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Schluss mit „Tabula-Rasa-Politik“: Städtebaubeirat besteht auf Erhalt der Dondorf-Druckerei

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Der Frankfurter Städtebaubeirat plädiert gegen einen Abriss der alten Druckerei. Das Haus sollte vielmehr den künftigen Kulturcampus prägen, fordern die Fachleute.

Frankfurt – Der Frankfurter Städtebaubeirat (STBBR) hat sich „mit Nachdruck“ für den Erhalt des Gebäudes der Dondorf-Druckerei in Bockenheim ausgesprochen. Der Bau könne auf dem Areal des künftigen Kulturcampus der erste „Baustein einer innovativen, nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Quartiersentwicklung“ werden und neue Maßstäbe in der Umbaukultur definieren.

Eigentlich will das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik das gut 130 Jahre alte Gebäude abreißen und dort einen neuen Institutssitz errichten. Dagegen regt sich seit Monaten Protest. Eine Besetzung durch Initiativen, um den Abriss zu verhindern, hatte die Goethe-Uni durch die Polizei beenden lassen.

Verweis auf historische Bedeutung der Dondorf-Druckerei

Der Städtebaubeirat, ein Expertinnen- und Expertengremium für Architektur, dem auch der Leiter des Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, angehört, urteilt nun: Als Zeugnis der Industriegeschichte Bockenheims habe die Druckerei große historische Bedeutung und eine grundsätzlich gut nutzbare Bausubstanz.

Zeichen aus der Zeit der Besetzung des Druckereigebäudes.
Zeichen aus der Zeit der Besetzung des Druckereigebäudes. © Christoph Boeckheler

„Der STBBR bewertet trotz der Schäden im Zweiten Weltkrieg das Gebäude im Prinzip als denkmalwürdig und bedauert die fehlende Unterschutzstellung seitens des Hessischen Landesamts für Denkmalpflege“, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.

Dondorf-Gebäude in Frankfurt als Bestandteil des geplanten Kulturcampus?

Der Beirat erinnert daran, dass ein Architekturwettbewerb 2018 noch vom Erhalt des Gebäudes samt Ergänzungsbau ausgegangen sei. Ein Abriss und Neubau mit Fassaden nach historischem Vorbild sei ein „unzureichender Umgang mit der Geschichte“. Das Land Hessen solle als Eigentümer und Bauherr „eine Pionierfunktion für die Umbaukultur einnehmen“, fordern die Architekturfachleute. Ein wichtiger Aspekt dabei sei der Umwelt- und Klimaschutz. Abriss und Neubau würden die Atmosphäre stark mit CO2 belasten. Für den laufenden Betrieb ergäben sich Möglichkeiten, die Klimabilanz zu verbessern.

Im Einzelnen schlägt der Städtebaubeirat Maßnahmen für den Wärme-, Brand- und Schallschutz vor, zudem Lösungen für Barrierefreiheit und statt Autoparkplätzen große Fahrradabstellflächen. Wichtig ist den Baufachleuten auch eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung. Das Gebäude der Dondorf-Druckerei habe große städtebauliche Bedeutung und sei „folgerichtig seit 2012 maßgeblicher Bestandteil des städtebaulichen Konzepts zum Kulturcampus“.

Umgang mit bestehenden Gebäuden wie der Druckerei in Bockenheim überdenken

So bedauerlich es sei, dass der Kulturcampus bislang nicht realisiert wurde, biete die Verzögerung doch Anlass, die Pläne anzupassen. Ein innovatives Projekt fürs Gemeinwohl in zentraler Lage: „Anstelle der bisherigen ,Tabula-Rasa-Politik‘ eröffnet die Inanspruchnahme existierender Gebäude die Schaffung von Raumqualitäten und -atmosphären jenseits üblicher Neubaustandards.“

Schon in der Planungs- und Bauphase könne der Kulturcampus kreatives Experimentierfeld für künftige Nutzungen und Nutzer:innen werden. Der Beirat fordert, das „wertvolle Potenzial“ der Initiativgruppen zu nutzen. Das Land Hessen müsse gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und Vorbild sein für den Umgang mit bestehenden Gebäuden – „aus historischen und ökologischen Gründen“. (Thomas Stillbauer)

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