzender hat Rhein natürlich bereits die Kommunalwahl 2026 im Blick. In einer erfolgreichen Koalition mit der SPD auf Landesebene könnte die CDU auch die Grünen in Frankfurt schrumpfen. Das will natürlich auch die SPD in ihrem eigenen Interesse. Sie stellt bereits mit Mike Josef den Oberbürgermeister. Im Kampf um die Macht brauchen Politiker die Geduld des Jägers.

Thomas.Remlein@fnp.de

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