Floristinnen verwandeln Oberräder Einfahrt in ein Paradies

Workshops für Junggesellinnenabschiede, Tischdeko, Trockenblumen und Moos-Gestecke
Mehr Farbe gibt es nicht. Das Tor mit kunterbunt gespannten Gurten, der Mauerabsatz voller knallig gesprayter Muster und Blumenmeere als Sträuße, Gestecke und Kunstwerke, die aus der Hofausfahrt um die Wette leuchten. Quietschbunte Gießkannen, ein gelber Gartenzwerg unterm Olivenbaum, geschwungene Gartenmöbel mit kuscheligen Patchwork-Decken. Tränende Herzen biegen sich über lila Akeleien, die faustgroße Blüten haben.
Blühendes Elternhaus
Im Hinterhof in der Mathildenstraße 13 ist ein Paradies. Ute Reußenzehn (65) wurde hier geboren. „Die Tante meiner Mutter hatte hier etwa 1900 eine Gärtnerei. Die Werkstatt war damals ein Pferdestall“, sagt die Frau, die einen rot-rosa Pullover trägt und strahlt wie eine Wiese voller Sonnenblumen und Klatschmohn. Sie ist Floristin und macht „alles mit Blumen“. Früher hatte sie eine Werkstatt in Bornheim und hat von dort aus Inszenierungen, Hochzeits- und Trauerschmuck gemacht.
Feuerrot ist der Pullover von Julia Bräumer (32). Auch sie ist Floristin und kommt aus Baden. Ihre Oma und ihre Mutter hatten schon einen Blumenladen. In zwei Blumenläden war sie Frankfurt angestellt. „Ich davon geträumt, mich selbstständig zu machen, aber das ist schon eine krasse Entscheidung“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Sie hat gezögert bis sie Ute Reußenzehn bei einem Sommerfrühstück traf. Die beiden haben sich auf Anhieb verstanden. „Sie hat mir den Hof gezeigt und es war um mich geschehen und wir wurden Kolleginnen“, erzählt sie lachend. Seit September öffnet sie jeden Freitag von 10 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 14 Uhr das Hoftor und bringt mit Blumen Farbe ins Alltagsleben von Oberrad. „Wir teilen uns die Räume und das Auto. Wir arbeiten jeder für sich und trotzdem zusammen“, fasst es Reußenzehn zusammen. Bräumer macht kreative Workshops für Junggesellinnenabschiede, Reußenzehn florale Installationen. „Es gibt nichts mit Blumen, was wir nicht machen“, sagen sie gleichzeitig und lachen. Von schmucken Vasen über Kunst mit Blumen, von zarten Trockenkränzen bis zu Vögeln aus zarter Drahtkunst, die eine Nelke im Schnabel tragen. Von Moosgestecken bis zu filigranen Trockenblumen, von Tischdekorationen bis zu Hochzeiten, Grabschmuck und Festen aller Art. Die beiden Frauen ergänzen sich perfekt in Geschmack und Handwerk. Herzlich und geduldig beraten sie Kunden. „Ihr seid schon ganz schön bekannt“, sagt eine Kundin, die sich orangene Kaiserkronen, blaue Disteln, pink Pfingstrosen, rote und rosa Nelken und eine sonnengelbe Mummel zusammenstellen lässt. „Ein junger Mann bringt seiner Freundin in Bockenheim jeden Samstag besonders schöne Blumensträuße mit und wenn sie ihn fragt, woher sie sind, antwortet er immer nur ’Oberrad’. Wahrscheinlich will er seinen Geheimtipp nicht verraten“, so die Frau.
Die Blumen für das Wochenende holen die Frauen morgens frisch aus dem Großmarkt. „Wir müssen sehen, was es gibt, was besonders schön ist und überlegen vor Ort, was wir mitnehmen. Wir suchen die Sachen einzeln aus, weil wir bestimmte Vorstellungen haben und dort auch neue Ideen entwickeln“, erzählen sie. Löwenmäulchen, die höher als einen Meter sind, kaukasische Vergissmeinnicht, fette Ranunkeln oder satt gefüllte Tulpen, die wie gemalt aussehen. Ein Leben ohne Blumen kann sich keine der beiden Frauen vorstellen. Sie machen sie glücklich und ihre Kunden gleich mit. Nichts von dem, was sie produzieren, binden, trocknen oder dekorieren sieht nach Massenware aus. Alles ist individuell und besonders. Wie der ganze Hof. Wasser wird in einer Zinkwanne gesammelt und in einer Badewanne, die Reußenzehn auf einem Flohmarkt in Frankreich gekauft hat. Die historische Wasserpumpe leuchtet knallrot. Ebenso, wie die Original-Klingel des Hofes, die sie restauriert hat und die nach Weihnachten klingt.
Blumenkunst im Netz
Informationen über die Arbeiten von Ute Reußenzehn und Julia Bräumer in der Mathildenstraße 13 gibt es auch unter www.blumenwerkstatt-frankfurt.de und www.verbluemt.com.