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Awo-Skandal in Frankfurt: Peter Feldmann legt Akten auf den letzten Drücker offen

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Oberbürgermeister Peter Feldmann, hier bei der Öffnung des Lichter Filmfests 2017, kam am Freitag (12.03.2021) seiner Verpflichtung nach und stellte dem Akteneinsichtsausschuss sechs Ordner mit Unterlagen zu seinen Terminen in den vergangenen Jahren bereit.
Oberbürgermeister Peter Feldmann, hier bei der Öffnung des Lichter Filmfests 2017, kam am Freitag (12.03.2021) seiner Verpflichtung nach und stellte dem Akteneinsichtsausschuss sechs Ordner mit Unterlagen zu seinen Terminen in den vergangenen Jahren bereit. © Bernd Kammerer

Akteneinsicht: SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann legt im Frankfurter Awo-Skandal sechs Ordner Unterlagen vor.

Frankfurt – Es war buchstäblich kurz vor Toresschluss, dass Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) tat, was er tun musste: einem Akteneinsichtsausschuss seine Termine der zurückliegenden Jahre offenlegen. Den Ausschuss hatte die FDP-Fraktion Anfang Februar gefordert, geleitet von der Vorstellung, auf diesem Wege mehr Aufschluss über Zusammenkünfte, Verabredungen und Austausch jeder Art zwischen dem OB und den Verantwortlichen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Frankfurt und Wiesbaden zu gewinnen.

Frühere Auskunftsbegehren hatte Feldmann stets einsilbig abgefertigt. Die Akteneinsicht sollte umfassenderen Aufschluss geben. Dass Feldmann dieser Pflicht erst Freitag (12.03.2021) nachkam, als das kommunale Parlament längst seine letzte Sitzung absolviert hatte, hält FDP-Politiker Yanki Pürsün mehr für taktisches Kalkül denn für Saumseligkeit des Oberbürgermeisters.

Awo-Skandal in Frankfurt: Sechs säuberlich sortierte Aktenordner

Pürsün jedenfalls nahm noch am Freitag Einsicht in das Konvolut von Aufzeichnungen über wahrgenommene Termine, Telefonate, über Spenden und Absprachen – säuberlich einsortiert in insgesamt sechs Aktenordner. Alles, sagt Pürsün, habe er noch nicht prüfen können. Aufgefallen seien ihm aber bereits zwei seiner Einschätzung nach aufschlussreiche Delegationslisten für eine Reise nach Philadelphia im Oktober 2015 zur Anbahnung der Städtepartnerschaft.

Als einer der Teilnehmer sei in der Liste vom 16. Oktober Jürgen Richter aufgeführt. In der Liste vom 8. Oktober sei er dagegen noch nicht genannt gewesen. Pürsün sagt, er wisse, dass Zübeyde Feldmann ihren Vertrag als Leiterin der deutsch-türkischen Kita Dostluk zu besten Gehaltskonditionen und mit Dienstwagenanspruch „Ende Oktober“ 2015 unterzeichnet habe. Der Liberale möchte nun klären, ob es zwischen dem Umstand, dass Richter nachträglich auf die Delegationsliste gesetzt wurde und dem Arbeitsvertrag von Frau Feldmann einen Zusammenhang gibt.

Frankfurt: Druck auf Peter Feldmann im Awo-Skandal könnte weiter anhalten

Dass der Akteneinsichtsausschuss, kaum ins Leben gerufen, mit dem Ende der Wahlperiode wieder in der Versenkung verschwindet, glaubt Pürsün nicht. „Und wenn es so sein sollte, wird ein neuer beantragt“, gibt er sich optimistisch, auch dem neuen Stadtparlament anzugehören.

Der Druck auf Peter Feldmann im Awo-Skandal könnte also weiter anhalten. Dabei hatte der OB alles getan, um diesen Druck zu mindern, womöglich gar die ganze leidige Affäre abzuschütteln. Vor einem Jahr hatte er ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst in Gang gesetzt. Damit wollte er seinen Dienstherrn, den hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) veranlassen, ihn zügig freizusprechen von allen Vorwürfen im Kontext Awo.

Als er feststellen musste, dass die erhoffte zügige Entlastung auf sich warten ließ, polterte Peter Feldmann gegen Beuth wegen vorgeblicher Verschleppung des Verfahrens „wider besseren Wissens“. Zwischenzeitlich startete Feldmann eine „Transparenzoffensive“, indem er der Öffentlichkeit einen älteren Steuerbescheid präsentierte und sich selbst als „ersten gläsernen Oberbürgermeister“ im ganzen Land bezeichnete.

Awo-Skandal um Peter Feldmann in Frankfurt: Disziplinarverfahren ruht vorerst

Das Disziplinarverfahren, dessen Ende der OB herbeizuführen suchte, ruht nun – und das wohl noch für eine ziemliche Weile. Weil bekanntlich die Staatsanwaltschaft Frankfurt am 24. Februar ein Ermittlungsverfahren gegen Peter Feldmann nebst Ehefrau eröffnet und die Beteiligten davon unterrichtet hat.

Das Momentum, dies selbst öffentlich zu machen, hat Feldmann verpasst und selbst den Weg dafür bereitet, was er mit dem forschen Angriff auf Beuth zu verhindern suchte: Dass ihm und der Frankfurter SPD eine schlechte Nachricht unmittelbar vor der Kommunalwahl auf die Füße fällt. Der Justiz warf Feldmann in diesem Zusammenhang den „offensichtlichen Versuch der politischen Einflussnahme“ vor.

Eine Sprecherin der Behörde weist dies auf Anfrage zurück und erläutert die Hintergründe: „Der Hessische Rundfunk hatte am 11. März über den Stand des Disziplinarverfahrens gegen OB Feldmann berichtet und dass dieses im Hinblick auf ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen eine dritte Person derzeit ausgesetzt sei. Dieses Ermittlungsverfahren richte sich jedoch nicht gegen Peter Feldmann. Für die Staatsanwaltschaft bestand daher Veranlassung, diese unzutreffende Berichterstattung unverzüglich richtigzustellen. Dies ist am 12. März erfolgt mit der Mitteilung, dass mittlerweile sehr wohl Ermittlungen gegen den OB aufgenommen wurden und der OB als Beschuldigter geführt wird.“

Auch im Wiesbadener Justizministerium gibt man sich befremdet. Die Staatsanwaltschaft ermittele „im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Fachaufsicht grundsätzlich eigenverantwortlich und selbstständig“, kommentierte gestern das Justizministerium. Politische Weisungen oder Einflussnahmen habe es „jedenfalls in überschaubaren Zeiträumen der letzten Jahrzehnte“ nicht gegeben. (Sylvia Amanda Menzdorf)

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