Fragen an den neuen Oberbürgermeister wagen

40 Jugendliche aus Frankfurt haben Mike Josef (SPD) ihre Wünsche an das neue Stadtoberhaupt überreicht.
Sie wissen genau, was sie wollen und fühlen sich mit ihren Bedürfnissen, Erwartungen und Wünschen oft abgehängt von der Politik. „Wir wollen reden und handeln“, sagt Mathis Eckert (17), der zwar noch nicht wählen darf, aber sehr klare Vorstellungen von dem hat, was besser werden muss. „Demokratie ist der einzige Weg, sich einzubringen“, ist er überzeugt und wünscht sich Änderungen, die den psychische Druck in Schulen mindern. „Während Corona waren wir alleine zu Hause. Jetzt sind wir wieder zusammen, die Klausuren ganz eng aneinander. Das ist ein Riesenproblem“, sagt er ein bisschen aufgeregt.
„Hoffentlich hört er auf uns“
Gleich wird er gemeinsam mit elf weiteren jugendlichen Schülern in das Amtsbüro von Frankfurts neuem Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) gehen und ihm eine Broschüre überreichen, die die Ergebnisse einer Diskussion mit 40 Schülern über die Wünsche und Lösungen für alle drängenden Probleme in der Stadt beinhaltet. „Hoffentlich hört er auf uns. Wir wollen uns auf jeden Fall gleich am Anfang seiner Amtszeit positionieren.“
Drei Mal 20 Minuten lang haben die Schüler im Vorfeld einen Abend lang über ihre Themen diskutiert. Über ihre Gedanken zu Klima, Nachhaltigkeit und Gesundheit, über das Leben in der Stadt mit Städtebau und Mobilität, über Bildung, ihre künftige (digitale) Arbeit und die Wirtschaft von morgen, über Kultur und Freizeit und über gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Frances (24), die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, ist sicher, dass „heute ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gegangen wird. Wir wollen eingebunden und ernst genommen werden“, sagt sie und weiß noch nicht, was sie erwartet. Josef ist auf die Minute pünktlich und begrüßt die Jugendlichen gut gelaunt und offen. „Für mich ist das heute genauso aufregend wie für euch“, sagt er in seinem Büro, das nach frisch gestrichen riecht. Und er betont, dass Wahlkampftermine an Schulen ihm stets die liebsten gewesen seien. „Die Fragen von Schülern sind sehr fundiert und das hat mit immer viel mitgegeben.“ Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Frank Dievernich, nickt. „Die Schüler haben genau überlegt, wo Handlungsbedarf besteht, welche Erwartungen sie haben und wie sie sich selbst einbringen können.“
Josef sagt, dass er regelmäßig Schulen besuchen will. Die Jugendlichen wollen mehr. Nila Minneker (19) schlägt vor, den Römer als Begegnungsort für alle zu öffnen. „Viele junge Leute haben noch nie das Rathaus von innen gesehen. Dabei wird hier doch die Politik gemacht. Hier braucht es Präsenz und ein offenes Ohr für uns.“ Laurenz Aller (18) hofft auch darauf, dass den jungen Leuten „mehr zugehört wird und Vorschläge umgesetzt werden.“ Er spricht marode Schulgebäude an, den niedrigen technischen Standard und den Lehrstoff. „Wir verbringen einen Großteil des Tages in der Schule und wissen, wo es hakt.“ Zwar gebe es gute Beispiele, aber eben auch viel, was nicht gut ist. Das Thema Gesundheit gehöre auf den Lehrplan. Nicht nur gesundes Essen, sondern auch mentale Gesundheit bei Leistungsdruck. Maximilian Lux (18) schlägt mehr offene kulturelle Veranstaltungen mit Open Stages im Freien vor. „Musik, Kunst und Theater verbinden alle miteinander, und junge Leute hätten die Chance, sich und ihr Können vor Publikum zu präsentieren.“
Mike Josef lauscht und verspricht, Schulen in den Römer als Raum für offene Diskussionen einzuladen, die ganze Broschüre durchzulesen und sie „nächste Woche dem Magistrat vorzulegen“. Beeindruckt sei er von der Themenvielfalt und den Ideen, ob zur Vermüllung oder zur Wirtschaft, und wolle sich weiter mit den jungen Leuten treffen. „In einem Jahr machen wir ein Controlling“, sagt er und erntet Lob.
„Das Treffen mit den neuen OB war besser als erwartet“, sagt Frances. „Er hat sich alles angehört, und es klingt, als wolle er auch einiges umsetzen. Die Idee mit dem Controlling ist gut.“ Mathis findet „ein offenes Ohr gut“, aber Gespräche allein reichten nicht. Es müsse auch mal etwas umgesetzt werden. „Und ich hoffe, dass das Gesprächsangebot nicht nur an uns Gymnasiasten geht, sondern an alle Schulsysteme, weil überall junge Leute sitzen, die alles andere als unpolitisch sind.“