Feldmann nach der Abwahl: „Ich habe Lust, mich weiter zu engagieren“
Der ehemalige Oberbürgermeister Peter Feldmann über sein Buch und das angeknackste Verhältnis zu seiner Partei. Politisch will er sich weiter engagieren.
Frankfurt - In seiner Autobiografie „Peter Feldmann. Sozi. Jude. Oberbürgermeister“ schreibt der Autor, dass die SPD eine „ziemlich gute Partei“ ist, dass sie aber „Angst vor Macht“ hat, „Angst anzuecken und sich unbeliebt zu machen“. Unsere Römer-Reporterin Julia Lorenz sprach mit Peter Feldmann (64), der im November von den Frankfurtern abgewählt wurde, über seine Partei, seine Enttäuschung und politische Zukunft.
Feldmann zu seiner Abwahl: „Es ist Enttäuschung und gleichzeitig eine große Erleichterung“
Herr Feldmann, wie ist es denn momentan für Sie, durch die Stadt zu laufen und überall Ihre potenziellen Nachfolger von den Plakaten strahlen zu sehen? Früher haben Sie uns von den Plakaten angelächelt.
Da gehen mir sehr viele Dinge durch den Kopf. Auch „Kabale und Liebe“. Aber ich bin sehr gespannt, wie sich die Frankfurter entscheiden werden.
Werden Sie am 5. März auch wählen gehen?
Sicherlich.
Vor gut drei Monaten wurden die Frankfurter schon einmal an die Wahlurne gebeten. Sie wurden abgewählt. Wie geht es Ihnen heute?
Es ist Enttäuschung und gleichzeitig eine große Erleichterung, weil auch ein Stück Last wegfällt. Und ich habe mehr Zeit für meine zwei bezaubernden Töchter.
Sie wurden in den vergangenen Monaten aber nicht nur abgewählt, sondern auch vom Gericht wegen Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie haben Revision eingelegt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Aber wie geht es mit der Revision weiter? Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Dazu kann ich noch nichts sagen, da ich den schriftlichen Beschluss überhaupt nicht kenne.
Was erleben Sie denn, wenn Sie derzeit in Frankfurt unterwegs sind? Wie reagieren die Menschen auf Sie?
Die Menschen reagieren noch sehr positiv auf mich. Sehr viele kommen weiterhin mit ihren Anliegen zu mir. Viele wissen auch, dass mein Name mit den sozialen Fragen verbunden ist. So werde ich beispielsweise auf die aktuelle Debatte um das kostenfreie letzte Krippenjahr angesprochen und gefragt, wann es endlich kommt. Unlängst hat mich ein Wochenmarktbetreiber wegen seiner Wohnungssituation angesprochen und um Rat gefragt. Da merke ich: Ich bin stolz auf viele Errungenschaften und habe Lust, mich weiter zu engagieren.
Feldmann über seine Zukunft: „Es gibt eine große Distanz und Enttäuschung über einen Teil der SPD-Spitze.“
Das klingt wie eine Drohung. Haben Sie sich denn schon Gedanken über Ihre politische Zukunft gemacht? Bleiben Sie Mitglied bei der SPD?
Ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Ich gebe aber zu: Es gibt eine große Distanz und Enttäuschung über einen Teil der SPD-Spitze.
Das heißt?
Ich muss mir noch darüber im Klaren werden, wie es weitergeht. Ich muss die Dinge aufarbeiten und dann entscheide ich.
Wie innig ist denn noch Ihr Verhältnis zu Ihrer Partei?
Ich bin mit 14 in die SPD eingetreten und habe für sie jahrzehntelang tausende ehrenamtliche Stunden gegeben, habe meinen Parteibeitrag und hohe Mandatsabgaben bezahlt. Wenn man dann morgens auf die Straße geht und Plakate der eigenen Partei zusammen mit der CDU gegen einen selbst sieht, die dann ja auch von mir mitfinanziert wurden, löst das Schrecken aus, wie man auf den Leim der CDU gegangen ist. Man kann also sagen: Dort herrscht eine gewisse Kälte beim Einstehen für Menschen, die sich jahrzehntelang für diese Partei engagiert haben. Leider betrifft das auch Vorgänger von mir.
In Ihrem Buch, das im Dezember veröffentlicht wurde, schreiben Sie, dass die SPD eine „ziemlich gute Partei“ ist, dass sie aber „Angst vor Macht“ hat, „Angst vor zu harten Konflikten mit politischen Gegnern“, „Angst anzuecken und sich unbeliebt zu machen“. Ist das Ihre Abrechnung mit der SPD?
