Bittere Pille für Frankfurt-Preungesheim: Ronneburg-Apotheke schließt nach 71 Jahren

Der Personalmangel beendet eine Apothekentradition in Frankfurt-Preungesheim. Die Ronneburg-Apotheke schließt nach über 70 Jahren.
Frankfurt – Als der Apotheker Minh Dao Doan durch die Plexiglasscheibe sagt, dass die Ronneburg-Apotheke schließen wird, seufzt die Kundin mit den zwei Kindern schwer. „Och nein!“, bricht es aus hier heraus, das „e“ zieht sie lang. Der Sohn auf ihrem Arm schaut sie erschrocken an. „Was ist denn, Mama?“ Es sei doch „ihre Apotheke“, erklärt sie später. Und es falle ihr so schwer, sich umzugewöhnen.
Minh Dao Doan, dunkelblaue Wolljacke und schwarze Brille, ist seit acht Jahren Apotheker in der Kreuzstraße. Viele Kunden begrüßt er mit Namen. Er klärt dieser Tage jeden auf, dass die traditionsreiche Apotheke ab dem 18. Dezember für immer geschlossen wird. Viele nehmen es gelassen zu Kenntnis.
In Frankfurt endet eine Ära: Eine Apotheke aus einer anderen Zeit muss schließen
Damit endet die Geschichte eines der ältesten Geschäfte Preungesheims. 1951 hatte der Apotheker Arthur Lauer die alte Bäckerei umgebaut. 1977 übernahm sein Sohn, Gerd Lauer die Apotheke. 2001 verteilte er zur 50-Jahre-Feier Rosen und Ostereier an seine Kundschaft. 2006 übernahm dann Ulrike Reich das Geschäft.
Man sieht den Räumen ihre Geschichte an. In dem schmalen Verkaufsraum ist kein Platz für Werbe-Pappaufsteller, wie man sie aus modernen Apotheken kennt. Kommen drei Kunden, muss einer draußen warten. Die Regalwand aus Nussbaumholz und Spiegeln hinter dem Tresen stammt aus den 70er Jahren. In der Schreinerei von Eckart Strupp, die es damals ein paar Meter weiter gab, wurde sie gefertigt. Strupp, heute 80 Jahre alte, ist noch Stammkunde in der Ronneburg-Apotheke.
Apotheke lädt zur Zeitreise ein: In Frankfurt endet ein Traditionsbetrieb
In den hinteren Geschäftsräumen geht die Zeitreise weiter. Der schwarz-weiß geflieste Boden stammt noch aus der Zeit, als hier eine Backstube war. Der ersten Raum ist praktische ein begehbarer Apothekerschranke mit unzähligen verzierten Schubladen aus rotbraunem Holz und dunklen Metallgriffe. Die Buchhalterin Claudia Schmidt arbeitet an einem schwere Schreibtisch aus dunklem Massivholz. Der Tisch und die gewaltige Schrankwand gegenüber sind wohl älter als jeder, der hier arbeitet.
„Es ist eine Apotheke mit Patina“, sagt die Buchhalterin. Sie arbeitet hier seit 20 Jahren. Dass die Apotheke nun schließt, macht sie wehmütig. Die Atmosphäre sei in den alten Räumen eine besondere und sie mag die Zusammenarbeit mit dem Team. Rund zehn Mitarbeiter versorgen in der Ronneburg-Apotheke die Kunden mit Medikamenten – die Boten mitgezählt. „Jeder macht, was er kann“, lobt Minh Dao Doan das Team. Auch er findet es schade, dass das Geschäft aufgelöst wird. „Man hat sich eingelebt.“
Apotheke in Preungesheim schließt: Mitarbeiter können in andere Apotheke wechseln
Der Grund dafür sei Personalmangel, erläutert Inhaberin Ulrike Reich. Sie und ihr Ehemann Michael Reich hatten sich 2006 entschlossen, die Ronneburg-Apotheke zu übernehmen. Ulrike Reich ist zwar Inhaberin, doch sie selbst hat nie in der Ronneburg-Apotheke gearbeitet. Das Ehepaar betreibt zwei weitere Apotheken im Frankfurter Osten. Eine am Frankfurter Berg, am Berkersheimer Weg und eine weitere in Preungesheim, die Neue Apotheke in der Weilbrunnstraße 5.
Seit geraumer Zeit fehlten Mitarbeiter. Das mache es immer schwerer, die Apotheken zu betreiben. Minh Dao Doan und sein Team bleiben den Preungesheimer Kunden deshalb erhalten. „Wir wechseln in die Neue Apotheke“, erklärt er. Nur 400 Meter ist sie von der Ronneburg-Apotheke entfernt.
Viele Kunden nehmen die Nachricht von der Schließung daher entspannt auf. „Na dann sehen wir uns ja bald wieder“, sagt eine, die für ihre Tochter Medikamente holt, die sie trotz Krankheit durch die Semesterprüfungen pushen soll. Auch Eckart Strupp, der in den 70ern das Regal hinter dem Tresen geschreinert hatte, zuckt mit den Schultern. „Das ist der Lauf der Dinge“, sagt er. „Wir haben es ja nicht weit, bis zur nächsten Apotheke.“ (Ciara Scinetti, Friedrich Reinhardt)
Nicht nur in Apotheken wird das Personal knapp, Frankfurt hat auch mit Ärztemangel zu kämpfen.