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ÖPNV in Frankfurt: „Manche haben geglaubt, das passiert nie“ – Westtangente entsteht bis 2028

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Von: Dennis Pfeiffer-Goldmann

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Das Schild verkündet am Waldstadion den Baubeginn der Regionaltangente West (von links): RTW-Geschäftsführer Horst Amann, Frankfurts Mobilitätsdezernent Stefan Majer, Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Claudia Jänger, Erste Beigeordnete im Kreis Offenbach.
Das Schild verkündet am Waldstadion den Baubeginn der Regionaltangente West (von links): RTW-Geschäftsführer Horst Amann, Frankfurts Mobilitätsdezernent Stefan Majer, Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Claudia Jänger, Erste Beigeordnete im Kreis Offenbach. © Christoph Boeckheler*

Der Bau der Stadtbahnstrecke hat nach 30 Jahren Diskussion begonnen. Ein Schienenring um die Stadt Frankfurt ist das Ziel.

Frankfurt – Nahe dem Waldstadion haben die Bauarbeiten für die Stadtbahnstrecke Regionaltangente West (RTW) begonnen. 2026 sollen die ersten Züge rollen, die Strecke bis 2028 ganz in Betrieb gehen. Beim Spatenstich am Montag (16. Mai) sind Planer und Politiker vor allem eines: erleichtert.

„Ich freue mich wie ein Schneekönig“, entfährt es dem Frankfurter Mobilitätsdezernenten Stefan Majer (Grüne). Viele, die auf dem Parkplatz Gleisdreieck den Baubeginn für die erste Brücke der Strecke feiern, begleiten das Vorhaben seit Jahrzehnten, auch er. „Manche haben geglaubt, das passiert nie“, räumt Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) ein. „Manche sagten, das Projekt sei tot.“ Doch mit Überzeugungsarbeit sei die ganze Region dazu gebracht worden mitzuziehen.

Unklarheit über Strecke zum Nordwestzentrum

Die Strecke der RTW soll die Orte im Westen und Süden der Metropole sowie den Flughafen Frankfurt verbinden, ohne durch Frankfurts Zentrum zu führen. Das bietet Fahrgästen attraktive Direktverbindungen und entlastet den überlasteten Hauptbahnhof. „So etwas gibt es in Berlin seit 100 Jahren“, erinnert Al-Wazir an die Ringbahn. Die RTW solle in Frankfurt der Nukleus für etwas Vergleichbares werden: einen Schienenring um die Stadt. Als nächstes sollten die Regionaltangenten Ost und Süd folgen, kündigt der Minister an.

Von Bad Homburg und Praunheim im Norden soll die Westtangente via Eschborn und Höchst nach Neu-Isenburg und Buchschlag im Süden führen – entlang an einigen der größten Arbeitsplatzstandorte der Region mit Flughafen, Industriepark und Eschborn. Mit dem Spatenstich haben die Bauarbeiten für den 13,7 Kilometer langen Abschnitt von Neu-Isenburg Bahnhof bis in Höhe Kelsterbach begonnen.

Für eine Verlängerung nach Langen läuft eine Machbarkeitsstudie. Von Neu-Isenburg sei eine spätere Verlängerung in den Kreis Offenbach möglich, betont Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger (CDU). Im Nordwesten Frankfurts soll es eine Verknüpfung von RTW und U-Bahn geben. Wo und wie das und der Abschnitt zum Nordwestzentrum realisiert wird, ist noch offen. Dezernent Majer mag auch auf Nachfrage keine Details und keinen Zeitplan nennen. „Unsere Überlegungen dazu werden wir im Lauf des Jahres vorstellen.“

Regionaltangente West in Frankfurt: 60.000 Fahrgäste täglich, 1,1 Milliarden Euro teuer

Das Besondere an der RTW: Sie nutzt zum Teil vorhandene Eisenbahnstrecken, etwa von Bad Soden bis Höchst oder am Flughafen. Von den 26 Stationen sind zwölf bereits vorhanden.

Dazwischen entstehen Straßenbahn-Neubaustrecken wie im Süden Eschborns und nach Praunheim. Daher müssen die RTW-Züge mit verschiedenen Stromsystemen klarkommen – wie die Regio-Tram in Kassel. Die 100 Meter langen Bahnen sollen im zentralen Abschnitt von Neu-Isenburg bis Eschborn alle 15 Minuten fahren, auf den Außenästen alle 30 Minuten. 60.000 Fahrgäste am Tag werden erwartet. Rund 1,1 Milliarden Euro soll das Projekt kosten.

Dass der Baustart „ein emotionaler Moment“ sei, wie Minister Al-Wazir sagt, liegt auch an den Widerständen. Ob Stadtpolitik Eschborn, Anlieger in Sossenheim oder die FDP Neu-Isenburg: viele bremsten. Engagierte Kommunalpolitiker wie Neu-Isenburgs gerade in Rente gegangener Bürgermeister Herbert Hunkel überzeugten die Kritiker. Auch Minister Al-Wazir half, lud etwa die Eschborner Kommunalpolitik ins Ministerium, man tagte drei Stunden lang.

Frankfurt: Lange Debatten um Regionaltangente West „sind Demokratiekosten“

Allen voran trieben die Geschäftsführer der RTW das Projekt „beispielhaft“ voran, lobt Claudia Jäger: Erst das Frankfurter Nahverkehrsurgestein Rolf Valussi, ab 2017 Horst Amann, der zuvor die Flughafen-Landebahn Nordwest gebaut hatte und versuchte, das Flughafenprojekt Berlin/Brandenburg zu retten. Ein „Projekt ohne Widerstände, das gibt es nicht“, sagt Valussi heute. Dass es so lange Debatten gab, so viel Zeitverzug, „das sind Demokratiekosten, wir sind ja nicht in China“.

Valussi und Amann bauten enorme Netzwerke auf, sorgten für breite Unterstützung. Ein besonders cleverer Schachzug Valussis: Er warb EU-Fördergeld ein. „Damit führte kein Weg mehr zurück“, sagt Stefan Majer. Schließlich würde kein Politiker verantworten wollen, EU-Fördergeld zurückzahlen zu müssen. Das Vorhaben zeige klar: „Eine ganze Region muss zusammenarbeiten, damit solche Projekte klappen können.“

Wie wichtig das Ergänzen der Infrastruktur ist, daran erinnert Knut Ringat, Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV). Bis 2030 müssten im Sinn der deutschen Klimaziele 30 Prozent mehr Fahrgäste mitfahren können. Doch sei die RTW die erste Neubaustrecke seit Start des Verbunds vor 27 Jahren, sagt der RMV-Chef. „Sie ist ein Meilenstein.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

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