Der Oberbürgermeister im Kreuzverhör

Auf der Stadtverordnetenversammlung forderten die Parlamentarier Antworten zur Awo-Affäre von Oberbürgermeister Feldmann.
Frankfurt - Die Stadtverordneten wollten gestern alles zur Arbeiterwohlfahrt (Awo) wissen. Rund eine Stunde dauerte die Fragestunde im Stadtparlament.
Sozialdezernentin Prof. Daniela Birkenfeld (CDU) hat recherchieren lassen, was die Awo für die Stadt tut. "Es gab in den vergangenen fünf Jahren 69 Verträge - von Pacht- und Erbpachtverträgen bis zu Verträgen über 18 Kindertagesstätten." Von den elf Dezernaten haben zehn auf Birkenfelds Frage geantwortet. Wer nicht geantwortet hat? Das Hauptamt, "der Oberbürgermeister".
Frankfurt: Sozialdezernentin lässt recherchieren, was genau die Awo für die Stadt tut
Birkenfeld nannte Zahlen: 32 Millionen Euro erhielt die Awo für die Flüchtlingshilfe. Die Awo hat bis Ende 2018 zwei Flüchtlingsheime betreut. Im Zusammenhang damit ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs. 45 Millionen Euro sind die Verträge mit der Awo schwer, die ihre 18 Kitas betrifft. Acht Millionen Euro erhielt die Awo für "Sonstiges", Zuschüsse gab es rund 16 Millionen Euro.
Auf die Frage von Yanki Pürsün (FDP), was denn ein angemessenes Gehalt für Awo-Geschäftsführer sei, antwortete Birkenfeld, dass sie bei Amtsantritt in Austausch mit allen Chefs der Wohlfahrtsverbände getreten sei. Mit der Awo allerdings sei sie nicht richtig ins Gespräch gekommen.
Awo-Affäre: Oberbürgermeister Feldmann jetzt kommunikativer als bisher
Auch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) äußerte sich noch einmal. Inhaltlich sagte er jedoch kaum mehr als das, was er schon vor der Presse gesagt hatte. Er sei jemand, der vor die Kameras trete, wenn es um Mietpreise und den Nahverkehr gehe. "Das habe ich nicht getan, als es um meine Familie ging", so Feldmann. Er bedaure, nicht frühzeitig gesprochen zu haben.
Um so kommunikativer war der OB jetzt. Kaum war das Thema Awo in der Fragestunde durch, versendete Feldmann eine Mail an alle städtischen Mitarbeiter. Noch während der Debatte zur Awo-Affäre stellten Mitarbeiter einen Video-Beitrag auf Facebook online, in dem Feldmann noch einmal versichert, dass er bedauere, nicht früher gesprochen zu haben.
Awo-Affäre in Frankfurt: OB Feldmann leugnet Einfluss auf das Gehalt seiner Frau
Erika Pfreundschuh (CDU) wollte wissen, ob der OB Einfluss genommen habe auf das Gehalt seiner Frau als Leiterin der Awo-Kindertagesstätte "Dostluk". Er antwortete: "Es gab die Geschichte mit dem Gartenbauamtswägelchen vor meinem Haus in Kalbach, es gab das Gerücht, ich könnte jederzeit in die Präsidentensuite im Hessischen Hof.
Jetzt soll ich eine Blondine geschwängert und einen Kiosk der ABG vergeben haben. Was stimmt: Ich habe ein Altenheim der Awo geleitet. Der Awo-Skandal muss aufgeklärt werden. Ich habe keinen Einfluss genommen auf das Gehalt meiner Frau. Aber ich hätte früher kommunizieren sollen."
Frankfurt: Viele kritische Fragen zur Awo-Affäre für Oberbürgermeister Feldmann
Kritische Fragen musste Feldmann sich viele anhören. Zum Beispiel, in welcher Gehaltsklasse er selbst für die Awo tätig war. Als Leiter eines Altenheims waren es anfangs 2800 Euro netto, zuletzt 3200 Euro netto. Es gab keine Gehaltserhöhung bei der Johanna-Kirchner-Stiftung, wo Feldmann für Patienten den Übergang vom Krankenhaus zurück ins Altenheim koordinierte.
Auf die Frage von Erika Pfreundschuh (CDU), was er dazu sage, dass seine Frau noch in der Elternzeit einen Dienstwagen gestellt bekam, erklärte Feldmann, dass seine Frau nach internen Richtlinien ihres Arbeitgebers, eines freien Trägers, bedacht wurde. "Der Wagen wurde ihr im Mai 2015 zur Verfügung gestellt. Die Elternzeit begann mehrere Monate später." Sie habe den Wagen noch elf Monate in der Elternzeit genutzt.
Awo-Affäre: CDU-Politiker beklagt, OB sei viele Antworten schuldig geblieben
In der späteren Debatte klagte Dr. Nils Kößler (CDU): "Bei der Führung der Awo hat man den Blick für die Wirklichkeit verloren. Schade, dass wir alles aus der Presse erfahren. Die Fragestunde heute hat nichts verändert. Der OB bleibt Antworten schuldig." Patrick Schenk (BFF) glaubt: "Wenn nur ein Bruchteil der Vorwürfe stimmt, die in den Zeitungen stehen, dann stellt sich in Frankfurt eine grundsätzliche Frage.
Der Oberbürgermeister hat die Awo und die Sozialpolitik beschädigt." Ursula Busch (SPD) verteidigte ihre Partei: "Die Sozialdemokraten sind für rückhaltlose Aufklärung. Aber es werden Tatsachen und Gerüchte vermischt."
Thomas J. Schmidt