Experte warnt vor Verzicht auf A5-Ausbau

Wissenschaftler erwartet ohne die Erweiterung erheblich mehr Verkehr in der Frankfurt. Die Römer-Koalition hält trotzdem weiterhin an ihrem „Nein“ zum zehnspurigen Ausbau fest.
Mitten in Frankfurt droht ein Engpass im Fernstraßennetz, falls der Bund auf den zehnspurigen Ausbau der A5 verzichtet. Davor warnt ein Experte - und er befürchtet in diesem Fall mehr Verkehr auf den Straßen in der Stadt. Dennoch hält die Römer-Koalition an ihrem Nein fest.
„Zur Freude“ der Koalition habe Landesverkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) eine Ablehnung an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gemeldet, sagt Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne). Er habe an Al-Wazir als Meinung der Stadt die Festlegung aus dem Koalitionsvertrag von Grünen, SPD, FDP und Volt übermittelt, sagt Majer. „Grundsätzlich lehnen wir den weiteren Ausbau von Autobahnen in Frankfurt ab“, steht darin, lediglich „den Übergang von der faktischen zur formalen Achtspurigkeit der A5“ akzeptiert das Bündnis.
Hingegen wollen SPD, Grüne und FDP im Bund nicht nur die Verbreiterung A5 zwischen Friedberg und Nordwestkreuz Frankfurt von sechs auf acht Spuren. Auch die Erweiterung von acht auf zehn Spuren zwischen Westkreuz und Frankfurter Kreuz gehört zum Paket von 144 Autobahnprojekten, die der Bund beschleunigt ausbauen will. Dabei geht es darum, Engpässe im Autobahnnetz aufzulösen. Stadt und Land tragen außerdem den Ausbau der Autobahnkreuze mit.
Bloß :„Eine Trennung des Ausbaus der A5 und der Knotenpunkte ist nicht möglich“, merkt Professor Justin Geistefeldt an, der Leiter des Lehrstuhls für Verkehrswesen an der Ruhr-Universität Bochum. „Die Ein- und Ausfädelungsbereiche der Kreuze und Anschlussstellen sind so lang, dass der Ausbau der Knotenpunkte sich fast über den gesamten Abschnitt zwischen Frankfurter Kreuz und Nordwestkreuz erstreckt.“ Geistefeldt weiß, wovon er spricht: Er hat an der bisher unveröffentlichten Studie des Bundes für den A5-Ausbau in Frankfurt mitgewirkt. Und er arbeitete vor 15 Jahren im strategischen Verkehrsmanagement bei der hessischen Straßenbauverwaltung „Hessen Mobil“.
Er verstehe durchaus, dass die Aussicht auf zehn Fahrspuren Menschen beunruhigen könne. „Aber das wird kein Ungetüm“, sagt Professor Geistefeldt. „Die zusätzliche Flächeninanspruchnahme ist eher moderat, gemessen daran, dass die Autobahn ohnehin schon viel Platz in Anspruch nimmt.“ Bereits heute ist die A5 südlich des Westkreuzes bis zu zehn Spuren breit, nimmt man Durchgangs- und Verflechtungsstreifen zusammen. Nördlich des Anschlusses Flughafen/B43 sind es bis zu elf Spuren. Der A5-Ausbau mit dem Ziel, einen Engpass im bundesweiten Netz zu beseitigen, sei „viel ressourcenschonender als der Neubau mancher vierstreifiger Autobahnen in bisher unberührten Landschaften“, urteilt der Verkehrswissenschaftler.
Dennoch befürchtet Katharina Knacker, mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Römer, einen „Riesen-Eingriff ins Gefüge der Stadt“. Es sei „schön, dass so viel Protest aus der Stadtgesellschaft kommt“. Direkte A5-Anwohner aus Griesheim und Goldstein äußern sich bislang gegen die Pläne, ebenso Umweltschutzgruppen und Klima- sowie Anti-Autobahn-Aktivisten. Zuletzt kamen Ende März rund 100 Menschen zu einer Protestveranstaltung an die A5.
Verkehr sucht sich andere Wege
Anwohner drängen dabei vor allem auf Lärmschutz. „Ohne Ausbau wird es keinen Lärmschutz geben“, räumt selbst Dezernent Majer ein. Denn baut der Bund nicht aus, zahlt er auch keinen Lärmschutz - und für die Stadt selbst wäre er wohl kaum bezahlbar. Auch deshalb drängt FDP-Verkehrspolitiker Uwe Schulz auf die breitere A5: „Ein zehnspuriger Ausbau würde eine Entlastung der Innenstadt bedeuten“, erklärte er jüngst im Mobilitätsausschuss. „Dadurch würde Ausweichverkehr vermieden.“
Vor allem von Grünen, Linken und Ökolinx erntete Schulz dafür spöttisches Gelächter. Doch Verkehrswissenschaftler Geistefeldt warnt: „Wenn die A5 weniger ausgebaut wird, sucht sich der Verkehr andere Wege.“ Das hätte dann „eher negative Effekte für die Stadt“. Bei Staus würde zwar kaum Fernverkehr in die Stadt ausweichen, räumt Justin Geistefeldt ein. Allerdings sei der Anteil an stadtinternem Verkehr auf der A5 recht hoch. „Für den wäre eine stark überlastete Autobahn nicht mehr attraktiv.“ Lokale und regionale Verkehre würden früher von der Autobahn aus- oder später auf sie auffahren. Ein Lieferant vom Flughafen nach Bockenheim etwa würde eher wieder via B43, Friedensbrücke und Hauptbahnhof fahren.
Für den Verkehrswissenschaftler ist deshalb klar: „Es ist im Sinne eines effizienten Einsatzes von Steuergeldern nur vernünftig, die A 5 vollständig auszubauen.“ Die Planung sei ohnehin „eher knapp bemessen“, sagt Geistefeldt. „Die Kapazität reicht gerade aus, um das für 2030 prognostizierte Verkehrsaufkommen gut bewältigen zu können.“ Die Zahl der Fahrzeuge werde voraussichtlich von 160 000 auf 200 000 am Tag steigen. Davor müsse sich allerdings niemand fürchten, sagt der Professor, da der Bund für die breitere A5 Lärmschutz wie bei einem Neubau einhalten müsse. „Für die Anwohner wird der A5-Ausbau zu einer erheblichen Verringerung des Lärms führen.“