Respekt zollt ihr dagegen die politische Gegenseite: Wenn es darum gehe, Farbe zu bekennen und Haltung zu zeigen, habe sie das getan - und zwar nicht aus einer „warmen Wohnzimmersituation“ heraus, sagte ihr Vorgänger, Ex-Bürgermeister Uwe Becker (CDU), am Tag ihrer Wahl im Stadtparlament. Eskandari-Grünberg habe „eine persönliche Vita, die auch unsere Stadt ausmacht, das Bunte, das Vielfältige“. Sie sei eingetreten für ein Miteinander, frei von Rassismus, Diskriminierung oder Antisemitismus. „Das verdient unser aller Achtung.“
Eskandari-Grünberg setze sich für Ziele ein, die die CDU teile: Mehr Bildungschancen, bessere Integration, Gewaltschutz für Frauen, sagt der Oppositionsvorsitzende im Rathaus Römer, Nils Kößler. Sie mische sich mutig ein und sei „eine starke Stimme für die Menschenwürde“.
Ihr politisches Engagement hat sicher auch etwas mit der persönlichen Geschichte von Eskandari-Grünberg zu tun. Schon als Schülerin war sie im Iran nach eigenen Angaben auf die Straße gegangen, um für Freiheit und die Rechte von Frauen zu kämpfen. Als Verfolgte des Regimes kommt sie ins berüchtigte Gefängnis Evin, bekannt für Folter und unmenschliche Haftbedingungen.
Noch als Teenager bringt sie dort 1983 Tochter Maryam Zaree zur Welt, die heute als Schauspielerin („4 Blocks, „Tatort“) und Filmemacherin arbeitet. Für ihren Film „Born in Evin“ hatte sich Zaree auf die Spuren ihrer Geschichte begeben, die eindrückliche Dokumentation wurde unter anderem 2020 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.
Nach eineinhalb Jahren wird Eskandari-Grünberg aus der Haft entlassen. Mit gefälschten Papieren gelingt später die Ausreise aus dem Iran. Mutter und Tochter kommen nach Deutschland. „Für mich war klar, ich will in Freiheit leben, ich will studieren und ich wollte natürlich für Maryam eine bessere Welt.“
Die beiden wohnen zunächst in einer Flüchtlingsunterkunft. Deutsch bringt sie sich unter anderem mit Hilfe von Kassetten bei. Später studiert sie Psychologie, wird promoviert und betreibt eine eigene Praxis. Sie heiratet den Psychoanalytiker Kurt Grünberg, mit dem sie ein weiteres Kind bekommt. „Ich bin sehr zielstrebig und leistungsorientiert“, sagt Eskandari-Grünberg über sich selbst. Und ja, sie sei auf jeden Fall ein optimistischer Mensch - trotz des Leids und all der negativen Erfahrungen, die sie im Gefängnis gemacht hat. Denn: „Das Gute ist, was bleibt, das Böse ist kurzweilig.“
Bereits von 2008 bis 2016 war sie ehrenamtliche Dezernentin für Integration. Seit September führt sie die Behörde hauptamtlich und hat sie direkt unbenannt in Dezernat für Diversität, Antidiskriminierung und gesellschaftliches Zusammenleben, was ihr zeitgemäßer erscheint. Vor ihren neuen Ämtern habe sie enormen Respekt. Es gehe vor allem darum, etwas zu bewegen. „Posten kommen und gehen, wichtig ist, was bleibt.“ (dpa)