Angst, auf die eigenen Leute loszugehen, hat die Partei aber immerhin nie gehabt, wie man auch an anderen nationalen Beispielen wie Platzeck, Müntefering, Beck, Lafontaine, Andrea Nahles und Martin Schulz sieht (lacht). Bei Teilen der Spitze ist der Wunsch nach dem Dabeisein stärker ausgeprägt als der nach dem politischen Kampf für Veränderung. Politik ist aber nie Beliebtheitswettbewerb, es geht immer um die Änderungen für die Lebenssituationen der Menschen.
1000 Exemplare in der ersten Woche: Fedmann-Buch könnte fortgesetzt werden
Bleiben wir bei Ihrem Buch: Wie viele Exemplare haben Sie denn schon verkauft?
Mein Verleger sagte mir, dass er schon über 1000 Exemplare in wenigen Wochen verkauft hat. Vielleicht gibt es sogar eine Fortsetzung.
Was war denn die Intention für Ihr Buch?
Es geht mir darum, den Menschen aufzuzeigen, woher meine Motivation kommt. Das Buch gibt den Schlüssel zu mir als Person.
Der Titel des Buches lautet „Peter Feldmann. Sozi. Jude. Oberbürgermeister“. Warum machen Sie jetzt, nach zehn Jahren an der Spitze der Stadt, Ihre jüdische Herkunft zum Thema?
Ich wollte vorher nicht, dass meine Mitgliedschaft in der jüdischen Gemeinde meine inhaltlichen Themen überlagert. Das ist etwas sehr Emotionales und persönliches. Es hätte die Gefahr bestanden, dass dadurch Themen überdeckt werden und dass ich in einer Schublade gelandet wäre, die bei mir nicht passt. Aber es ist ein Teil meines Lebens. Viele Motivationen, die ich habe, kommen nicht nur aus einem sozialistischen und humanistischen, sondern auch einem religiösen Kontext.
Bei den Kritikern ist Ihr Buch ja nicht besonders gut weggekommen, wie sind denn die Reaktionen Ihrer Parteifreunde gewesen?
Sie verstehen jetzt besser, woher meine Hartnäckigkeit kommt. Politik ist ja eigentlich bekannt dafür, vor allem leichtfüßige Kompromisse zu machen. Ich eher nicht. Das kann Menschen, die das von Politikern nicht gewohnt sind, erschrecken oder überraschen.
Können Sie mittlerweile, mit ein bisschen Abstand, verstehen, warum sich die SPD von Ihnen losgesagt hat?
Ich kann fast alles verstehen. Aber nach fast 50 Jahren Mitgliedschaft fehlen mir die Worte, wie weit diese Abwendung durch Teile der Spitze der SPD ging. Das hat mich überrascht. Es gab offensichtlich eine große Furcht, selbst für Fehler verantwortlich gemacht zu werden und dass man selbst als Funktionär auch Blessuren davontragen könnte. Davor wollte man sich schützen, und das löste man durch Abwendung bis zur Zusammenarbeit mit der CDU. Das sind Effekte, die bei Konservativen völlig fremd sind.
Feldmann und die Politik: Wechsel zur CDU denkbar?
Wechseln Sie jetzt zur CDU?
Auf keinen Fall.
Was ist mit den Linken, werden Sie dort eine politische Heimat finden?
Ich bin kein Partei-Hopper. Ich muss erst einmal mit meiner Mitgliedschaft bei der SPD ins Reine kommen.
Werden wir bei der nächsten Kommunalwahl 2026 von Ihnen hören?
Ich werde mich sicherlich bei der Kommunalwahl engagieren. Wie das aussehen soll, muss ich aber noch definieren.
Von wem sind Sie besonders enttäuscht?
Von Teilen der Parteispitze.
SPD und Feldmann: Täglicher Kontakt zu Sozialdemokraten
Nennen Sie Namen?
Nein.
Haben Sie noch Kontakt zu Sozialdemokraten?
Fast täglich. Unabhängig von meiner persönlichen Zukunft möchte ich auch weiterhin mit diesen Menschen zusammenarbeiten. Sie sind mir wichtig, nicht wegen ihres Parteibuches, sondern weil sie fleißig, engagiert und echte Überzeugungstäter sind.
Wer soll denn Ihr Nachfolger werden?
Dazu sage ich nichts. Das passt jetzt nicht. Ich sehe mich in der Linie meiner Vorgänger, die sich in der Nachfolgefrage zurückgehalten haben.
Wie ist denn Ihr Verhältnis zu dem SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Mike Josef?
Ich habe jahrelang wirklich äußerst eng und vertrauensvoll mit ihm zusammengearbeitet, auch in extrem schwierigen Situationen in den vergangenen drei Jahren. Das natürlich auch eine gewisse Nähe geschaffen.
Hat er denn das Zeug zum Oberbürgermeister?
Ich drücke ihm die Daumen und wünsche ihm Glück.
(Interview: Julia Lorenz)