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AWO-Skandal: Insolvenzverfahren stockt - Es fehlen Unterlagen

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Durchsuchungen bei der AWO
AWO-Skandal: Insolvenzverfahren stockt - Es fehlen Unterlagen © Andreas Arnold/dpa

Für die Prüfung des Insolvenzantrags einer Tochterfirma der Awo in Frankfurt fehlen notwendige Unterlagen. Das Verfahren stockt.

Frankfurt - Den Insolvenzantrag der Awo Protect gGmbH, Tochterfirma der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Frankfurt für Sicherheitsdienstleistungen, kann das Amtsgericht Frankfurt nicht bearbeiten. Die von Geschäftsführer Klaus Erich Roth eingereichten Unterlagen reichten nicht aus, teilte ein Sprecher der Behörde auf Anfrage dieser Zeitung mit. Welche Dokumente fehlen, sagte er nicht. 

Awo-Skandal: Es fehlen Unterlagen für das Insolvenzverfahren

Erst wenn das Gericht aufgrund vorgelegter Belege und sonstiger Dokumente sich einen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Firma zu verschaffen in der Lage sei, könne es entscheiden, ob es den Insolvenzantrag abweise, zur weiteren Klärung einen Gutachter beiziehe oder das Insolvenzverfahren eröffne.

Geschäftsführer Klaus Erich Roth hatte vor neun Tagen den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, nachdem er sich "mit Profi-Beratern besprochen" habe, wie er gegenüber dieser Zeitung sagte. Er habe zunächst nur "mit einem Einzeiler" dem Gericht gegenüber die Zahlungsunfähigkeit der Firma angezeigt. "Um die Drei-Wochen-Frist einzuhalten", wie Roth erklärte. Spätestens drei Wochen nach Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer Firma muss der Geschäftsführer den Insolvenzantrag stellen, auch um nicht persönlich in die Haftung genommen zu werden.

Nötige Unterlagen der Awo-Protect sind beschlagnahmt

Üblicherweise ist dem Insolvenzantrag ein umfängliches Formular nebst zahlreichen Unterlagen beizulegen wie etwa Vermögensverzeichnis, Aufstellung der Gläubiger, Forderungen, Außenstände und etliche mehr. Auch bei einem Online-Antrag auf Insolvenz sind die entsprechenden Formulare bereits angehängt. Das Amtsgericht Frankfurt habe ihm die Formblätter nun zugeschickt, sagt Roth. Sein Problem sei, dass er etliche der geforderten Unterlagen gar nicht beibringen könne. "Weil die bei der Staatsanwaltschaft liegen", so Roth.

Mitte Januar hatten die Strafverfolger im Zuge ihrer Ermittlungen gegen sechs Beschuldigte wegen Untreue und Betrugs die Awo-Zentrale in der Henschelstraße und auch die Räume der Protect in der Scheerengasse durchsucht und Akten sowie digitale Datenträger beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft habe fünf Computer und den Server der Sicherheitsfirma beschlagnahmt, sagte Roth. Damit habe er keinen Zugriff mehr auf digital hinterlegte Daten, die für die Bearbeitung seines Insolvenzantrages wichtig seien. Das Verzeichnis der Gläubiger der Protect sei übersichtlich, weil dort nur der Awo Kreisverband Frankfurt aufzuführen sei. Der Geschäftsbetrieb sei seit Beginn des Jahres eingestellt.

Awo-Protect: Verzicht auf Geschäftsführergehalt

Beschäftigte hatte die Firma zum Schluss noch vier. Ob diese ihren Arbeitsplatz verlieren oder anderweitig bei der Awo eingesetzt werden, wollte Roth nicht beantworten. Er selbst habe auf sein Geschäftsführergehalt bei der Protect gGmbH seit Ende 2019 verzichtet. "Weil das der Anstand gebietet", so Roth.

Ohne Einkommen ist er freilich nicht. Seit Jahren leitet Roth die Abteilung Kindertagesstätten bei der Awo Frankfurt und ist damit auch der Vorgesetzte der Kita-Leiterin Zübeyde Feldmann, Gattin von Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Auf seine Berufung als Nachfolger des langjährigen Geschäftsführers Jürgen Richter, der als einer der Hauptbeschuldigten im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gilt, hatte Roth Anfang dieses Jahres offiziell verzichtet. Jürgen Richter hatte unter dem Druck der Vorwürfe seinen Rücktritt erklärt, zwei Wochen bevor er ohnehin in den Ruhestand getreten wäre.

Frankfurt: Zuletzt lediglich ein großer Auftrag für die Awo-Protect

Der letzte große Auftrag für die Awo Protect war die Bewachung des Valentin-Senger-Hauses, eine Einrichtung für die Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter mit derzeit 26 Bewohnern. Der Vertrag sei "aufgrund der Berichterstattungen rund um die Awo Protect" gekündigt worden, teilt der Awo Bezirksverband Hessen-Süd zur Beendigung des Vertragsverhältnisses mit.

Die Protect sei von Juli 2018 bis September 2019 an den Wochentagen mit einer Sicherheitsfachkraft pro Nacht eingesetzt gewesen und ab Oktober 2019 nur noch bei Ausfall von Stammpersonal. "Ab Oktober 2019 war nur noch eine Jahressumme von 31 400 Euro für den Einsatz bei Personalausfall eingepreist. Das entspricht rund 130 Tagen im Jahr", teilt dazu ein Sprecher der Awo Hessen-Süd mit.

Das Sozialdezernat erklärte auf Anfrage, keinerlei Vertragsbeziehungen zur Awo Protect zu haben und an die Awo Hessen-Süd als Trägerin des Valentin-Senger-Hauses eine Pauschale pro Bewohner zu zahlen. Wie der Träger diese Mittel einsetze, sei seine Angelegenheit. 

Von Sylvia A. Menzdorf

Im Rahmen des Awo-Skandals in Frankfurt hinterfragt ein FDP-Stadtverordneter den Verein "Frankfurt-Philadelphia-Gesellschaft".

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