Es geht wieder aufwärts mit den Programmkinos

Seit Herbst ist das Pandemie-Tief überwunden - manche Betreiber wünschten sich Förderung allerdings nicht nur in Krisen.
Nach drei „katastrophalen“ Jahren, in denen die Frankfurter Kinos unter pandemiebedingten Aufführungsverboten und -beschränkungen und dramatischen Besucherrückgängen ächzten, zeichnet sich ein Ende der Krise ab. Die Betreiber des halben Dutzend kleinerer Programmkinos in der Stadt, in denen vor allem Filme außerhalb des Mainstream gezeigt werden, blicken jedenfalls wieder vorsichtig zuversichtlich in die Zukunft.
„Seit Herbst gehen die Zahlen hoch“, sagt Gunter Deller, Mitbetreiber des Mal Seh’n Kinos im Nordend. „Wir hatten ein paar gut laufende Filme, und auch dieses Jahr hat gut angefangen. Wir sind daher optimistisch, dass sich die Lage wieder normalisiert“, sagt er. Diese Einschätzung teilen alle befragten Kinobetreiber.
Hinter ihnen liegen schwere Jahre. Gingen 2019 noch 113 Millionen Menschen in Deutschland ins Kino, waren es im vergangenen Jahr lediglich 73,5 Millionen. Deutlich mehr als in den ersten beiden Pandemiejahren (2020: 37,3 Millionen; 2021: 40 Millionen), aber eben noch nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Für Frankfurt liegen keine aktuellen Zahlen vor. Zwischen 2019 und 2021 folgten die Rückgänge dem Bundestrend (von knapp 1,5 Millionen Besucher auf 473 000).
Nun bereiten die Energiepreise Sorgen
„2022 war bis zum Herbst katastrophal“, bestätigt Deller. 19 000 Besucher verzeichnete das Kino. Rund 12 000 Besucher weniger als vor Corona. Die Gründe seien vielfältig und nicht nur in der Pandemie zu suchen, meint er. „Natürlich waren manche noch unsicher und dem Kino entwöhnt. Aber auch der heiße Sommer und der Krieg in der Ukraine spielten eine Rolle.“ Für das kleine 80 Plätze fassende Haus war das „existenzbedrohend“. „Im Sommer näherten wir uns einem kritischen Punkt“, berichtet er. Das Kino beantragte Sonderhilfsmittel vom Bund und auch vom Land gab es finanzielle Unterstützung. „Ohne diese Gelder wäre es schwierig geworden“, sagt Deller.
Weniger dramatisch war die Situation für Häuser in öffentlicher Hand wie das von der Volkshochschule Frankfurt betriebene Filmforum Höchst. „Aber auch wir mussten kämpfen“, sagt Kinosprecherin Sabine Imhof. Viele defizitäre Bereiche wolle sich die VHS schließlich nicht leisten. Angesichts der hohen Energiepreise sei überall in der Stadt derzeit ein Einstellungsstop verhängt.
Ausgestanden ist die Krise deshalb auch noch nicht. „Wir haben Kinosaison, und die Stimmung in der Branche ist gerade gut, aber die Energiepreise sind natürlich für alle eine Belastung“, berichtet der Geschäftsführer der Arthouse-Kinos Cinéma, Eldorado und Harmonie, Christopher Bausch. Da durch die Anhebung des Mindestlohns auch die Personalkosten für aushelfende Schüler und Studenten stiegen, erhöhten die drei Kinos in der Innenstadt und in Sachsenhausen ihre Preise um einen Euro. „Die Leute hatten dafür Verständnis.“, sagt Bausch, der nicht glaubt, dass die Besucher wegen der Inflation künftig wegbleiben. „Kino ist ein erschwingliches Kulturerlebnis, dass die meisten sich trotz der Krise leisten können. Ich denke, da wird eher am Urlaub gespart.“
Bausch, der auch im Vorstand des Programmkino-Verbands AG Kino-Gilde sitzt, geht davon aus, dass der Bund die Kinos nach dem Auslaufen des Kultur-Sonderfonds Ende 2022 weiter stützt, um die Mehrkosten abzufedern. Tatsächlich startete am Mittwoch die erste Tranche des „Kulturfonds Energie“, der auch den Kinos zugute kommen soll. Besser noch sei eine grundsätzliche Förderung, meint Bausch. „Wenn wir eine vielfältige Kultur mit anspruchsvollen Arthouse-Produktionen kleinerer europäischer Filmverleiher erhalten wollen, braucht es regelmäßige Gelder vom Land oder Bund.“ Zudem erfüllten Programmkinos einen „gesellschaftlich-sozialen Auftrag“, sagt er. „Wir haben Regisseur- und Darstellergespräche und haben Vorführungen für Schulen zu Themen wie Freundschaft oder der NS-Zeit.“ Auch dafür sei eine Grundförderung nötig. Zumal die großen US-Verleiher zunehmend Marktanteile gewinnen würden, wenngleich die Programmkinos in den vergangenen Monaten auch von Hollywood profitierten.
Starke Filme ziehen wieder Publikum an
Blockbuster wie Top Gun oder Avatar sind fürs Arthouse gut, erklärt Bausch. „Kino ist dann wieder Thema.“ Daneben gab es auch einige Programmkino-Erfolge, etwa die Tragikomödie „Triangle of Sadness“. Im Cinéma, im Harmonie und im Filmmuseum lief sie teils gar parallel. „Alle Vorstellungen waren ausverkauft. Das sind Filme, die ziehen“, sagt die Leiterin des Kinos im Deutschen Filmmuseum, Natascha Gikas.
Generell gelte: Je stärker ein Film beworben werde, desto besser laufe er, erklärt Sabine Imhof vom Filmforum Höchst. Und da man im Januar Filme zeigen konnte, die in aller Munde waren, näherte man sich wieder dem Zuschauerschnitt von 2019 an. Zudem hatte das Filmtheater im Westen der Stadt gut besuchte Extras. „Die Kurdischen Filmtage etwa sind aufgrund der starken Werbung in der Community supergut gelaufen“, berichtet Imhof. Solche zielgruppenorientierten Angebote könnten helfen, die Krise zu überwinden und neue Zuschauer zu finden. Imhof: „Wir müssen die Leute wieder an den Genuss und das Besondere eines Films auf der Leinwand erinnern.“ Florian Neuroth